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Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Was bin ich froh, ist die Ferienzeit vorbei! Für mich war dies bis jetzt die härteste Zeit dieses Jahres. Seit Anfang Jahr sind wir unterbesetzt. Meine Chefin hat zwar mit allen Mitteln versucht, die Stellen zu besetzen, aber ohne Erfolg. Und dann kam die Ferienzeit. Sobald die ersten Kolleginnen und Kollegen in den wohlverdienten Ferien waren, wurde es für die im Laden verdammt streng. Und irgendwie war dieses Jahr auch der Wurm drin: Zu den Ferienabwesenheiten gesellten sich noch Unfälle und Erkrankungen. Das hiess für uns: wochenlanges Arbeiten hart am ­Limit. Alle hatten zwar zwischendurch Ferien. Doch nach zwei Tagen im Laden war die Erholung verpufft. Oft dachte ich: Das ist kein sauberes Arbeiten mehr, sondern lediglich ein «Reinschmeissen». So zu arbeiten ist nicht schön und schon gar nicht gesund.

Super unattraktiv

Und für die Besetzung der ausgeschriebenen Stellen lief es auch nicht rund. Es meldeten sich nur wenige Bewerberinnen. Manche kamen gar nicht erst zu den verabredeten Terminen. Warum? Unser Beruf ist super unattraktiv. Die Löhne sind sehr niedrig. Wir arbeiten in Schichten. Die Öffnungszeiten sind lange, und maximale Flexibilität wird ­gewünscht. Der Job ist körperlich sehr anstrengend und erfordert Ausdauer. Das alles ohne jegliche Anerkennung oder Wertschätzung.

Superschön

Kürzlich habe ich mir das Sammelplaymobil der Migros von meinem Sohn genauer angesehen. Im perfekten Verkaufsraum, mit der perfekten Ware aus dem perfekten Bauernhof und in der perfekten Produktionsstätte, strahlen die perfekten Figuren um die Wette. Superschön! Die Realität im Detailhandel sieht anders aus: Augenringe statt Strahle­lächeln, Riesenstress statt präziser Arbeit; und das Tag für Tag. Eigentlich übe ich einen sehr schönen Beruf aus. Mit mehr Zeit und weniger Druck, ohne das ständige «Reinschmeissen» wäre es ein spannender und abwechslungsreicher Beruf. Ich kümmere mich gern um die Organisation und Pflege meiner Abteilungen und freue mich, wenn ich Erfolg habe. Auch die ­Arbeit mit dem Team macht Spass. Zusammen Lösungen zu finden, damit alles rundläuft, motiviert. Und den Kontakt zu meinen Stammkundinnen schätze ich sehr.

Glücklicherweise haben wir nun endlich neue Gspönli. Auch wenn es sich nicht um einen Playmobilladen handelt, hoffe ich doch, dass sie die guten Seiten des Berufes sehen.

Illu: Laura Gonzalez Martinez

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