Nach Falschaussagen zu den flankierenden Massnahmen:

Unia-Chefin Alleva interveniert bei EU-Botschafter­

Clemens Studer

Der EU-Botschafter in der Schweiz machte in einem ­Interview falsche Aussagen zu den flankierenden Massnahmen. Unia-Chefin Vania Alleva intervenierte.

TACHELES: Unia-Chefin Vania Alleva hat mit EU-Botschafter Petros Mavromichalis über die Flankierenden gesprochen. (Foto: Unia)

Der neue EU-Botschafter in Bern heisst Petros Mavromichalis und ist griechisch-belgischer Doppelbürger. Bevor er Botschafter in Bern wurde, arbeitete er beim EU-Geheimdienst. Er ist studierter Jurist und spricht sechs Sprachen. Ein offensichtlich bestens informierter und intelligenter Mann.

Doch in einem am 7. Februar veröffentlichten Interview mit dem «Sonntagsblick» machte er falsche Aussagen zu den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit. So sagte er zum Beispiel: «Aus unserer Sicht sind einige der flankierenden Massnahmen unvereinbar mit dem EU-Recht und den bilateralen Verträgen. Denn sie sind unverhältnismässig.» Und behauptete: «Selbst kleinste Firmen müssen eine Kaution von mehreren Tausend Franken überweisen, bevor sie in der Schweiz tätig werden dürfen – alleine deshalb, weil sie ausländisch sind!» Die Interviewenden hakten nicht nach und korrigierten nicht. Warum auch immer. Interveniert hat dafür Unia-Präsidentin Vania Alleva: Am 12. Februar übergab sie EU-Botschafter Petros Mavromichalis ­persönlich einen Brief und traf ihn zu einem Gespräch. Schriftlich und mündlich machte sie ihn auf seine Falschaussagen aufmerksam.

PROPAGANDA

Es gibt mit den flankierenden Massnahmen nämlich keine Diskriminierung ausländischer Firmen. Für Schweizer Unternehmen gelten die gleichen Verpflichtungen, die sich aus den allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsverträgen (GAV) ergeben. Alleva machte Mavromichalis deutlich, dass von den Lohnschutzmassnahmen alle profitierten. Und wies ihn darauf hin, dass hinter dem Angriff auf den Schweizer Lohnschutz – neben marktradikalen Kreisen in der Schweiz – vor allem eine Gruppe stecke: die baden-württembergischen Arbeitgeberorganisationen. Diese machen sich seit Jahren bei der Europäischen Kommission für die Zerschlagung des Lohnschutzes in der Schweiz stark. Wie nichtdiskriminierend die flankierenden Massnahmen sind, zeigt eine Kennziffer besonders deutlich: Heute werden rund 25 Mal mehr Arbeitnehmende aus Deutschland in die Schweiz entsandt als umgekehrt. Die administrativen Hürden in Deutschland sind für viele Schweizer Gewerbler und Handwerkerinnen schlicht zu hoch.

«KONSTRUKTIV»

Unia-Präsidentin Alleva machte dem EU-Botschafter klar, wie zentral und unverhandelbar der Lohnschutz in den flankierenden Massnahmen für die Schweizer Lohnabhängigen sei. Und sie wies ihn darauf hin, dass sowohl der Deutsche Gewerkschaftsbund wie auch der Europäische Gewerkschaftsbund hinter dem Schweizer System des Lohnschutzes stünden.

Vania Alleva über das Gespräch: «Es fand in einer angenehmen und konstruktiven Atmosphäre statt. Ich konnte dem ­Botschafter deutlich machen, dass ein Rahmenabkommen ohne eigenständigen Schweizer Lohnschutz keine Chance hat.» Man sei sich überdies einig gewesen, wie wichtig das Prinzip «gleicher Lohn am gleichen Ort» sei. Genau das habe Mavromichalis dann auch per Twitter kommuniziert.

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