1945 brachte der erste GAV in der Basler Chemie-Industrie die 48-Stunden-Woche und ­garantierte Mindestlöhne. Heute gilt für ­Produktionsmitarbeitende von ­Novartis, Roche & Co. dank dem GAV die 40-Stunden-Woche.

PEKO-PRÄSIDENTIN: Romina Leucci vor den Roche-Türmen in Basel. (Foto: Stefan Bohrer)

Romina Leucci (31) arbeitet als Chemietechnologin für den Pharmariesen Roche (work berichtete). Als Präsidentin der Personalkommission ist sie mit dem GAV der Basler Chemie-Industrie vertraut. Sie sagt: «Die Schweiz ist eines der Länder mit den längsten Arbeitszeiten, da finde ich es sehr wichtig, dass wir in diesem GAV die 40-Stunden-Woche drinhaben.» Auch Schicht- und Wochenendzulagen sowie den Kündigungsschutz sieht sie als Errungenschaften.

Veraltet und doch wichtig

Der Vertrag, der auf den historischen GAV aus dem Jahr 1945 zurückgeht, wurde letztmals im Jahr 2012 erneuert. Leucci sagt: «Manche Dinge im Vertrag sind veraltet, insbesondere auch fehlende Regelungen zu Teilzeitarbeit. Aber eine Neuverhandlung ist eine heikle Sache.»

Massive Teuerung

Die Arbeit in den Basler Chemiefabriken Anfang der 1940er Jahre war schlecht bezahlt und oft gesundheitsschädigend. Trotz miesen Arbeitsbedingungen und durch den Krieg bedingten Versorgungsproblemen erhöhte sich der Personalbestand der Branche in Basel von 6500 im Jahr 1943 auf über 8000 zum Ende des Krieges. Durch die massive Teuerung (50 Prozent innert vier Jahren) fand auch eine starke Politisierung der Arbeiterschaft statt. Unter der Losung «Mehr Lohn, mehr Recht und Freiheit im Betrieb» begann im Oktober 1941 die Basler Sektion des Schweizer Textil- und Fabrikarbeiterverbandes (STFV / Vorgängerorganisation der Unia) mit der Organisation und Mobilisierung der Arbeiterinnen und Arbeiter der Chemiebetriebe. Das Ziel: die Durchsetzung eines Gesamarbeitsvertrags (GAV).

Arbeitsfrieden dank GAV

Trotz anfänglichen Widerständen des Verbandes Basler Chemischer Industrieller (VBCHL) – man wollte nicht mit der «roten Gewerkschaft» verhandeln – war es im Jahr 1945 so weit. Der GAV begrenzte die wöchentliche Arbeitszeit auf 48 Stunden und legte für Betriebsarbeiter einen Mindestlohn von 1.49 Franken pro Stunde fest. Auch die Schichtzulagen, Überzeit, Ferien und die Kündigungsfristen waren erstmals geregelt. Der GAV brachte Tausenden Arbeiterinnen und Arbeitern nicht nur materielle Verbesserungen, sondern auch Anerkennung für ihre harte Arbeit.

Buchtipp: Vom Fluss des Wassers zum Fluss des Geldes, eine widerständige Kartografie der Pharmaindustrie. Edition 8, 336 Seiten, 30 Franken.

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