Editorial

Avanti popolo!

Marie-Josée Kuhn

Marie-Josée Kuhn, Chefredaktorin work

DIE DEBATTE IST ERÖFFNET I. In der letzten Ausgabe präsentierte work exklusiv den grossen ökosozialen Klima-Umbauplan in 19 Schau­tafeln. Er zeigt ganz konkret auf, technisch und politisch, dass eine CO2-neutrale Schweiz möglich ist. Und zwar nicht erst ab 2050, wie das der Bundesrat will. Sondern schon ab 2030. Mit dieser Pionier­leistung haben wir der Klima­debatte Schub verliehen. Das zeigen auch die engagierten Reaktionen unserer Leserinnen und Leser. Und wir befeuern sie in dieser Nummer noch, indem wir Rot-Grün in den Klima-Schwitz­kasten nehmen. Pünktlich zum Wahlwochenende stellen wir ­Grünen-Chefin Regula Rytz und SP-Chef Christian Levrat 10 heisse Fragen zum öko­sozialen Umbau der Schweiz, den die Grünen etwas schneller haben möchten als die Roten. Die CO2-Netto-Null fordert Rytz ab 2030. Levrat «so bald wie möglich, aber allerspätestens 2050».

DIE DEBATTE IST ERÖFFNET II. Die Klimakrise ist untrennbar mit der sozialen Frage verbunden. Das sagt nun auch ganz offiziell die Klima­bewegung. Weil die Ausbeutung des Menschen und die Ausbeutung der Erde in ein und derselben auspresserischen Wirtschaftslogik betrieben werde. «System Change, not Climate Change!» heisst denn auch einer ihrer pointiertesten Slogans: Kapitalismusschmelze statt Gletscherschmelze. Und dafür hätten die Klimabewegten nun gerne die Unterstützung der Gewerkschaften. Für einen gemeinsamen Massenstreik am 15. Mai 2020. Schliesslich trifft die Klimakrise zuerst die Lohnarbeitenden: auf dem Bau, in den Fabriken und Büros und in den Spitälern. Konkrete Anfragen hat die Bewegung unter anderem bei der Unia und dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund deponiert. Und damit den Grundstein für ein Bündnis gelegt, das in Deutschland und Italien bereits blüht und die Welt verändern könnte.

DIE DEBATTE IST ERÖFFNET III. Maurizio Landini ist der Chef der mächtigsten italienischen Gewerkschaft CGIL. Und er ist derzeit der klima­bewegteste Gewerkschaftschef Europas. Bereits im Frühling rief er seine 5 Millionen Mitglieder auf, «den Kampf der Jungen für das Klima» zu unterstützen. Der Sozialist ist ein Vorreiter des Bündnisses von Gewerkschafts- und Klimabewegung. Er sagt: «Wir müssen die Produktion ändern.» Das werde ein harter Kampf, «aber zusammen sind wir in der Lage, ihn zu gewinnen». Avanti popolo, also! Hoffentlich bald auch in der Schweiz. Avanti diesen Wahlsonntag vorerst an die Urnen, sagt Unia-Chefin Vania Alleva in ihrem Wahlaufruf. Für ein besseres Klima brauche es eine ökosoziale und feministische Wende. Das wär dann der erste Streich.

1 Kommentar

  1. Peter Bitterli

    „Für ein besseres Klima brauche es eine ökosoziale und feministische Wende.“ Klima definiert sich als das Wetter in einem Zeitabschnitt von 30-50 Jahren. Also: Für besseres Wetter braucht es eine ökosoziale und feministische Wende. Na, ich weiss nicht. Etwas viel schwammige, nicht definierte und vollkommen hohle Begriffe und Schlagworte. Was genau ist jetzt „besseres Wetter /Klima“? Was bedeutet „ökosozial“? Das Zusammenleben im Haus betreffend? Aber das wird doch hoffentlich nichts mit „feministisch“ zu tun haben? Was ist eigentlich eine „Wende“? Ach, eklige Definitorik! Da drischt man doch wirklich lieber die Phrasen der CGIL, die bekanntlich Italien seit sieben Jahrzehnten zu einem singulär erfolgreichen Land macht. Florenz, Piazza Santo Spirito, Ostern 2019: Kommunisten und Gewerkschafter singen „o li olioliola, e la lega vincera“. Da kicherten die heiligen Hühner, und der Geist verflüchtigte sich definitiv.

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