Ständemehr:

Rechter Stimmen-Booster

Clemens Studer

Die Konzernverantwortungs­initiative hatte eine Mehrheit des Volks hinter sich, nicht aber die Mehrheit der Kantone, der Stände. Für eine ­Änderung der Bundesverfassung braucht es aber sowohl die Mehrheit des Volkes als auch der Kantone.

STÄNDE: Kantonswappen auf dem Bundeshaus. (Foto: Keystone)

Das Prinzip des Ständemehrs geht auf die Tagsatzung der Alten Eidgenossenschaft zurück. Diese entschied alle eidgenössischen Fragen ausschliesslich mit Ständestimmen. Damit war es während der revolutionären Helvetischen Republik (1798 –1803) vorbei. Als es mit der Helvetischen Republik vorbei war, führte die Eidgenossenschaft die Tagsatzung wieder ein. In der ersten Bundesverfassung von 1848 wurde dann das Ständemehr festgeschrieben. Bereits damals diente es dem Schutz der reaktionären Kantone vor den fortschrittlichen. Diese Funktion hat es bis heute behalten. 

UNGLEICHGEWICHT

Es kommt zwar selten vor, dass Volks- und Ständemehr nicht übereinstimmen. Aber wenn, dann sind es immer tendenziell fortschritt­liche Vorlagen, bei denen die Kantone die Volksmehrheit überstimmt haben. Das war bisher 10 Mal der Fall seit 1848. In der gleichen Zeit nahmen die Stände vier Vorlagen an, die vom Volk abgelehnt wurden. Wegen des unterschiedlichen Bevölkerungswachstums in den Kantonen hat sich die Bevorzugung für Wählende aus konservativen Kantonen verstärkt. Heute braucht es bereits die Stimmen von 40 Zürcherinnen und Zürchern, um einen Appenzeller Innerrhödler «auszugleichen». Wollte man dies ändern, müsste man ebenfalls die Bundesverfassung ändern. Und dazu brauchte es eben – das Ständemehr in seiner heutigen Form.

Fazit: Die Diskussion um das Ständemehr ist zwar interessant. Andererseits aber eben auch müssig.

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