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Grauer Star: Der schleichende und grausame Klassenkampf

Nur wer es sich leisten kann, wird augenmedizinisch optimal versorgt. In Afrika und Asien sowieso. Aber auch in der Schweiz. Umgekehrt garnieren die Kranken­kassenchefs mehr als Bundesräte.

TRÜBER BLICK: Der graue Star könnte heute schonend entfernt werden. Aber nicht alle können sich diese Operation leisten. (Foto: Keystone)

Weltweit sind 36 Millionen Menschen blind. Das zeigen die Zahlen des Schweizerischen Roten Kreuzes. Und nicht weniger als 217 Millionen Menschen sind stark sehbehindert. Alle zehn Sekunden erblindet ein Erwachsener und in jeder Minute ein Kind. Zum Vergleich: Die Lesedauer dieses Artikels beträgt 4 Minuten. In diesen 4 Minuten sind vier Kinder erblindet. Blindheit bedeutet in vielen Ländern der Welt das Abrutschen in die absolute Armut.

ROUTINE-EINGRIFF. Mit Abstand die häufigste Ursache von Sehschwächen und schleichender Erblindung ist der graue Star. Er kann heute schonend entfernt werden. Alte, kaputte Linse raus, neue, künstliche Linse rein. Und schon erscheint die Welt, erscheint die Umwelt in einem anderen, klareren Licht. Von 100 Operationen verlaufen überdies 99 ohne Komplikationen.

Und die wenigen verbleibenden Komplikationen sind kontrollierbar. In der Schweiz werden die Kosten für die Entfernung des grauen Stars von den Krankenkassen tendenziell nicht übernommen, wenn mehrere Dinge gleichzeitig korrigiert werden. Ausser die Betroffenen haben die richtige Zusatzversicherung. Was eine Wissenschaft für sich ist und erst noch ein teure. Das ist schleichender, grauer Klassenkampf: Nur wer es sich leisten kann und das Kleingedruckte zu lesen weiss, wird augenmedizinisch optimal versorgt. Kann also im gleichen Umgang weitere Sehschwächen zwecks Steigerung der Lebensqualität korrigieren lassen.

CSS-ABZOCKER. Umgekehrt verdienen die Chefinnen und Chefs der Krankenkassen mehr als Bundesrätinnen und Bundesräte. Und die Präsidenten der Verwaltungsräte mehr als Ständeräte. Zum Beispiel bei der Krankenkasse CSS, früher Christlichsoziale Krankenkasse der Schweiz. Zu den Schweizer Meistern im Abkassieren gehören die CSS-Geschäfts­leiterin Philomena Colatrella mit stolzen 743’766 Franken pro Jahr und der CSS-Ver­waltungsratspräsident Jodok Wyer mit netten 178’800 Franken jährlicher Entschädigung.

BLINDE PROFITGIER. Diese beiden «Christlichsozialen» des 21. Jahrhunderts fordern die Einführung eines Selbstbehaltes pro Jahr und versicherter Person von 10’000 Franken. Dies würde in der Schweiz jedes Jahr Hundert­tausende von Menschen in den Ruin treiben. Warum in aller Welt nehmen die Roten diese Gelben nicht unter politischen und publizistischen Dauerbeschuss? Jährlich müssen sich in der Schweiz 50’000 Menschen den grauen Star entfernen lassen. Damit alle vom medizinischen Fortschritt profitieren, müsste man subito die überflüssigen und zu teuren Krankenkassenbürokratien entfernen. Weil sie rein gar nichts zu einem halbwegs effizienten und bezahlbaren Gesundheitswesen beitragen. Im Gegenteil.

Zurück in die sogenannte Dritte Welt. Die Christoffel-Blindenmission hat in den letzten fünfzig Jahren 13,3 Millionen Operationen zur Ent­fernung des grauen Stars finanziert. Trotzdem erblinden noch immer Millionen von Kindern und Erwachsenen, weil zu wenig Geld für Operationen zusammenkommt.

Ein neues Kampfflugzeug kostet 200 Millionen Franken. Mit dem Geld von einem Kampfflugzeug könnte man in Afrika und Asien 4 Millionen Menschen mit einer Operation von 50 Franken von der Geisel des grauen Stars befreien.

Links zum Thema:

  • rebrand.ly/augen-medizin
    Für 50 Spenderfranken pro Auge befreit das Rote Kreuz in Afrika und Asien Menschen vom grauen Star.
  • rebrand.ly/krankenkasse
    Die Kranken-kassen bezahlen nur das Einsetzen einer einfachen Linse. Entscheiden sich einige der 50’000 Grauer-Star-Patientinnen und -Patienten in der Schweiz für eine aufwendigere, multifunktionale Linse, müssen sie diese selber bezahlen. Die Krankenkasse beteiligt sich nicht einmal anteilsmässig an den Kosten.
  • rebrand.ly/prothesen
    Der kanadische Ableger der Christoffel-Mission steigt jetzt in die Produktion von Prothesen mittels 3-D-Druckern ein. Damit für immer mehr Menschen das Leben wieder lebenswerter wird.

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