Editorial

Wer regiert die Schweiz?

Marie-Josée Kuhn

Marie-Josée Kuhn, Chefredaktorin work

Politik ist käuflich. Das wissen wir schon seit Hans Tschänis Grundlagenwerk über die Schweizer Filzokratie von 1983. Aber erst jetzt wissen wir ein bisschen mehr über die Dimensionen in Franken: Alleine die Versicherungen, Krankenkassen und der Finanzplatz erkaufen sich ihre Bundeshaus-Politikerinnen und -Politiker mit geschätzten 6,5 Millionen Franken pro Jahr. Ein Mandat von einer Krankenkasse schenkt mit 12’839 Franken ein. Eines in der Finanz­branche mit fetten 63’427 Franken. Und Mann (Frauen sind da weniger gefragt) muss ja nicht nur ein Mandat haben: In den Wandelhallen wandeln richtige Pösteli-Jäger. So kommt es denn, dass die wieseligsten unter ihnen jährlich bis zu 143 Prozent Zusatzeinkommen generieren. Zusätzlich zur Entschädigung für ihre Arbeit im Parlament von durchschnittlich 130’000 bis 150’000 Franken.

Zum Beispiel Heinz Brand, SVP und Präsident des Krankenkassen­verbands Santésuisse (plus geschätzte 100’000 Franken). Oder Lorenz Hess, BDP, er hat grad einen ganzen Chratten voller Visana-Mandate (plus geschätzte 142’300 Franken). Und Josef Dittli, FDP und Präsident beim Krankenversicherer Curafutura (plus geschätzte 166’000). Oder Jean-René Marcel Lucien Fournier, CVP und bei der Helvetia-Gruppe im Solde (plus geschätzte 144’117 Franken). Plus plus noch etwas Münz (geschätzte 72’000) von der Credit Suisse, wo der Walliser als Senior Adviser dient.

Apfelland als Bananenrepublik.

NULL TRANSPARENZ. Es fliesst massig Geld. Das zeigt der neue Lobbyreport, den der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth, der jetzt für den Ständerat kandidiert, bei zwei Recherche-Journalisten in Auftrag gegeben – und mit vielen kleinen Spenden bezahlt hat (rebrand.ly/studie-wermuth). Und das Geld fliesst vor allem nach rechts: Mandatskönigin ist die FDP, vor der SVP und der CVP. Zusammen garnieren sie 96 Prozent der hochge­rechneten 26’045’720 Franken pro Legislatur. Und über diese ganze Geldschieberei herrscht null Trans­parenz. Wir haben keine Ahnung, wer wem wie viel wofür gibt.

ES WERDE LICHT! Das Bundeshaus ist die reinste Dunkelkammer: Neben Schweden ist die Schweiz das einzige europäische Land, das keine Regulierung der Politikfinanzierung kennt. Sie wird deshalb auch immer wieder gerügt. Und diesbezüglich auf die gleiche Stufe gestellt wie El Salvador und Sri Lanka. Apfelland als ­Bananenrepublik?

Am 20. Oktober sind Nationalratswahlen. In seiner Analyse der ablaufenden Legislatur schreibt work-Autor Clemens Studer: «Die rechte Blockade- und Abbruchpolitik hat das Land nicht weitergebracht.» Und er fordert die «öko-soziale-feministische Wende» (Seite 7). Mit ihr würde endlich etwas mehr Licht in der Schweizer Dunkelkammer.

2 Kommentare

  1. Büeler Patrick

    Und wieso fehlt da der Name Jositsch SP?

  2. Peter Bitterli

    Im Gegensatz dazu füttert die Linke ihre Aktivisten aus Partei- und Gewerkschaftskassen durch und unterläuft so das Milizsystem, indem sie Profipolitokraten züchtet. So etwa den Luzerner Kantonsrat und Ständeratskandidaten David Roth. Er wird in Bern von einer Gewerkschaft in Stellung gehalten und entlöhnt. Als frühere „Erwerbstätigkeiten“ gibt er einerseits die Mitarbeit bei „Radio 3fach“ an, also bei einem Kindergarten mit angeschlossenem Michy-Maus-Funk, andrerseits etwas Beschäftigung im Fribourger „Centre Fries“, wo man für ein kostenloses WG-Zimmer bei Gesinnungsgenossen mit etwas „Kulturarbeit“ dem definitivem Studienabbruch entgegendümpeln darf. Als Krönung solch zielloser Ergotherapie dann also die „Syndicom“. Roths Bruder übrigens, mit gleicher ideologischer Stossrichtung aber weniger Erfolg, wird gleich von der SP selbst ernährt.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.