1x1 der Wirtschaft
Das Volk sagte Nein, die Löhne sind trotzdem gestiegen

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Die Mindestlohnkampagnen gehören zu den grössten Erfolgen der Unia in ihrem 20jährigen Bestehen. Kein Lohn unter 4000 Franken: So lautete die Losung, mit der die Unia und andere SGB-Gewerkschaften ab 2010 gegen Armutslöhne antraten. Die Forderung war nur in Teilen neu: Ende der 1990er Jahre forderten die ­Vorgängergewerkschaften der Unia keinen Lohn unter 3000 Franken.

Die ­damalige, erste Kampagne war in mehrerlei Hinsicht erfolgreich. Man konnte nicht nur Tieflöhne erfolgreich bekämpfen und nach langer Zeit ­wieder bedeutende Lohnfortschritte erzielen. Die Kampagnen haben auch geholfen, den Weg zur neuen, stärkeren Unia weiter zu ebnen.

Lohnfortschritte

Neu an der zweiten Kampagne war die Volksinitiative für einen nationalen Mindestlohn von 4000 Franken. Die Initiative scheiterte zwar an der Urne krachend. Wirkungslos war sie aber nicht. Dank der Initiative setzten sich in der Öffentlichkeit die 4000 Franken als Grenze für einen gerade noch anständigen Lohn durch. Im Windschatten der Initiative konnten die Arbeitnehmenden gemeinsam mit der Unia höhere Löhne in Gesamt­arbeitsverträgen (GAV) durchsetzen. Im Gastgewerbe konnte man endlich einen 13. Monatslohn einführen. In der Reinigung und im Detailhandel stiegen die tiefen Löhne zwischen 2010 und 2016 um rund 10 Prozent. Auch im Baugewerbe konnte man viele Löhne über die 4000er-Schwelle ­heben. Und im GAV der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie legte man zum ersten Mal in der Geschichte ­einen Mindestlohn fest.

Nicht ausruhen

Der Erfolg kann sich sehen lassen. Dank der Kampagne sind die tiefen Löhne in der Schweiz zwischen 2010 und 2016 stärker gestiegen als die mittleren und hohen Löhne (vgl. Grafik). Wie in der ersten Kampagne konnte man die Verbreitung von Tieflöhnen zurückdrängen. Leider können sich die Arbeitnehmenden und ihre Gewerkschaften nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Seit dem Ende der letzten Kampagne war die Lohnentwicklung enttäuschend. Zu viele Beschäftigte arbeiten noch heute für zu tiefe Löhne. Die SGB-Gewerkschaften ­haben sich deshalb ein neues Ziel gesteckt: Niemand soll weniger als 5000 Franken mit Lehre und weniger als 4500 Franken ohne Lehre ­verdienen. Es ist an der Zeit, erneut Geschichte zu schreiben.

David Gallusser ist Ökonom beim ­Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).

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