Sie haben sich im 2025 ihr Geld zurückgeholt
Erfolgreicher Kampf gegen Rüpel-Chefs und Abzocker-Buden

Weil sie schwanger wurde, warf ihr Chef sie aus Job und Wohnung und drohte mit Gewalt. Doch Verkäuferin Erma Braho (37) fand zur Unia – und steht heute wieder mit beiden Beinen im Leben. work zeigt, wie Braho und weitere Büezerinnen und Büezer sich erfolgreich zur Wehr gesetzt haben.

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HAPPY MAMA: Erma Braho hat sich mit der Unia gegen ihren ehemaligen Rüpel-Chef gewehrt – mit Erfolg. (Foto: Thierry Porchet)

Eine solche Stange Geld hatte Erma Braho (37) zuvor noch nie gesehen: 16'700 Franken! Doch jetzt liegt sie da. Überwiesen vom Betreibungsamt der Gemeinde Diepoldsau im St. Galler Rheintal. «Ich staunte nicht schlecht», sagt Braho. Keine fünf Monate seien vergangen von der Verfahrenseröffnung bis zum Zahltag. «Auf die Schweizer Behörden ist eben noch Verlass», findet die gebürtige Spanierin. Sie ist überzeugt, dass bald auch die letzte Tranche ihres unterschlagenen Lohnes über-wiesen wird. Total rund 20'000 Franken sind das laut Berechnungen der Unia.

Weit weniger begeistert von den Behörden dürfte Brahos Ex-Chef sein: Roger Rohner (57), selbständiger Marktfahrer und Spross der bekannten Ostschweizer Magenbrot-Dynastie Rohner. Weil er die Zahlungsaufforderungen von Braho beharrlich ignoriert oder ihr bloss Kleinbeträge twintet, hat das Betreibungsamt mit dem Pfänden begonnen. Und weil er dem Pöstler die Gerichtsakten für den kommenden Prozess mit Braho nicht abnehmen wollte, bekam er Besuch von der Polizei. Selbst seine Frau scheint langsam zu verzweifeln. Jedenfalls hat sie dafür gesorgt, dass die Pump-Action-Schrotflinte ihres Gatten jetzt auf dem Polizeiposten lagert. An diese Waffe mag sich Braho gut erinnern: «Manchmal lag sie gut sichtbar in seinem Haus herum.» Bedrohlich habe das gewirkt, besonders seit diesem einen Wochenende, als die Eskalation begann.

Beleidigt, weil sie schwanger war

Erma Braho fährt wie gewohnt nach Diepoldsau zur Arbeit. Dort hat sie Ende 2024, noch ganz frisch in der Schweiz, einen Job gefunden: Magenbrotverkäuferin in einem 80-Prozent-Pensum zu brutto 3200 Franken. «Das passte für mich, und am Anfang lief alles tipptopp», sagt Braho. Doch dann kam dieses eine Wochenende. Rohner habe ihr eröffnet, sie könne gerade nicht mehr für ihn arbeiten, denn er habe ihre Sozialversicherungsbeiträge nicht einbezahlt. «Ich war völlig baff», sagt Braho. Nicht nur, weil Rohner offen gestanden habe, seine Arbeitgeberpflichten zu verletzen. Sondern vor allem, weil sie künftig noch dringender auf den Lohn angewiesen sein wird.

Braho ist nämlich schwanger! Das sagt sie in diesem Moment auch ihrem Chef. Doch statt zu gratulieren, schmollt dieser. «Zuerst hat er mir einfach die kalte Schulter gezeigt», erzählt Braho. Dann habe er mit Beleidigungen angefangen. Entsprechende Whatsapp-Nachrichten liegen work vor. Rohner textet:

Du bist einfach ein Schmetterling, der auch irgendwann nicht mehr da ist.

Dann nennt er seine Angestellte «blöde Kuh», fabuliert von einer «Beziehung» und behauptet, er würde sie «lieben». Dann: «Willst du mir sagen, dass du keine Nutte bist?» Auch Drohungen sind dabei: «Sei froh, dass ich dich nicht sofort ausreisen lasse!» Mündlich habe er sogar mit Gewalt gedroht, sagt Braho. Schliesslich ein SMS: «Du bist fristlos gekündigt.»

Braho sagt: «Wehrt Euch!» 

Tatsächlich wirft Rohner die werdende Mutter einfach raus. Und zwar nicht nur aus seiner Firma, sondern auch aus ihrem Zimmer. Braho ist von ihrem Chef nämlich doppelt abhängig: als Angestellte und als Mie-terin – und das erst noch in seinem Privathaus! Völlig mittellos landet sie auf der Strasse. «Ich hatte Angst und wusste nicht, wohin und wie weiter», sagt Braho. Und: Bei Rohner liegen noch all ihre Habseligkeiten. Doch dem zunehmend wirren Ex-Chef mit dem Gewehr zu Hause will sie nicht mehr begegnen. Eine Freundin nimmt sie auf – und bringt sie zur Unia nach St. Gallen. Es ist der Beginn einer Befreiung. Die Sozialhilfe springt ein. Und die Gewerkschaft gleist das Verfahren auf, das ihr jetzt den Zahltag beschert hat. Das Geld kann Braho gut brauchen. Denn vor drei Monaten ist sie Mutter geworden! «Ich bin überglücklich, dass es der kleinen Sofia gut geht.»

Und ihr selbst? «Ich muss immer noch viel verarbeiten, aber insgesamt viel besser als noch im Rheintal», sagt die Neo-Walliserin, die schon das halbe Dorf zu kennen scheint. In der Cafeteria wird sie jedenfalls fleissig begrüsst. Und auch beruflich geht’s aufwärts: Braho hat eine Stelle als Übersetzerin in Aussicht. Kein Wunder: Sie spricht sieben Sprachen fliessend! Also Ende gut, alles gut? Nein, sagt Braho. Denn viele Migrantinnen erlebten Ähn-liches wie sie. An sie und überhaupt an alle Lohnabhängigen hat Braho drei zentrale Botschaften:

Bleibt nicht, wo man euch schlecht behandelt!

Habt den Mut, Nein zu sagen!

Es gibt überall auch Leute, die euch helfen!


Historisches UrteilGeldregen für vier Fassadenbauer!

HIER GESCHAH ES: Neubau des Laborgebäudes des Unispitals in Genf. (Foto: PD / Montage: work)

Elf Jahre hat es gedauert. Nun endlich die Erleichterung! Zumindest für vier von zwölf Exarbeitern von Blato, einem polnischen Subunternehmen im Baugewerbe. Die vier hatten den Mumm, mit Hilfe der Unia ihren Arbeitgeber zu verklagen – und haben jetzt recht und viel Geld bekommen: je 25'000 Franken ausstehenden Lohn.

Gezahlt hat aber nicht Blato, sondern der deutsche Fassaden-Gigant Lindner. Er hatte Blato 2014 als Subunternehmen angeheuert und auf eine Baustelle des Genfer Unispitals beordert. Dort stellte die Unia fest, dass Blato nur 8 Franken Lohn zahlte und die Arbeiter in lottrigen Hütten in Frankreich einquartierte. Damit nicht genug. Nach der Kontrolle wurden die Gebeutelten gewaltsam nach Deutschland verfrachtet und gezwungen, gefälschte Lohnabrechnungen zu unterschreiben. Doch vier Büezer und ihre Unia-Anwälte machten weiter Dampf.

Drei Jahre später anerkannte das Genfer Arbeitsgericht alle ihre Forderungen. Und bestätigte, dass Lindner die Sorgfaltspflicht verletzt hatte. Trotzdem könne man den Konzern nicht belangen, zuerst müsse Blato angegangen werden. Dies, obwohl bei dieser Bude keinerlei Verantwortliche mehr auffindbar waren und auch auf Vorladungen nicht reagierten. 2023 gelang aber die Zwangslöschung der Phantomfirma. Dann eine neue Klage gegen Lindner – und endlich: Zahltag!

Allerdings bleibt ein bitterer Beigeschmack. Denn erstens ist es der einzige bekannte Fall seit Einführung der Bau-Solidarhaftung 2012, der bis zum Ende durchgezogen wurde und zu einer Entschädigungszahlung geführt hat. Und zweitens besagt das Schweizer Entsendegesetz, dass nur der Nettolohn nachgezahlt werden muss, nicht aber die Sozialabgaben. Das immerhin könnte sich bald ändern. Denn im Rahmen der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU (Bilaterale III) haben die Gewerkschaften innenpolitische Ausgleichsmassnahmen zum Lohnschutz gefordert. Vierzehn solche Massnahmen hat der Bundesrat vorgelegt. Darunter die Ausweitung der Solidarhaftung: Erstunternehmer sollen künftig auch für Konven­tionalstrafen und Kontrollkosten ihrer Subunternehmen haften. Für die Gewerkschaften sind die Massnahmen das absolute Minimum, ohne das sie die Bilateralen III ablehnen würden. (jok)


Dubiose Firma wollte ihn um 20'000 Franken prellenMetallbauer Szabo ist happy – aber kritisiert die Schweiz

LIESS SICH NICHT ABSPEISEN: Metallbauer Viktor Szabo. (Foto: Stephan Bösch)

Es geschah beim Hausbau von Ex-FCZ-Star Blerim Džemaili: Die Generalunter­nehmerin Immobasis aus Schlieren ZH heuert die AMA Baumanagement AG an, eine dubiose Metallbaufirma aus Romanshorn TG. In drei Jahren hat sie viermal den Eigentümer, zweimal den Zweck und einmal den Kanton ge­wechselt. Und auf dem Anti-Dumping-Firmenregister ISAB gibt sie an, null Mitarbeiter zu haben.

Metallbauer Viktor Szabo (40) kommt jedenfalls zum Einsatz, beim Džemaili-Bau in Kilchberg am Zürichsee. Doch Lohn sieht der Ungar dafür nicht. «Es kamen immer neue Chefs, und jeder vertröstete uns auf später.» Szabo nimmt Schulden auf, verkauft Sachen, muss sogar aufs Sozialamt. Das widerstrebt ihm, er meldet sich bei der Unia. Und die fackelt nicht lange, sondern reicht Kla­­ge ein. Der AMA-Chef flüchtet sich in den Konkurs. Trotzdem kommt der ­Geprellte zu seinem Geld: 20 440 Franken! Ausbezahlt als Insolvenzentschädigung von der kantonalen Arbeits­losenkasse.

Szabo ist happy: «Allein hätte ich das nie geschafft!» Kein Verständnis hat er allerdings dafür, dass sein Chef, dessen Auftraggeber wie auch der Endkunde allesamt ungeschoren davonkamen, während die Öffentlichkeit auf den Kosten sitzenbleibt. Für den Büezer ist klar: «Die Schweiz braucht dringend mehr Lohnschutz und härtere Strafen!» (jok)


Sozialplan-Angebot der Firma war lausig2,2 Millionen dank starken Verhandlungen

ERFOLGREICH: Unia-Mitglied Thomas Würgler. (Foto: Matthias Luggen)

So nicht, sagten die Arbeiter und Arbeiterinnen von Faul­haber in La Chaux-de-Fonds NE. Gemeinsam erkämpften sie ­einen Sozialplan, der diesen ­Namen verdient.

Ende 2024 teilten die Chefs der Industriefirma den Mitarbeitenden in La Chaux-de-Fonds die Schliessung ihres Standorts mit: Die Produktion von Mikromotoren werde nach Ungarn verlagert. Der Sozialplan, mit dem die Firma die Folgen des Kahlschlags abfedern wollte, war mickrig. Für einige Mitarbeitende hätte es nur 900 Franken Entschädigung gegeben.

Dagegen wehrten sich Unia-Mitglied Thomas Würgler und seine Kolleginnen und Kollegen. Zusammen mit der Unia erkämpften sie 0,7 Monatslöhne Entschädigung pro Dienstjahr. Das war ungefähr zehnmal so viel wie im ersten Vorschlag der Firma! Der de­finitive Sozialplan umfasste Leistungen von insgesamt 2,2 Millionen Franken – im Schnitt mehr als 30'000 Franken pro Person. (che)


Laborant lässt sich nicht unterkriegen1000 Franken und ein wegweisendes Urteil

NICHT BESTECHLICH: Laborant Domenik Seiwald. (Foto: Jakob Ineichen)

Ein Hackerangriff legte die Siegfried AG lahm. Die Pharmafirma wollte, dass die Mitarbeitenden die Arbeitszeit nach­holen. Doch Laborant Domenik Seiwald sah dies anders und ging vor Gericht.

Noch während des Stillstands teilte die Siegfried-Leitung den Mitarbeitenden mit: Die ausgefallenen Arbeitsstunden müssten nachgeholt werden. Domenik Seiwald war ­anderer Meinung und das Aargauer Obergericht auch: Ein ­Cyberangriff fällt unter das Betriebsrisiko des Arbeitgebers.

Das Gericht verpflichtete die Siegfried AG, Seiwald die abgezogenen Stunden gutzuschreiben. Es ist das erste Urteil in der Schweiz zu den Pflichten des Arbeitgebers bei einer Cyber­attacke.

Da Domenik Seiwald nicht mehr bei der Siegfried arbeitete, hat ihm die Firma die Stunden ausbezahlt – rund 1000 Franken. Bemerkenswert: In der Schlichtung vor dem Prozess hat ihm Siegfried ein noch höheres Angebot gemacht – und der Chemielaborant hat es ausgeschlagen. (che)


Firma hat geflüchtete Ukrainer ausgebeutetDieser Schreiner liess sich nicht betrügen

WAR LEIDER KEIN EINZELFALL: Stefan Vovchanski. (Foto: Michael Schoch)

Stefan Vovchanski ist erst vor wenigen Jahren aus seiner Heimat Ukraine in die Schweiz ­geflüchtet. Bei seiner ersten ­Arbeitsstelle als Schreiner versuchte ihn sein Chef um Tausende Franken zu betrügen. 

Was Stefan Vovchanski auf dem Schweizer Arbeitsmarkt erlebt hat, ist leider kein Ein­zelfall. Vor wenigen Jahren ist er mit seiner Familie aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet. In seiner Heimat arbeitete er bereits als Handwerker in diversen Bautätigkeiten. Die Jobsuche war schwierig, doch schliesslich fand er eine Stelle als Schreiner bei einer Bude in Zürich. Zuerst war er erfreut dar­über, in seinem Team mit weiteren Ukrainern zu arbeiten. Bis er den Grund dafür zu spüren bekam: Der Chef nutzte die frisch eingewanderten Büezer aus und bezahlte nicht die Löhne, die ihnen zustanden.

So wehrte sich Vovchanski – an seiner Seite die Gewerkschaft Unia. Über 11'000 Franken erkämpfte er sich, seine Ent­schädigung ist vor wenigen Wochen auf dem Konto einge­troffen. (dak)


Führungs-Trio macht Traditionsfirma kaputtHilfe für Küchenbauer in der Not

GEGEN LOHNKLAU: Forster-Mitarbeitende legen die Arbeit nieder. (Foto: Unia)

Im April geriet der Arboner Küchenhersteller Forster in Schieflage. Wochenlang warteten die 135 Angestellten auf ihre Löhne. Sie mandatierten die Unia mit der Vertretung ihrer Interessen – und legten zwischenzeitlich die Arbeit nieder. Aus Protest gegen das damalige Führungstrio, das mit dubiosen ­Finanzpartnern kutschiert, die Belegschaft immer wieder vertröstet und das Traditionsunternehmen an den Rand des Abgrunds gewirtschaftet hatte.

Mit Hilfe der Gewerkschaft leiteten Betroffene, denen das Geld mittlerweile ausgegangen war, Betreibungen ein. Es folgte die provisorische Nachlassstundung. Und wieder sprang die Unia ein und half rund 60 Mitgliedern mit dem Papierkram für die Insolvenzentschädigung. Herausgeschaut haben dabei brutto 664'500 Franken. Im Anschluss übernahm der einstige Minderheitsaktionär und Immo-Unternehmer Giovanni Cerfeda die angeschlagene Firma. Wie von der Unia gefordert, musste die alte Geschäftsleitung gehen. ­Allerdings auch 35 Mitarbeitende. (jok)

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