Goldener Hase für «EMpower»
Feministisches Fan-Shirt zur Frauen-EM gewinnt Designpreis

Was für ein Sommer. Was für eine Erfolgsgeschichte. Das lilafarbig-giftgrüne Fussballtrikot «EMpower» der Zürcher Designerinnen Naomi Eggli und Dagna Salwa hat den renommierten Designpreis des Magazins «Hochparterre» gewonnen: den «Hasen in Gold».

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AUCH IN DER UNIA BELIEBT: Geschäftsleitungsmitglied Bruna Campanello, Grazia Prezioso, Präsidentin der Unia-Frauen und Unia-Präsidentin Vania Alleva (v.l). (Montage: work)

Am Anfang stand nicht Europhorie, sondern Zorn. Designerin Naomi Eggli erzählt im «Hochparterre»-Interview: «Das Projekt entstand Anfang 2025 aus Frust über die politische Situation: die Wiederwahl gewisser Politiker, die wachsende Femizidrate.» Als Gestalterin habe sie sich zeitweise hilflos gefühlt, sagt sie. Als würde man mit Design bloss an der Oberfläche polieren. Doch Aufgeben kam nicht in Frage. Denn: «Gleichzeitig sind Dagna und ich nun mal Gestalterinnen, Design ist unsere Methode.»

Schon im Juni sagte Eggli im work: «Wir sehen Design als Mittel, um gesellschaftliche Veränderungen voranzubringen.» Diese Haltung wurde mit dem EM-Trikot konkret. Wer das Shirt trägt, trägt klare Botschaften in die Welt: «Gegen Diskriminierung!», «Gegen Gewalt!», «Für Gleichstellung!». Optisch war das Trikot kaum zu übersehen: Längsstreifen in Lila und Giftgrün, aufgesetzter Kragen, hinten die 25 für den Fussballsommer 2025. Die Farben sind bewusst gewählt: Lila für die feministische Perspektive, das sogenannte Brat-Grün für den Rasen, auf dem gespielt und gekämpft wird.

INITIATORINNEN DES EM-POWER-TRIKOTS: Dana Salwa (l.) und Naomi Eggli. (Foto: zvg)

Überrollt

Der Erfolg überraschte selbst die Macherinnen. Geplant waren 100 bis 200 Exemplare. Am Ende wurden rund 2000 Trikots verkauft. Der Erlös: 72'000 Franken. Dieses Geld ging vollumfänglich an vier Organisationen: Amnesty International (für ein Bildungsprojekt gegen geschlechtsspezifische Gewalt in Westafrika), Brava (feministische NGO gegen Gewalt an Frauen), Inaya (Unterstützung für geflüchtete Frauen und queere Menschen im Alltag) und die Plattform «Fussball kann mehr», die den Frauenfussball in der Schweiz stärkt. Das Trikot selbst wurde fair und aus rezyklierten Materialien in Polen hergestellt.

Das Netzwerk

Hinter dem Projekt stand ein ganzes Netzwerk. Dagna Salwa sagt dazu im «Hochparterre»-Interview: «Das bekannte und frauengeführte Fashion-Label Ensoie haben wir für die Zusammenarbeit angefragt, um das Trikot auch im Modebereich zu positionieren. Zeitweise nahmen wir ihren gesamten Lagerkeller in Beschlag und beanspruchten ihr ganzes Team. Es war eine extrem schöne und unkomplizierte Zusammenarbeit, auch mit der Gewerkschaft Unia, die uns unterstützt hat.»

Der Stadion-Moment

Und dann war da noch dieser eine Moment im Stadion. Eggli erzählt davon im Interview: Mit der ganzen Ateliergemeinschaft reisten sie nach Genf zum Spiel der Schweizerinnen – «natürlich alle im Trikot». Es war das Spiel, in dem Riola Xhemaili in der zweiten Minute der Nachspielzeit den Ausgleich gegen Finnland erzielte. «Die Stimmung im Stadion war einmalig.»

Haltung zeigen

Auch die Jury zeigt sich beeindruckt. Das Trikot bringe «Themen wie Popkultur, Mode und Fussball mit feministischen Anliegen wie Gleichstellung, Kampf gegen Gewalt und Sexismus zusammen». Die Farben hätten «eine grosse Symbolkraft, die ein breites Publikum erreicht». Und schliesslich das vielleicht wichtigste Verdikt:

Das Projekt beweist, wie Design als Werkzeug der Kommunikation funktionieren kann.

Oder anders gesagt: Das Shirt schuf Gemeinschaft. Im Stadion, auf der Strasse, am feministischen Streik. Wer es trug, erkannte Gleichgesinnte und zeigte Haltung, notfalls auch ohne ein Wort zu sagen.

Historisch

Bleibt die Frage nach der Fortsetzung. Wird es eine Neuauflage geben? Eher nicht. «Für uns ist das Projekt fest mit diesem besonderen Sommer verbunden», sagen Eggli und Salwa. Historische Tore sind ja auch deshalb historisch, weil sie einmalig bleiben.

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