Abstimmung vom 13. Juni: Ja zum CO2-Gesetz

(Viel) besser als nichts

Clemens Studer

Das C02-Gesetz geht zu wenig weit und hat ­einige Macken. Trotzdem ist es ein grosser Schritt in die richtige Richtung. Fürs Klima. Gerade auch für untere und mittlere Einkommen. Und für das einheimische Gewerbe.

AUSPUFF-SCHNÜFFLER: Moritz Leuen­berger, damals noch Umwelt­minister, riecht zum Auftakt zur Kampagne der Energie­etikette für effiziente Autos an einem Auspuff, 2003. (Foto: Keystone)

Der Klimawandel bedroht die Welt. Das ist bei allen vernünftigen Menschen unbestritten. Nach langen Diskussionen hat sich die internationale Gemeinschaft auf die sogenannten Pariser Klimaziele verständigt. Die sind nicht sehr ambitioniert. Trotzdem sind die meisten Staaten weit davon entfernt. Auch die Schweiz. Das soll sich jetzt ein Stück weit ändern mit dem C02-Gesetz, über das wir am 13. Juni abstimmen

DARUM GEHT ES:

Um den Klimazielen näherzukommen, sieht das Gesetz eine Reihe von Massnahmen vor. Zum Beispiel:

Flugticketabgabe: Der Bund erhebt künftig eine Flugticketabgabe: 30 Franken für Kurzstreckenflüge und bis 120 Franken bei Langstreckenverbindungen. Die eine Hälfte der Gelder wird gleichmässig pro Kopf an die Bevölkerung zurückverteilt. Die andere Hälfte fliesst in den Klimafonds. Vielfliegende, also meistens Gut- bis Bestverdienende, bezahlen mehr als jene, die ein- oder zweimal pro Jahr mit der Familie in die Ferien fliegen. Das ­zeigen alle Berechnungen. Noch deutlicher wäre dieser Effekt, wenn mit dem Klimafonds nicht ein neues Kässeli geschaffen, sondern die Abgaben zu 100 Prozent direkt zurückerstattet worden wären.

Benzinpreis: Importeure und Hersteller von fossilen Treibstoffen sollen endlich einen grösseren Anteil des CO2-Ausstosses kompensieren müssen. Benzin und Diesel werden leicht teurer – bis 2025 höchstens um 12 Rappen.

Gebäude: Der Grenzwert von maximal 20 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Energie­bezugsfläche (vereinfacht: die beheizten Wohn- und Gewerberäume) im Jahr wird in Fünfjahresschritten um jeweils fünf Kilogramm reduziert. Das schafft Anreize für energetische Sanierungen – und damit Tausende von Jobs im Gewerbe.

CO2-Abgabe: Heute kann der Bund Abgaben von maximal 120 Franken pro Tonne CO2 erheben, neu sollen bis 210 Franken pro Tonne möglich sein. Das entspricht etwa 50 Rappen pro Liter Heizöl.

SO KAM ES DAZU:

Nach jahrelanger Blockadepolitik der rechten Parteien beim Klimaschutz sorgte die Klimabewegung für Bewegung. Insbesondere die FDP bewegte sich. Aufgeschreckt von den Wahlerfolgen der rechten Grünen von der GLP in den Kantonen, liess FDP-Präsidentin Petra Gössi vor den nationalen Wahlen ihre Parteibasis befragen. Dies konnte zwar die Verluste der FDP bei den Wahlen nicht verhindern. Zeigte aber, dass die freisinnige Basis wesentlich «grüner» ist als die Tenöre ihrer Bundeshausfraktion. Dieser war bis zur Umfrage zum Thema Klimaschutz nicht viel mehr eingefallen als «neue AKW». Nach dem Grünrutsch bei den Nationalratswahlen 2019 kam zusätzlich Bewegung in die Sache.

WER IST DAFÜR?

Eigentlich alle Parteien, die Umweltorganisationen und die meisten Verbände der Sozialpartner. Skeptisch ist ein Teil der Klimabewegung in der Westschweiz, der sich bei einem Nein ein griffigeres Gesetz erhofft. Was angesichts der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse illusorisch sein dürfte. Hinter dem Gesetz stehen übrigens selbst die sogenannt energieintensiven Betriebe (zum Beispiel etwa Stahl- und Zementwerke), die bei einem Nein ihre Vergünstigungen verlieren würden. Daran hängen Zehntausende von Arbeitsplätzen.

WER IST DAGEGEN?

Im wesentlichen die Erdöllobby, die Autoimporteure, Teile der Autolobby und ihre Partei SVP. Sie führen eine faktisch faktenfreie Kampagne gegen das Gesetz.

Ja zum Covid-Gesetz: Sichern wir, was ist

Darum geht es: In der ersten Welle der Pandemie hat der Bundesrat im Alleingang einige Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft getroffen. Unterdessen hat das Parlament dies mit einem Gesetz abgesegnet. Mit Erweiterungen und Einschränkungen. Und darum geht es jetzt.

Darum geht es nicht: Es geht definitiv nicht um die zum Teil umstrittenen Massnahmen des Bundesrates zur Pandemiebekämpfung (Lockdown usw.) Denn sie sind nicht Teil des Covid-Gesetzes. Der Bundesrat kann sie weiterhin auf der Grundlage des Epidemiegesetzes beschliessen.

Was steht auf dem Spiel? Bei einem Nein würden viele heute geltende Massnahmen entfallen. Zum Beispiel in Sachen Härtefallgelder, Kurzarbeitszeit, Arbeitslosenversicherung oder Unterstützung für Sport und Kultur. Zwar wäre es möglich, dass einzelne Massnahmen vom Parlament wieder beschlossen würden. Doch angesichts der Trödlerei der rechten Parteien, die wir im vergangenen Jahr erlebt haben, würde das mindestens zu erheblichen Verzögerungen führen. Verzögerungen, die gerade auch die Lohnabhängigen und die KMU in noch grössere Not bringen würden.

Wer ist dafür? Eigentlich alle Parteien und die Sozialpartner. Sogar die dauernd motzende Gastrosuisse und der Gewerbeverband.

Wer ist dagegen? Die «Corona-Skeptiker», also jene Leute, die bei ihren maskenlosen Aufmärschen zum Beispiel Passantinnen und Passanten anspucken oder ­umarmen wollen. Keine Meinung zum Covid-Gesetz hat offiziell die SVP. Was auch eine Aussage ist: eine gegen das Gewerbe und gegen die Lohnabhängigen.

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