Schauspielunion: Noch bis am 31. Juli zuschlagen!
So kommen Gewerkschaftsmitglieder zum Spottpreis ins Theater

Mit der MemberCard der Schauspielunion winken Gewerkschaftsmitgliedern fette Rabatte auf Karten des Schauspielhauses Zürich und des Theater Winterthur. Das Angebot hat seinen Ursprung in der Verfolgung der antifaschistischen Theater-Szene im Zweiten Weltkrieg – und in der Solidarität der Zürcher Arbeiterbewegung.

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VORHANG AUF! Das 1892 eröffnete Pfauen-Theater gehört zu den renommiertesten Bühnen Europas. Foto: Juliet Haller.

Mögen Sie Theater? Aber nicht so sehr die teils happigen Eintrittspreise? Dann haben Sie jetzt noch genau zwei Tage Zeit, um von einem einmaligen Angebot zu profitieren. Als Mitglied einer Gewerkschaft des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (Unia, Vpod, etc.) oder einer Zürcher Wohnbaugenossenschaft können Sie noch bis am 31. Juli für 15 Franken die MemberCard der Zürcher Schauspielunion beziehen. Mit dieser Karte kommen Sie und eine Begleitperson in den Genuss von stark vergünstigter Theaterkultur. Nämlich:

  • 2 bis 4mal monatlich 50 Prozent Rabatt auf bestimmte Vorstellungen auf den Bühnen des Schauspielhauses Zürich (Pfauen, Schiffbau).
  • 10 Prozent Rabatt auf die übrigen Aufführungen im Schauspielhaus sowie im Theater Winterthur.
  • Die Ermässigungen gelten auch für Ihre Begleitperson.

Bestenfalls gelangt man so für ein Zehnernötli ins renommierteste Theater der Schweiz. Oder man ergattert sich einen Platz in der ersten Reihe für 60 statt 120 Franken.

«Kultur ist zu oft elitär»

Laura Serra (33) ist seit einem Jahr die neue Geschäftsführerin der Schauspielunion. Über die MemberCard sagt sie: «Billiger kommt man nicht ins Theater!» Das Ziel ihrer Union sei dabei so einfach wie klar: «Kultur ist oft sehr elitär, da gilt es dagegenzuhalten. Denn Theater kann alle Leute abholen und soll deshalb möglichst niederschwellig zugänglich sein.»

WILL NOCH MEHR. Geschäftsführerin Laura Serra. Foto: Lea Reutimann.


In den letzten Jahren habe die Schauspielunion Zulauf verzeichnet. Aktuell zähle sie rund 700 Member. «Doch da liegt noch viel mehr drin!» ist Serra überzeugt. Daher will sie das Angebot jetzt unter den Gewerkschaften und Genossenschaften noch bekannter machen.
Aber warum kommen eigentlich nur Genossenschafter oder Gewerkschafterinnen in den Genuss? Das liegt an der einmaligen DNA der Schauspielunion.

Ursprung im Zweiten Weltkrieg

Zürich sei eine Theaterstadt und das Schauspielhaus «heute wie damals eine der wichtigsten Bühnen Europas». So präsentiert sich das Schauspielhaus selbst auf seiner Homepage. Wobei es mit «damals» wohl bewusst vage bleibt. Denn bis 1933 fand das Schauspielhaus international kaum Beachtung. Das änderte sich just mit der Machtübernahme der Nazis in Deutschland: Unzählige Schauspielerinnen und Regisseure – Juden oder Antifaschistinnen – mussten fliehen. Viele von ihnen wählten Zürich als Exil. Aber nicht primär wegen des Schauspielhauses, wie Peter Berger, Präsident der Schauspielunion, erklärt: «Die Theaterleute kamen nach Zürich, weil es dort eine starke Arbeiterbewegung gab!» Diese habe den verfolgten und nun weitgehend arbeitslosen Schauspielern geholfen, ihre Existenz zu sichern. «Viele Künstler kamen bei Arbeiterfamilien unter, besonders bei Kommunisten.» Die Zürcher Büezerfamilien hätten zwar selbst kaum genug zum Essen gehabt, doch mit einem Rotationssystem hätten sie sich zu helfen gewusst: «Die Künstler wurden abwechslungsweise von Familie zu Familie weitergegeben.» So habe man sich die Mitesser «leisten» können. Neben Verpflegung gewährten die Zürcher Büezerfamilien auch Unterschlupf. So habe sogar manche Ausweisung verhindert werden können, so Berger.

Zum Ärger des Dritten Reichs

Nach und nach fanden deutsche Theaterleute Arbeit im Schauspielhaus. Der jüdische Flüchtling Kurt Hirschfeld war einer der ersten von ihnen. Als Dramaturg engagierte er viele weitere Emigranten und formte mit ihnen bald ein legendäres Ensemble, das etwa Bertold Brechts «Mutter Courage und ihre Kinder» uraufführte. Unterstrichen wurde dieser Kurs 1938 mit der Wahl des linken Verlegers und Buchhändlers Emil Oprecht zum Verwaltungsratspräsidenten des Schauspielhauses. Sein Bruder war der Vpod-Gewerkschafter und SP-Nationalrat Hans Oprecht. Emil Oprecht unterhielt in der Stadt Zürich auch eine Anlaufstelle für Emigrantinnen und Geflüchtete. Wovon das zuvor kriselnde Schauspielhaus abermals profitierte. Nun wurde es zur einzigen freien Bühne im deutschsprachigen Raum.
Doch die Zuschauerzahlen liessen zu wünschen übrig. Rechtskonservative Bürgersleute rümpften die Nase. Und in der Arbeiterschaft konnten sich viele keinen Theaterbesuch leisten. Um beide Herausforderungen – Sicherung des Hauses und Verallgemeinerung des Kulturgenusses – zu meistern, gründeten Engagierte aus Theaterszene und Arbeiterbewegung 1939 die Schauspielunion. Mit nachhaltigem Erfolg, wie Präsident Peter Berger betont: «Das Schau­­spiel­­haus als anti­faschis­tische Wirkungs­stätte blieb gesichert, sehr zum Ärger der Kultur­behörden des Dritten Reiches sowie nazi­freund­licher oder anpas­serischer Kreise in der Schweiz.»

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