Haarsträubende Zustände beim Päcklidienst DPD. Jetzt fordern hundert Promis in einem offenen Protestbrief vom CEO Schweiz: «Bitte Respekt, Herr Schultze!»
KOMIKER PEACH WEBER: «Es grenzt an moderne Sklaverei, was da passiert. Der Mensch will immer alles billiger und billiger und merkt nicht, dass irgendein armer Cheib
die Rechnung bezahlen muss.» (Foto: Keystone)
RAPPERIN KIMBO: «Wenn DPD die Zustände nicht verbessert, muss die Politik eingreifen. Denn eins ist klar: von alleine ändert sich nichts.» (Foto: ZVG)
SGB-CHEF PIERRE-YVES MAILLARD: «Wir müssen den Druck auf den Bundesrat verstärken. Dieser muss der Regulierungsbehörde Postcom mehr Kompetenzen geben. Nur so kann sie endlich dafür sorgen, dass die Gesetze auch bei DPD eingehalten werden.» (Foto: Marco Zanoni)
AKTIVISTIN ANNA ROSENWASSER: «Die Schilderungen der Fahrer im Unia-Report haben mich geschockt. Ich will nicht, dass die Leute, die uns das liefern, was wir so bequem bestellen, in Gefahr sind und unter Dauerstress stehen.» (Foto: Keystone)
NATIONALRÄTIN REGULA RYTZ: «Es kann nicht sein, dass die Fahrerinnen und Fahrer einen grossen Teil ihrer Arbeit gratis machen müssen, nur damit sie nicht
die Kündigung erhalten.
Da müssen die Behörden viel genauer hinschauen.» (Foto: Keystone)
Das findet Komiker Peach Weber gar nicht lustig: «Moderne Sklaverei» sei es, was den Fahrerinnen und Fahrern im Auftrag von DPD zugemutet werde, sagt er. Nämlich: mehrere Stunden Gratisarbeit pro Tag, illegale Lohnabzüge und Drohungen, wenn sie sich wehren (work berichtete: rebrand.ly/workdpd).
DIE UNIA ENTHÜLLT
Es ist einer der grössten Skandale des Coronajahres in der Schweiz: Der Onlinehandel boomt, mit ihm auch das Geschäft der Päcklidienstleister. Doch die rund 800 Fahrerinnen und Fahrer im Auftrag von DPD leisten diese gigantische Mehrarbeit schlichtweg gratis.
Mit etwa 200 von ihnen hat die Unia in den letzten Monaten gesprochen. Was sie zu hören bekam, ist erschreckend. Roman Künzler, Unia-Branchenleiter Logistik, sagt: «Niemand von diesen Mitarbeitenden bekommt Ende Monat vom Chef eine Stundenabrechnung!» Obwohl das Erfassen der Arbeitszeit gesetzlich vorgesehen ist.
Die Gespräche hat die Unia in einem 35seitigen Report zusammengefasst (rebrand.ly/dpd-report). Er zeigt auf, wie DPD die Fahrerinnen und Fahrer nicht direkt anstellt, sondern via Subunternehmen. Und diese bezahlen mies. Auf sie schiebt DPD denn auch die ganze Verantwortung ab.
MEHR RESPEKT! DPD-Fahrerinnen und -Fahrer arbeiten gratis. Doch damit soll jetzt Schluss sein. (Foto: Keystone)
SCHLAMPT DIE POSTCOM?
Jetzt haben hundert Promis aus der Schweiz die Nase voll: Zusammen mit der Unia haben sie einen offenen Protestbrief an DPD-Schweiz-Chef Tilmann Schultze geschickt. Darunter auch Komiker Peach Weber. Sie fordern Schultze auf, den Mitarbeitenden mit mehr Respekt zu begegnen: «Gerne nutzen wir die Dienste von DPD, um Pakete nach Hause geliefert zu bekommen. Doch wir wollen, dass die Kurierinnen und Kuriere für ihre Arbeit korrekt entlöhnt und fair behandelt werden.»
DIE FORDERUNGEN:
Jede Arbeitsstunde muss erfasst und bezahlt werden, geleistete Gratisarbeit muss nachbezahlt werden.
DPD muss sich mit der Gewerkschaft Unia an den Verhandlungstisch setzen.
Fahrerinnen und Fahrer müssen vor Drohungen und Kündigungen geschützt werden.
Einer der Unterzeichner, SGB-Chef und SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard, sieht einen Teil des Problems auch beim Versagen der Kontrollbehörde Postcom. Denn obwohl es schon 2017 Meldungen über Ungereimtheiten über DPD gab, finden sich in den Postcom-Jahresberichten keinerlei Hinweise auf eine Kontrolle. Geschweige denn auf eine Busse, wie sie die Postcom laut Gesetz aussprechen dürfte. Maillard hat in der Frühlingssession des Nationalrates deshalb eine Interpellation mit dem schönen Namen «DPD. Diskrete Post Destruktion?» eingereicht und fordert Antworten vom Bundesrat.
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