Er bleibt es über seine offizielle Pensionie­­rung ­hinaus:

Unser aller Krisen-Koch

Clemens Studer

Daniel Koch ist die coolste Socke auf dem Corona-Parkett. Das «tough cookie» der Krisenhandhabung. Und er bleibt es über seine offizielle Pensionie­­rung ­hinaus. Das ist für die Krisenbewältigung grad so wichtig wie mehr Tests, mehr Masken und mehr Überbrückungshilfen.

OBERSTER VIRENBÄNDIGER: Daniel Koch. (Foto: Keystone)

Das Jackett war immer schon ein bisschen zu gross um die Schultern, und in den vergangenen Wochen scheint der Kittel noch grösser geworden zu sein. «Mister Corona» wird immer grösser, sein Körper immer schmaler. Die Ansteckungszahlen höher, die Liste der Toten länger.

WEITERMACHEN. Seit dem 30. März ist Daniel Koch offiziell pensioniert als «Leiter Abteilung Übertragbare Krankheiten» beim Bundesamt für Gesundheit (BAG). Aber er macht weiter. Muss weitermachen. Weil der Virus weiter Corona-Epidemie macht. Und weil niemand mitten in der Krise einen Mann missen will, der von Beginn weg wie eine personalisierte Wand stand. Gegen den Virus und seine Folgen. Okay, optisch eine schmale Wand, aber trotzdem eine wuchtige.

Jetzt ist Daniel Koch «Delegierter des BAG für Covid-19». Und macht das Gleiche wie vor dem 30. März. Ausgerechnet an seinem letzten offiziellen Arbeitstag trat er mit einem kräftigen Pflaster auf der Stirn vor die Medien. Unter­dessen ist das Pflaster wieder weg. Jetzt ist der Blick frei auf die Wunde, einen kräftigen Hick in seiner Stirn. Hat schon fast etwas Ver­wegenes: «Pirate of the Coronian». Koch ist gegen eine Tür gelaufen. So wie die Schweiz gegen eine Wand läuft. Eine Epidemie-Wand. Seit Ausbruch der Corona-Krise erklärt Daniel Koch nüchtern und sachlich, was Sache ist. Was die Exper­tinnen und Experten wissen, wie die Lage in den Spitälern ist – und wie wir uns schützen («Hände waschen! Abstand halten!»). Er ist Mediziner, kein Politiker. Wissenschafterinnen und Wissenschafter erarbeiten Fakten und schlagen Massnahmen vor. Die Politik entscheidet. Vielleicht sind Koch und sein Team bisher auch deshalb so erfolgreich, weil Kochs oberster Dienstherr Alain Berset be­reit ist, auf die Wissenschaft zu hören – und dann politisch zu entscheiden.

DER KONJUNKTIV. Gefühlt alle zwei Tage tritt Koch seit Wochen vor die Medien. Beantwortet geduldig die immergleichen Journalisten-Fragen von Masken-Fetischistinnen und schnellgebleichten Epidemiologen. Sagt, was er weiss – und sagt vor allem auch, was er noch nicht weiss. Und manchmal mit feiner Ironie über die täglichen medialen Aufgeregtheiten. Schon jetzt ein Klassiker ist diese Szene: Koch erklärt zu einem angeblichen oder tatsächlichen Durchbruch der Pharma vorsichtig: «Das könnte …» Ein sich besonders gewitzt fühlen­der Journalist fragt nach: «Warum ‹könnte›? Können Sie mir den Konjunktiv erklären?» Und Koch trocken: «Ich bin kein Sprachwissenschafter. Nein, ich kann Ihnen den Konjunktiv nicht erklären.» Grosses Kino in der grossen Krise, in der auch die Kinos geschlossen sind.

Wenn wir aus dieser Krise gesundheitlich als Gesellschaft mit einem Pflaster auf der Stirn rauskommen, dann auch dank Kommunikator Koch. Wenn wir schon ausgesperrt sein müssen von den guten Köchen in den Beizen, so haben wir doch immerhin noch einen Koch unseres Vertrauens.

4 Kommentare

  1. Bettina Rumpf

    Der Bundesrat und mit ihm Daniel Koch haben in der Krise umsichtig und transparent informiert. Was Daniel Koch jedoch zum Thema Maskentragen sagte, löste bei mir je länger je mehr ein gewisses Unbehagen aus. Kein Wunder, arbeite ich doch an der Verkaufsfront und hätte mir in den letzten Wochen der Grosseinkäufe öfter gewünscht, dass so manche frei niesende Kundin, so mancher ungeschützt hustende Kunde eine Maske getragen hätte (Konjunktiv irrealis). Bleibt nur: Neidisch nach Österreich zu schielen.

  2. Peter Bitterli

    Ist das nicht der Mann, der verantwortlich ist für den wochenlangen Blindflug, den der Bundesrat unter Inkaufnahme ungeheurer wirtschaftlicher Schäden und der Vernichtung vorab kleinerer Selbständigkeiten gerade unternimmt? Ist das nicht der Verantwortliche für bis heute fehlende belastbare Daten über Infektionszahlen, Mortalität, Auslastung der Spitäler und sämtliche anderen Basisfakten, aufgrund derer Entscheide überhaupt sinnvoll gefällt werden können? Aber es war ja klar, dass an dieser Stelle vernünftige Fragen nicht gestellt, sondern autoritätsverliebte Staatsgläubigkeit und demütige Spiesserpflicht gefeiert werden. Es geht ja nie um Fakten. Es geht immer nur darum, das eigene ideologische Süpplein am Kochen zu halten.

  3. Jurt Beat

    Ja Daniel Koch ist der Mann mit dem nötigen Instinkt was die Informationen zu Corona betrifft. Er wirkt vertrauensvoll und Glaubwürdig, was nicht für alle zutrifft die über Corona berichten. Was mich persönlich erstaunt ist, wie viele von uns relativ unkritisch zu den massiven Eingriffen von Demokratie und Menschenrechte stehen. Zudem wo und wie ist der Patient Null zu werten und war es (wirklich) ein Fledermaus überspringen? Ist Corona zu Ende wenn die grossen Konzerne ihre (fragwürdigen) Praxis nun ungehindert fortsetzen können. Und was genau für eine Rolle spielt ein Bill Gates hier?? Und wollen wir bei uns wertvolle ca.2,6 Mill. Menschen einsperren? Vieles in mir bleibt ein Zwiespalt der Gefühle!

  4. Mühlethaler Theresa

    Ich bin keinMensch der Panikmache, und agiere ,reagiere oft dem Instinkt entsprechend.. Doch im Moment gibt es eine Situation,welche für viele Menschen nicht greifbar /begreifbar ist.. Und deshalb bin auch ich eine der Tausenden Personen hier in der Schweiz, welche mit Ohren und Augen Ihnen folgt Herr Koch.. Es gibt keine andere Persönlichkeit im Moment, welche so glaubwürdig rüberkommt in den informativen Pressekonferenzen,, Vielen Dank Ihnen und bleiben auch Sie gesund.

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