Black Friday: Schwarze Tage für Päcklizusteller
Oh, du wahnsinnige Weihnachtszeit!

Alle Jahre wieder: die Schnäppchenschlacht rund um Black Friday und Weihnachten. Für die Paketbotinnen und -boten bedeutet diese Zeit vor allem eines: noch mehr Lieferungen, noch mehr Stress und noch mehr Überstunden.

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SCHNÄPPCHENVERTEILER: Die Einkaufsschlacht wird auf dem Buckel der Paketboten ausgetragen. (Montage: Canva / work)

Sie sind die wahren Wichtelinnen und Wichtel: 40'000 Paketbotinnen und -boten liefern für die Post, DPD, UPS, DHL und Fedex in diesen Tagen die Black-Friday-Schnäppchen und Weihnachtsgeschenke in der Schweiz aus – täglich bis zu zwei Millionen Pakete. Auch die Logistikangestellten in den «Fulfillment-Centers» von Galaxus, Amazon & Co. machen massiv Überstunden, um die Paketflut zu den Kundinnen und Kunden zu bringen.

Keine vorweihnachtliche Freude

Belastung und Unzufriedenheit in der Kurier- und Paketbranche sind viel höher als in anderen Berufen. Das zeigt eine neue Studie, die die Gewerkschaft Verdi in Deutschland in Auftrag gegeben hat. An der Befragung beteiligten sich 3000 Beschäftigte der Paketbranche. Weniger als zehn Prozent der Befragten können sich vorstellen, ihre Arbeit unter den derzeitigen Bedingungen bis zur Rente auszuüben. Die schwere körperliche Arbeit und die hohe Arbeitsintensität führen zu Stress, Überlastung und häufig zu gesundheitlichen Problemen. Als ersten Schritt zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen fordert Verdi jetzt die gesetzliche 20-Kilo-Grenze für Pakete in der Einpersonenzustellung und ein Verbot von Subunternehmen. Dort werden Höchstarbeitszeitgrenzen besonders häufig missachtet, Überstunden nicht ausbezahlt und damit Mindestlöhne unterlaufen.

Auch in der Schweiz prekär

Markus Bardenheuer ist mitverantwortlich für den Sektor Logistik bei der Unia. Er sagt:

Die Resultate der Befragung von Verdi sind eins zu eins auf die Schweiz übertragbar.

Obwohl der Onlinehandel und die Paketbranche zu einem immer wichtigeren Teil der Wirtschaft werden, bleiben die Arbeitsbedingungen und Löhne prekär. Die Befragungsergebnisse aus Deutschland zeigen auch, dass Tarifverträge und Betriebsräte einen Unterschied bewirken. Beschäftigte ohne Betriebsrat und Tarifvertrag arbeiten im Durchschnitt elf Stunden länger pro Woche und verdienen rund 500 Euro weniger pro Monat als Beschäftigte in tarifgebundenen Unternehmen.

Ein GAV unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Auch in der Schweiz gibt es eigentlich einen GAV, der Mindeststandards zu Löhnen und Arbeitsbedingungen für die gesamte Zustellbranche einschliesslich Subunternehmer garantieren soll. Die Gewerkschaften Syndicom und Transfair hatten den Vertrag 2023 mit dem Arbeitgeberverband «Zustellung Schweiz» unterzeichnet.

Lautstarke Kritik für diesen GAV kommt vom Tessiner «DPD-Kollektiv Giubiasco». Nicht nur die Entstehungsgeschichte, auch die Nichtveröffentlichung des Vertrags sind für das Kollektiv ein Skandal. Es schreibt dazu:

Es ist inakzeptabel, dass diejenigen, die dem Vertrag unterstellt sind, ihn weder lesen, beurteilen oder auch nutzen können, um ihre Rechte geltend zu machen!

Syndicom beteuert, dass der GAV breit abgestützt und basisdemokratisch legitimiert sei: «Delegierte aus allen betroffenen Branchenzweigen und Berufsgruppen sassen am Verhandlungstisch. Der GAV hat eine sehr hohe Zustimmung erhalten in allen verschiedenen Konsultationen, welche die Gewerkschaft Syndicom bei den betroffenen Zustellern, den Gewerkschaftsmitgliedern und in den Branchengremien durchgeführt hat. Wir waren während des gesamten Prozesses regelmässig in den Betrieben und im Austausch mit unserer Basis – auch im Tessin. Das Kollektiv, das diese Kritik äussert, kannten wir bisher nur aus anonymen Verlautbarungen. Unser Versuch, mit dem Kollektiv in Kontakt zu treten, blieb bisher unbeantwortet.»

Zwei Jahre nach Abschluss immer noch nicht in Kraft

Der GAV hat nicht nur eine umstrittene Entstehungsgeschichte, er ist auch zwei Jahre nach Vertragsabschluss immer noch nicht in Kraft. Grund dafür ist, dass der Bundesrat den GAV bisher nicht für allgemeinverbindlich erklärt hat, was als Bedingung im Vertrag festgehalten ist. Der Vertrag befindet sich zurzeit immer noch im Bereinigungsverfahren beim Seco. Syndicom schreibt: «Erst nach Abschluss dieses juristischen Verfahrens können wir den finalen Text veröffentlichen und inhaltlich kommentieren. Dies wird voraussichtlich in den nächsten Wochen der Fall sein.»

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