Schluss mit DPD bei der Nosag in Dintikon AG

Armin Zeder, der etwas andere Chef

Christian Egg

Feriengeld, Weihnachtsgeld, Teslas: Armin Zeder bietet seinen Mitarbeiten­den viel. Und mit der Skandalfirma DPD will er nicht mehr geschäften.

BÜRO MIT STRAND: Armin Zeder offeriert grosszügige Arbeitsbedingungen und freut sich, dass die Firma damit gut fährt. (Foto: ZVG)

Ob Haltegriffe, Hocker für die Dusche oder ein WC mit Liftfunktion: die Firma Nosag im aargauischen Din­tikon beliefert Spitäler und Altersheime mit Hilfsmitteln fürs Bade­zimmer. Bisher versandte sie ihre ­Produkte mit dem Päcklidienst DPD. Doch dann las Firmenchef und -inhaber Armin Zeder das work.

Und erfuhr, unter welchen Bedingungen die Fahrerinnen und Fahrer im Auftrag von DPD chrampfen müssen. Nämlich regelmässig zwölf und mehr Stunden am Tag, davon ein Grossteil unbezahlt. Manchen reicht die Zeit nicht einmal, um unterwegs etwas zu essen. Angestellt sind sie von Subunternehmen, die miese Löhne zahlen. Das und noch viel mehr enthüllte die Unia in einem 35seitigen Report (rebrand.ly/dpd-report).

Armin Zeder war «geschockt», wie er in einem Mail an work festhält. Für ihn ist klar: «Wir möchten nicht länger solche Firmen unterstützen.»

Der Geburtstag ist für alle ein freier Tag.

BRIEF AN DPD-Chef

Als work bei Zeder anruft, räumt dieser selbstkritisch ein: «Da muss ich mich an der Nase nehmen. In der Logistik versuchen wir ständig, hier einen Franken und da ein Zäni einzusparen. Aber das soll nicht auf ­Kosten der Fahrerinnen und Fahrer gehen.» Jetzt hat er dem DPD-Chef Tilmann Schultze einen Brief geschrieben. Wie dies vor zwei Wochen hundert Promis gemacht haben (work berichtete). Für Zeder ist klar: Er wird die Ware künftig nicht mehr mit DPD verschicken. Und legt auch seinen Lieferanten nahe, dies nicht mehr zu tun.

Er lese regelmässig work und sei Unia-Mitglied aus Überzeugung, sagt der 58jährige: «Ich bin nicht als Chef auf die Welt gekommen. Die meiste Zeit meines Lebens war ich einfacher Mitarbeiter. Und zwischendurch auch einmal arbeitslos.» Das wirke sich jetzt auf die Art aus, wie er sein Unternehmen mit 20 Mitarbeitenden führe. Zum Beispiel, dass alle selber sagen können, wie viel mehr sie verdienen möchten. Wie bitte? «Ja», sagt Zeder und lacht, «immer Ende Jahr fürs nächste Jahr.» Zwar habe letztes Jahr gar niemand mehr Lohn gefordert, so der Firmenchef. Leer ausgehen sollen die Mitarbeitenden aber deswegen nicht: «Wenn wir das Budget einhalten, erhöhen wir im November alle Löhne um mindestens ein Prozent, rückwirkend auf Anfang Jahr.»

LOHNANALYSE BESTANDEN

Zudem gibt’s, je nach Umsatz der Firma, im Sommer Feriengeld, im Winter Weihnachtsgeld, und am Geburtstag hat jeder und jede frei. Im Grossraumbüro gibt’s einen Strand, samt Palmen, für Pausen und Besprechungen. Und jeden Morgen geht der Chef bei allen Mitarbeitenden vorbei und sagt grüezi.

Ein «Dankeschön an die Mitarbeitenden» nennt der Patron diese Ex­tras. Natürlich seien anständige ­Löhne auch wichtig, der tiefste liegt ak­tuell bei 4900 Franken brutto (für eine ungelernte Lageristin), einschliesslich eines 13. Monatslohns. Der Chef bekommt etwas mehr als doppelt so viel. Und selbstverständlich hat die Firma bereits eine Lohngleichheitsanalyse durchgeführt und bestanden.

EIN TESLA FÜR ALLE

Aber was die Nosag noch spezieller macht, sind die «Soft-Faktoren» (O-Ton Armin Zeder). Etwa der Frauen- und der Männertag. Am Frauentag bekommen die Frauen ein Budget von 120 Franken pro Kopf und unternehmen etwas zusammen. Die Männer hüten derweil den Betrieb. Am Männertag ist’s umgekehrt. Selbstredend zählen die Tage als Arbeitstage. Damit nicht genug. Zeder ist Tesla-Fan und will einen Beitrag leisten für eine CO2-freie Mobilität. «Deshalb ermögliche ich allen in der Firma, die das wollen, einen Tesla zu fahren.» 14 von 20 Mitarbeitenden wollten bisher, einschliesslich des Kollegen im Rollstuhl, für den die Firma einen Tesla umbauen liess. Die Fahrzeuge gehören der Firma, die Mitarbeitenden dürfen sie aber auch privat nutzen, gegen einen kleinen Lohnabzug. «Kostendeckend ist das nicht», sagt Zeder. «Aber Sie sollten mal sehen, wie happy die Leute sind, wenn sie mit dem Tesla vorfahren.»

Mehrere Mitarbeitende, mit denen work gesprochen hat, bestätigen die Angaben des Firmeninhabers. Eine Innendienstmitarbeiterin sagt: «So eine Firma habe ich noch nie erlebt.»

Es ist jetzt zwölf Jahre her, dass Armin Zeder die Firma übernommen hat. Damals hatte sie fünf Mitarbeitende. Heute sind es viermal so viel. «Das ist das Schönste an der Sache», sagt er. «Man kann den Mitarbeitenden all diese Dinge bieten und trotzdem langfristig Erfolg haben.»

Unia-Mitglied Zeder: «Gewerkschaften sind enorm wichtig»

Soweit er wisse, gebe es in der Nosag nur zwei Unia-Mitglieder, sagt Chef und Inhaber Armin Zeder. Nämlich seine Frau, die fürs Marketing verantwortlich ist, und ihn selber. «Und wir sind glaub’s auch die einzigen, die links-grün wählen.»

ERKÄMPFT. Dabei seien die Gewerkschaften enorm wichtig, sagt er: «Ich habe meinen Leuten schon oft gesagt: ‹Hey, vor hundert Jahren hat noch das Militär auf die Arbeiter geschossen! Alles, was wir heute ­haben, den freien Samstag, vier ­Wochen Ferien, Kündigungsfrist – das ist nicht vom Himmel gefallen. Das haben die Gewerkschaften ­erkämpft!›» Ein Chef, der Werbung macht für die Gewerkschaft: auch das gibt’s (fast) nur bei der Nosag.

1 Kommentar

  1. Karl Frutiger

    Es gäbe keine soziale Frage,wenn die Reichen von jeher Menschenfreunde gewesen wären.Du bist es,ein Menschenfreund.Du bist keine Kirche ohne Glauben oder Soziallist der nur Geld verdienen will. Du bist einmalig,ich bin glücklich so einen tollen Neffen in der Familie zu haben. Gratuliere. Karl der Antike.Schellackkarl

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