Postauto AG verschob Gewinne und kassierte mehr Subventionen

Bschiss mit politischem Anlauf

Clemens Studer

Am Millionen-Wirbel um die Postauto-Subventionen lässt sich zeigen, wer wirklich falschspielt beim Service public. Es sind nicht die Buchhalterinnen und Buchhalter.

AUSGETUTET? Noch wäscht Post-Chefin Susanne Ruoff ihre Hände in Unschuld in der Affäre um die abgezweigten Subventionsmillionen. (Fotos: Keystone, Montage: work / TNT Graphics)

Worüber man redet …

Die Postauto AG hat während Jahren insgesamt gut 90 Millionen Franken Subventionen ungerechtfertigt kassiert. Damit dies gelang, liessen die Verantwortlichen seit Jahren Gewinne aus dem subventionierten Bereich verschwinden und in der Rechnung des nicht-subventionierten Teils wieder auftauchen.

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weiss ned wo

Subventioniert ist die Sparte «Regionaler Personenverkehr», sie macht rund 85 Prozent des Umsatzes aus. Verschoben wurden insgesamt etwas über 90 Millionen Franken, 13 davon hat das Bundesamt für Verkehr ­bereits früher zurückgefordert. Aktuell geht es noch um 78 Millionen Franken. Das sind rund 3 Prozent der Subventionszahlungen. Um die Gewinne zu verschieben, wurden etwa Pneus verbucht, die gar nie angeschafft worden waren. Das ist nur ein Beispiel von rund 200’000. Der Postauto-Chef und sein Finanzchef wurden abgesetzt. Post-CEO Susanne Ruoff wäscht bisher ihre Hände in Unschuld. Aufgeflogen ist die ganze Sache, weil die Post-Verantwortlichen die Gewinnumleitung mit einer neuen Firmenkonstruktion quasi offizialisieren wollten.

… und worum es wirklich geht

1998 wurde die altehrwürdige PTT in die Post und die Swisscom aufgespalten. Dem neoliberalen Zeitgeist entsprechend, kam die Swisscom an die Börse (immerhin konnten bisher alle Versuche gestoppt werden, die Bundesmehrheit auch noch zu verscherbeln). Die Post blieb zu 100 Prozent im Besitz des Bundes. Trotzdem spielten auch die Post-Manager, noch so gerne getrieben von der Politik, Monopoly mit Volksvermögen: runter mit den Kosten, weniger Service public, mehr Managerlöhne.

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faart i Dräck,
ooni Späck

Konkrete Folgen: Hunderte Stellen weg, Hunderte Poststellen geschlossen, weniger Service und schlechtere Arbeitsbedingungen. Der von Post-Chefin Susanne Ruoff (Jahreseinkommen 2016: 974’178 Franken) ausgerufene digitale Wandel der Post ist bis jetzt in erster Linie ein analoger Abbau beim Angebot und bei den Arbeitsbedingungen. So ­werden unter Ruoff konsequent Stellen ausgelagert. Die Absicht dahinter: «ausgelagerte» Mitarbeitende unterstehen nicht mehr dem Post-GAV. So arbeiten die Verkäuferinnen, die in den Dorfläden Post­aufgaben erfüllen, zu wesentlich schlechteren Bedingungen als die Schalterangestellten. Das gleiche gilt für die «ausgelagerten» LKW-Chauffeure. Und in den Verteilzentren werden zum Teil fast die Hälfte der Beschäftigten über Temporärbüros eingestellt. Von der verlässlichen Service-public-­Erbringerin ist die Post zum profitgetriebenen Unternehmen geworden. Das ist ein «fundamentaler Zielkonflikt», wie der abgesetzte Postauto-Chef Daniel Landolf richtig sagt.

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chunt wider use,
geit ga pfuse

Was man jetzt nicht tun sollte …

Die Ideologen des Marktes nehmen den Wirbel um die umgeleiteten Subventionen bei der Postauto AG natürlich nicht als Versagen ihrer Theorie: nicht als logische Folge der Gewinnmaximierung. Im Gegenteil, sie nehmen sie als Einladung, bei der Post noch radikaler auf Profit zu trimmen. Dass dabei noch mehr Service public verloren ginge, nehmen sie nicht einfach in Kauf, es ist ihr politisches Ziel. Die ersten entsprechenden Wortmeldungen aus FDP und SVP sind schon da.

… und was zu tun wäre

Die Verantwortlichen für die «Geister-Pneu»-Buchungen gehören ermittelt und gegebenenfalls bestraft. Interessant sind vor allem ihre Motive. Die Untersuchung läuft. Ob dabei «Köpfe rollen» (Zitat Bundesrätin Doris Leuthard), werden wir sehen.

 Tütato, Poschtauto
liit im Grabe
chunt wider use
ooni Schade

Ebenso wichtig wäre, den Buchungsskandal zum Anlass zu nehmen, den verqueren Umgang mit ehemaligen Service-public-Säulen zu beenden. Sie dürfen nicht länger (politisch gewollt) Kletterstangen für Gewinnoptimiererinnen und Gewinnoptimierer sein. Post und SBB sind Infrastruktur, und sie müssen der ­Allgemeinheit dienen. Sie müssen nicht um jeden Preis rentieren, sie müssen funktionieren. Sie müssen ihre Dienstleistungen zu anständigen Arbeitsbedingungen erbringen. Und an ihren Spitzen dürfen statt bonigetriebenen CEO gerne wieder Generaldirektorinnen und Generaldirektoren stehen, die nicht mehr verdienen als ein Bundesrat.

2 Kommentare

  1. Nyffeler Jürg

    Der Abbau bzw. die Zerstörung des Bundes begann schon viel früher, z.B. mit der Auslagerung des Stückgutverkehres bei den SBB. Zwar wäre sonst ein Taktfahrplan kaum möglich gewesen. Die Liberalisierung hat leider andere Ziele: Gewinnmaximierung, Angleichung an Privatunternehmen mit absolutb frechen Lohnerhöhungen für CEO und Manager andererseits aber flächenbreoffenen Stellenabbau, Lohnkürzungen bei Arbeitnehmern und Entfernung vom Service Public. Siehe auch Initiative No Billag!

  2. Daniel Andres

    haargenau beschrieben ! wieso ist das so schwer zu verstehen !

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