13. Februar: Nein zum Stempelsteuer-Bschiss

Und wieder tischen uns die Rechten das alte KMU-Märchen auf

Clemens Studer

Am 13. Februar stimmen wir über die Abschaffung der Emissionsabgabe ab. Sie würde 250 Millionen Franken an Grosskonzerne verschenken. Und damit den Lohnabhängigen und den 599’000 KMU in diesem Land schaden.

ES GEHT UM VIEL: Wird die Stempesteuer abgeschafft, gehen 2,2 Milliarden Franken an Steuereinnahmen verloren. (Bild: SGB)

Jahr für Jahr 250 Millionen Franken für Grosskonzerne, Finanz­industrie und ihre Aktionärinnen und Aktionäre? Mitten in der Coronakise? Dieses weitere Steuergeschenk will die rechte Parlamentsmehrheit von SVP bis GLP an ihre Sponsoren machen. Und holen wieder einmal ihr ewiges KMU-Märchen hervor. Wie schon bei der Unternehmenssteuerreform II 2008. Damals warben sie auch für ein Ja im Namen der Metzgerin und des Garagisten. Und für Steuerausfälle von 50 bis 80 Millionen Franken. Eine glatte Lüge, wie auch das Bundesgericht feststellte (ohne die Abstimmung wiederholen zu lassen). Denn seit dem ex­trem knappen Ja vom 24. Februar 2008 fehlen Bund, Kantonen und Gemeinden Hunderte von Millionen, die sich Reiche und Superreiche steuerrabattiert oder gar steuerbefreit in die eigenen Taschen schaufeln.

Die 250 Millionen Franken, die bei einem Ja in den Taschen der Grosskonzerne landen, fehlen dann der Bäckerin und dem Metzger.

JEDE STIMME ZÄHLT

Doch dieses Mal scheint das KMU-Märchen nicht zu verfangen. Darauf deuten zumindest die ersten Umfragen hin: Bei der Umfrage der Tamedia-Zeitungen (21. Januar) sagten 58 Prozent Nein oder eher Nein. Bei der am 2. Februar ­veröffentlichten SRG-Umfrage waren 53 Prozent dagegen oder eher dagegen – einen Monat zuvor waren es bei der SRG erst 49 Prozent.

Doch Umfragen sind nur Umfragen. Ausgezählt wird am 13. Februar. Es geht um jede Stimme. Noch sind laut beiden Umfragen rund 10 Prozent der Befragten unentschlossen, was sie stimmen wollen. Übrigens: 2008 hätten gerade mal 9878 von 1 914’955 Stimmenden Nein statt Ja sagen müssen, um den Milliarden-Raubzug der Konzerne und Superreichen zu verhindern. Leere Stimmzettel gab es damals 50’743.

Darum geht’s am 13. Februar: Die Emissionsabgabe von einem Prozent wird erhoben, wenn eine Firma mit mehr als 999’999 Franken Gesellschaftskapital gegründet wird oder eine bestehende Firma ihr Aktienkapital um mehr als 999’999 Franken erhöht. Muss eine Firma saniert werden und erhöht deshalb ihr Kapital, sind sogar Erhöhungen bis 10 Millionen Franken steuerbefreit.

Solche Eckzahlen zeigen bereits: diese Beträge sind nicht die übliche KMU-Schuhnummer. Und das belegen auch die Steuerzahlen der vergangenen Jahre. In der Schweiz sind rund 600 000 Firmen im Handelsregister eingetragen. Davon haben gerade mal 2000 Emissionsabgaben bezahlt – und davon nur 30 Firmen die Hälfte der gesamten Summe. Konkret:

  • 2018: 57 Konzerne und ihr Ak­tionariat (mit einer Eigenkapital­erhöhung von über 50 Millionen Franken) hätten 68,8 Prozent des Steuergeschenks erhalten.
  • 2019: 62 Konzerne und ihr Ak­tionariat hätten 60 Prozent des Steuergeschenks erhalten.
  • 2020: 55 Konzerne und ihr Ak­tionariat hätten 51,5 Prozent des Steuergeschenks erhalten.

LOCH IM PORTEMONNAIE

Die Abschaffung der Emissions­abgabe nützt den KMU nicht nur nichts (siehe auch das «1 × 1 der Wirtschaft auf S. 13). Es schadet ihnen sogar ganz direkt. Denn wenn den Grosskonzernen Geld geschenkt wird, müssen alle, die von ihrer Arbeit leben – und nicht von ihrem Kapital–, die entstehenden L­öcher über noch höhere Gebühren und Abgaben stopfen. Dieses Geld fehlt den Lohnabhängigen dann im Portemonnaie. Sie können es nicht mehr ausgeben, zum Beispiel in der Gastronomie, für Ferien, im Handel oder für Handwerker. Im ökonomischen Jargon: ihre Kaufkraft nimmt ab. Für das Gewerbe und den grössten Teil der KMU ist die Kaufkraft der breiten Bevölkerung aber entscheidend. 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) kommen aus dem Konsum der privaten Haushalte.

Auf den Punkt gebracht: Die 250 Millionen Franken, die bei ­einem Ja pro Jahr in den Taschen der Grosskonzerne, der Finanz­industrie und ihren Aktionariaten landen, fehlen in den Kassen der Bäckerin und des Metzgers, der Malerin und des Schreiners, des Yogalehrers und der Spenglerin.

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