Seit Jahren arbeiten wir fleissiger – doch die Löhne stagnieren
Trump hin oder her: Die Löhne müssen dringend rauf

Die Arbeitenden in der Schweiz arbeiten heute rund 11 Prozent produktiver als vor 10 Jahren. Doch dafür bekommen sie real immer noch gleich viel Lohn wie 2015 – oder gar weniger. Die Gewerkschaften verlangen 2 bis 2,5 Prozent mehr Lohn. Und erteilen Arbeitgebern, die Trumps absurde Zölle als Ausrede für Lohndrückerei benützen, eine deutliche Absage.

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SO KLEIN SIND DIE LÖHNE IN MANCHEN BERUFEN: Betroffen sind vor allem Branchen, in denen viele Frauen beschäftigt sind, wie etwa die Reinigung. Das muss sich ändern, Trumps irre Zollpolitik lassen die Gewerkschaften nicht als Ausrede gelten. (Foto: Keystone / Montage: work)

Auch wenn sich die Teuerungszahlen in den vergangenen Monaten abgeschwächt haben, sieht es die überwältigende Mehrheit direkt in ihrem Portemonnaie: Wir können uns real gleich viel oder gar weniger leisten als vor 10 Jahren. Der Hauptgrund: Die Arbeitenden bekommen zu wenig des von ihnen erchrampften Mehrwerts. Gleichzeitig steigen die Krankenkassenprämien und die Wohnkosten massiv.

Unia-Präsidentin Vania Alleva sagt es deutlich:

In der reichen Schweiz kämpfen viele Beschäftigte jeweils am Monatsende mit hohen Rechnungen. Ihre Löhne reichen immer weniger zum Leben. Denn die Lebenskosten steigen, und die Löhne hinken hinterher. Um diese Lohnlücke zu schliessen, braucht es dringend substantielle, generelle Lohnerhöhungen und eine Abkehr von individuellen Lohnerhöhungen.

FORDERN DEUTLICHE LOHNERHÖHUNGEN: Unia-Präsidentin Vania Alleva (m.) mit SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (r.) und SGB-Ökonom David Gallusser an der heutigen Medienkonferenz des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. (Foto: Keystone)

Trump ist keine Ausrede

US-Präsident Donald Trump hat gegen die Schweiz absurde Zölle von 39 Prozent verhängt. Das konnten auch seine Fans im Bundesrat nicht verhindern. Und die Folgen sind für die betroffenen Firmen heftig. Den betroffenen Unternehmen bringt eine Verlängerung der Kurzarbeit die nötige Zeit, um Schwierigkeiten im Absatzmarkt zu überbrücken und sich – wenn nötig – neu auszurichten. Über einen entsprechenden Vorstoss, den die Unia mitangeregt hat, entscheidet das Parlament in der kommenden Session. Doch die Arbeitgeber versuchen zurzeit, die Trump-Zölle als Ausreden für mickrige Lohnerhöhungen und Angriffe auf den Arbeitnehmendenschutz zu nutzen. Dem erteilen die Gewerkschaften eine klare Absage. SGB-Ökonom David Gallusser unterstrich in seiner Analyse:

Gegen 99 Prozent der Berufstätigen sind nicht oder nicht stark von den US-Zöllen betroffen. Den Firmen geht es mehrheitlich gut.

Tiefste Löhne müssen rauf

In der Schweiz ist immer noch jede zehnte Stelle eine Tieflohnstelle. Das heisst: eine halbe Million Menschen bekommen für einen 100-Prozent-Job weniger als 4177 Franken brutto pro Monat. Besonders viele Tieflohnstellen gibt es in Branchen, in denen vor allem Frauen beschäftigt sind: Im Detailhandel ist jede vierte, in der Reinigung jede dritte und in den Branchen der persönlichen Dienstleistungen – also zum Beispiel im Coiffeurgewerbe und in den Wäschereien – sogar jede zweite Stelle eine Tieflohnstelle.

Schon länger ist sogar eine Berufslehre kein Garant mehr für Löhne, die zum Leben reichen. Im Schnitt liegt der Lohn bei 20 Prozent der Gelernten unter 4500 Franken im Monat, und über 30 Prozent verdienen weniger als 5000 Franken.

Die Forderungen

Das wollen die Gewerkschaften ändern. Sie verlangen konkret in diesem Lohnherbst insbesondere:

  • Erhöhung der Effektiv- und Mindestlöhne um 2 bis 2,5 Prozent für alle.
  • Insbesondere die Löhne von Frauen, erfahrenen Mitarbeitenden und in Tieflohnbranchen müssen erhöht werden.
  • Keine Löhne unter 4500 Franken und mindestens 5000 Franken für Arbeitnehmende mit Lehrabschluss.
  • Einführung des automatischen Teuerungsausgleichs in allen Gesamtarbeitsverträgen zur langfristigen Sicherung der Kaufkraft der Arbeitnehmenden.
  • Verbesserungen bei der Arbeitszeit für eine fairere Verteilung der Produktivitätsgewinne: bezahlte Pausen, Reise- und Umkleidezeiten.

Das sind die konkreten Forderungen in den Unia-Branchen

Industrie:

Die Auftragslage in der Industrie ist in weiten Teilen gut. Von den absurden Trump-Zöllen sind schätzungsweise 90 Prozent der Industrie gar nicht betroffen. Um dem anhaltenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, braucht es dringend substantielle, generelle Lohnerhöhungen. Die Unia fordert den vollen Teuerungsausgleich, den zumindest teilweisen Ausgleich des Nachholbedarfs und einen Anteil an der gestiegenen Produktivität, macht total plus 2,5 Prozent. Für Arbeitnehmende mit Berufslehre (EFZ) darf es keinen Mindestlohn unter 5000 Franken mehr geben.


Detailhandel bei Coop:

In diesem Tieflohnbereich braucht es eine reale Lohnerhöhung, die der gesteigerten Produktivität und den gestiegenen Lebenskosten der Arbeitenden gerecht wird. Konkret fordert die Unia eine Erhöhung um 100 Franken aller effektiven Löhne.


Gastgewerbe:

Hier verlangt die Unia im Rahmen der anstehenden Erneuerung des Landes-Gesamtarbeitsvertrages (L-GAV) die Einführung von erfahrungsbezogenen Mindestlohnkategorien und eine substantielle Entwicklung der Mindestlöhne.


Bauhauptgewerbe:

Hier fordert die Unia im Landesmantelvertrag (LMV) den garantierten Teuerungsausgleich gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) sowie dem Krankenversicherungsprämien-Index (KVPI). Auf dem Bau besteht Nachholbedarf bei den Löhnen und bei den Spesen. Und die Bauarbeiter sollen mit mindestens +1 Prozent zusätzlich an der guten Baukonjunktur beteiligt werden.


Ausbaugewerbe:

Dank Renovationen und energetischen Sanierungen sind die Auftragsbücher bereits heute voll. Und dank tiefen Zinsen wird auch der Wohnungsbau wieder an Fahrt gewinnen. Die Arbeitgeber suchen händeringend Fach- und Arbeitskräfte. Und viele Lehrstellen bleiben unbesetzt. Die Folge: Durch Stress bedingte Krankheiten und Unfälle werden häufiger. Die gewerblichen Branchen müssen attraktiver werden. Es braucht eine echte Aufwertung der Effektiv- und Mindestlöhne; auch, weil in vielen Branchen die Teuerung der letzten Jahre nicht oder nur teilweise ausgeglichen wurde. Die Unia fordert für die Branchen des Ausbaugewerbes generell 2 bis 2,5 Prozent mehr Lohn, und zwar bei den effektiven Löhnen und bei den Mindestlöhnen.


Sicherheitsbranche:

Hier fordert die Unia im Rahmen der aktuellen Erneuerung des Gesamtarbeitsvertrags einen Umbau des Lohnsystems in Richtung Angleichung der Mindeststundenlöhne an die Monatslöhne.


Reinigungsgewerbe D-CH:

Hier sind die Verhandlungen bereits abgeschlossen: Die Mindestlöhne steigen auf den 1. Januar 2026 generell um 3 Prozent, jene für Mitarbeitende, die den GAV-Lehrgang absolviert haben, um 5,4 Prozent.

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