Lohngleichheit: Bundesrat macht Mini-Schritte

Warum geht es nicht schneller, Frau Fetz?

Sabine Reber

Firmen mit mehr als 50 Angestellten sollen Lohnanalysen machen müssen. Doch FDP, SVP und Wirtschaftsverbände laufen Sturm. Ein Riesenaffront, sagt SP-Ständerätin Anita Fetz.

EIN MÄNNER­THEMA: Von Lohngleichheit seien über ihre Partnerinnen und Töchter auch Männer betroffen, sagt Anita Fetz. (Foto: Keystone)

work: Das neue Rating des britischen Wirtschaftsmagazins «The Economist» zeigt einmal mehr: die erwerbstätigen Frauen haben es hierzulande schwer. In Sachen Kinderbetreuung, aber auch punkto Lohngleichheit fällt die Schweiz hinter den Durchschnitt der OECD-Staaten zurück. Warum?
Anita Fetz: Die Schweiz ist immer noch konservativ, ausser in den grösseren Städten. Das Rollenbild der Mutter, die zu Hause bleibt oder maximal Teilzeit arbeitet, ist enorm hartnäckig und tief verankert – auch bei vielen Frauen selbst. Und unser Steuersystem diskriminiert die verheirateten, erwerbstätigen Frauen, indem es fast ihren ganzen Verdienst wegbesteuert.

Wenigstens bei der Lohngleichheit geht nun etwas. Firmen mit mehr als 50 Angestellten sollen Lohnanalysen machen müssen. So will es der Bundesrat. Es sind zahme Forderungen: Wer sie nicht erfüllt, muss keine Sanktionen befürchten. Trotzdem leisten FDP und SVP jetzt schon erbitterten Widerstand. Kommen wir eigentlich nie voran?
Sollte das Gleichstellungsgesetz in der ständerätlichen Kommission nicht durchkommen, wäre das ein Riesenaffront für die Frauen. Ein Nichteintreten wäre ein verheerendes Zeichen. Zugleich ist es schwierig, für dieses schwache Gesetz zu mobilisieren: es bietet schlicht zu wenig, als dass Frauen dafür mit Begeisterung kämpfen würden. Aber es ist trotzdem zu wichtig, um es einfach fallenzulassen, da es wenigstens einen Schritt in die richtige Richtung bedeuten würde.

Was brauchte es denn, damit sich die Frauen wieder bewegen?
Eine klare Forderung, hinter die sich viele Frauen mit Begeisterung stellen können. Wir müssen mobilisieren und mit Engagement gemeinsam auf die Strasse gehen. Und es braucht die Einsicht, dass Lohngleichheit nicht einfach ein Frauenthema ist. Die meisten Männer haben Partnerinnen und Töchter, die noch keine Lohngleichheit haben.

Die Gewerkschaften arbeiten an einer Initiative, um die Lohngleichheit endlich durchzusetzen. Eine gute Idee?
Eine solche Initiative fände ich sehr hilfreich! Damit könnten wir richtig Druck
machen.

«Mit einer Initiative könnten wir richtig Druck machen.»

Sie kamen 1985 erstmals in den Nationalrat, heute sind Sie Ständerätin. Was haben wir Frauen in all diesen Jahren erreicht?
Wir haben viel erreicht dank der feministischen Frauenbewegung. Doch die meisten jüngeren Frauen wissen zum Beispiel gar nicht mehr, dass der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau in den 1980er Jahren noch einen Drittel betrug. Dank den Lohnprozessen aufgrund des Gleichstellungsgesetzes ist er heute viel kleiner. Es gab damals kein Recht auf Schwangerschaftsabbruch, keine Gleichstellung in der Ehe, keinen bezahlten Mutterschaftsurlaub, kaum Kinderkrippen, keine Kindergutschriften in der AHV, Vergewaltigung war noch kein Offizialdelikt usw. Das alles haben wir erkämpft.

SGB-Frauenkongress über Care-Arbeit

Am 19./20. Januar findet in Bern der 13. Frauenkongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) statt. Das Motto lautet: «Unsere Zeit ist mehr wert!» Nebst Care-Arbeit und Prekarität von ­Frauenarbeit wird die Lohngleichheit ­eines der Hauptthemen sein. Die von der Unia im letzten Jahr angeregte Subito-Initiative zur Durchsetzung der Lohngleichheit befindet sich in der Ausarbeitung. Ausserdem sind für 2018 diverse weitere Aktionen zur Lohngleichheit geplant, die am Frauenkongress diskutiert und beschlossen werden sollen.


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