Rosa Zukunft ‒ Technik, Umwelt, Politik

Wettlauf um Stromtankstellen

Der Wettlauf um die besten Stromladestationen für Lastwagen kommt in die Gänge. Die SBB hätten mit ihrer Tochter SBB Cargo beste Chancen in diesem Bomben­geschäft. Aber das Kommando dort haben die privaten Transporteure übernommen. Und die wollen die SBB im inländischen Güterverkehr faktisch liquidieren.

FUHRUNTERNEHMER-VEREIN: Hans-Jörg Bertschi, Exekutiver Verwaltungsratspräsident Bertschi AG; Josef Jäger, Direktor Camion Transport AG; Andreas Meyer, Ex-CEO SBB; Christoph Hammer, CFO SBB AG; Rolf Galliker, Präsident des Verwaltungsrates Galliker Holding AG; Nils Planzer, CEO Planzer Holding AG (von links). (Foto: SBB Cargo)

Die Elektroautos werden sich durchsetzen. Wie sieht es bei den Lastwagen aus? Bisher gingen viele davon aus, dass Elektrobrummer gegen 40-Tonnen-Wasserstoff-Laster keine Chance hätten. Weil das Laden einfach viel zu lange dauern würde. Und die Batterien zu schwer und zu teuer seien.

Jetzt bringt das Unternehmen Bruggcables aus Brugg AG eine sensationelle Ladestation samt Ladekabel auf den Markt. Das doppelwandige Kabel wird mit wenig Aufwand und Wasser gekühlt. Es kann mit 850 Ampère pro Stunde 850 Kilowattstunden Strom in die Batterien blasen. Vor kurzem alles noch undenkbar.

Ein 40-Tonnen-Semi-Truck von Tesla braucht pro Kilometer rund
1,15 Kilowattstunden Strom. Nach einem schnellen Mittagessen des Chauffeurs oder der Chauffeuse sind die Batterien – dank dem eiskalten Strom aus Brugg – künftig also wieder vollgeladen. Für die nächsten 800 Kilometer.

Geld verdienen werden unter anderen all jene, die in der Nähe der Autobahn ein Kraftwerk betreiben. Wenn dieses während möglichst vieler Stunden des Jahres direkt den Strom produziert, den die Elektrolaster tanken. Der Wettlauf um die besten ­Standorte wird in den nächsten Monaten in die Gänge kommen. Ausser die SBB machen alle futsch und fertig.

PAPA PLANZER. Die Industrialisierung der Schweiz begann in den Randregionen. Warum? Weil es dort Wasserkraft gab und man den Strom damals noch nicht zu vernünftigen Preisen über mittlere und längere Distanzen transportieren konnte.

Der Transporteur Planzer senior war in den 1990er Jahren der erste, der begriffen hatte, dass eine hohe Schwerverkehrsabgabe (LSVA), kombiniert mit einer Erhöhung der 28-Tonnen-Limite, ein Standortvorteil für die Schweizer Fuhrunternehmer sein würde. Gewinnen würden jene, die möglichst viele Waren mit dem gleichen Lastwagen transportierten. Papa Planzer bekam recht.

Planzer junior sitzt neu im Verwaltungsrat der SBB Cargo. Fuhrunternehmer wie Planzers, Bärtschis & Co. kontrollieren inzwischen 45 Prozent der Aktien von SBB Cargo. Sie diktieren den Kurs dieser Tochtergesellschaft, die mehrheitlich noch immer den SBB gehört. Die Fuhrhalter wollen die SBB im inländischen Güterverkehr faktisch liquidieren. Deshalb erhöhen sie die Preise.

KRALLEN. Das Gegenteil wäre richtiger. Die SBB verfügen über eigene Wasserkraftwerke. Und über ein eigenes, leistungsfähiges und erst noch ­flächendeckendes Stromnetz. Überall in der Schweiz könnte SBB Cargo Lade­stationen an ihren Standorten installieren. Dazu kommt: Logistik-Software wird immer besser und billiger.

Vielleicht werden stattdessen die Planzers, Bärtschis & Co.begreifen, welches Potential das Stromnetz der SBB hat. Und sich auch noch diese Idee unter die Fingernägel krallen.

Links zum Thema:

  • rebrand.ly/erwachen
    Noch haben die SBB mit 65 Prozent der Aktien die Mehrheit an SBB Cargo. Aber das Kommando haben die selbstbewussten privaten Transporteure übernommen. Der SBB-Verwaltungsrat Fabio Pedrina oder der Präsident der Alpeninitiative Jon Pult müssten erwachen.
  • rebrand.ly/toechter
    Der Logistikkonzern Schenker gehört mit seinen Lastwagen der Deutschen Bahn. Er macht pro Jahr 20 Milliarden Franken Umsatz. Jetzt will die Cargo-Tochter der Deutschen Bahn zusammen mit ihrer Tochter Schenker zu einem Logistik­anbieter werden. Der richtige Ansatz. Ob sie es gemeinsam schaffen, ist spannend und offen zugleich.
  • rebrand.ly/stromtankstellen
    Die SBB verkaufen den Bahnstrom für nur 11 Rappen pro Kilowattstunde weiter. Und machen damit pro Jahr noch 50 Millionen Franken Gewinn. Mit Stromtankstellen für Lastwagen liegt das nächste Bomben­geschäft auf der Strasse. Pro100 Kilometer würde der SBB-Strom nur 13 Fränkli kosten.
  • rebrand.ly/kuehle-kabel
    Wir Schweizerinnen und Schweizer sind gut. Wassergekühlte Kabel aus Brugg.

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