Streik bei Starbucks
Kein Barista, kein Caffè latte 

Der CEO von Starbucks verdient 6666 Mal mehr als ein Barista. Doch es gibt noch andere Gründe für den Streik der Starbucks-Mitarbeitenden in den USA. Bei den Schweizer Baristas ist Streik dagegen kein Thema – noch nicht.

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BARISTAS LEGEN IHRE ARBEIT NIEDER: Streik der Starbucks-Büezerinnen und Büezer in Seattle. (Foto: Keystone)

Der US-Gewerkschaftsverband AFL-CIO untersucht in einem aktuellen Bericht die Lohnungleichheit zwischen CEOs und Mitarbeitenden bei US-Konzernen. Mit einem Jahresgehalt von fast 100 Millionen US-Dollar steht Starbucks-Chef Brian Niccol (51) besonders weit im Abzocker-Abseits. Ein Barista in einem der etwa 17'000 Starbucks-Cafés der USA verdient weniger als 15'000 US-Dollar im Jahr. Für dieses Jahresgehalt müsste Niccol nicht einmal 20 Minuten arbeiten. Nur beim Kleiderkonzern Abercrombie & Fitch ist die firmeninterne Lohnschere noch extremer als bei Starbucks.  

UNANSTÄNDIG HOHER LOHN: Starbucks-CEO Brian Niccol. (Foto: pd)

Streik in 25 Städten

Doch nicht nur diese Ungerechtigkeit bringt immer mehr Baristas in den USA dazu, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Die neue Konzernstrategie «Back to Starbucks» zur Steigerung des Gewinns führt zu Unterbesetzung, Stress, Filialschliessungen und Entlassungen. Mit einem Streik in 25 Städten der USA fordern die Baristas jetzt bessere Bezahlung, mehr Personal und familienfreundlichere Arbeitszeiten – heute ist Tag 15 des Streiks in den USA. Starbucks soll ausserdem Verantwortung für die zahlreichen Fälle von «Union-Busting» übernehmen und die Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit der Mitarbeitenden respektieren.

Ein Bericht der NGO Cictar zeigt, dass Starbucks seinen gesamten konzerninternen Handel mit Kaffeebohnen über sein Lausanner Handelsbüro «Starbucks Coffee Trading Company Sàrl» (SCTC) abwickelt. Von 2011 bis 2024 verbuchte der Konzern dort insgesamt 1,3 Milliarden Dollar Gewinne – insbesondere dank hohen Margen aus dem internen Bohnenhandel in der Höhe von bis zu 18 Prozent und dem internationalen Tiefsteuersatz von höchstens 14 Prozent. 

Weil Starbucks dieses sogenannte Swiss Scheme weiterhin anwendet, protestierten Alliance Sud, Public Eye und Public Services International im Frühjahr 2025 gemeinsam vor dem Lausanner Handelsbüro. Die Kaffeeproduzenten leiden aber nicht nur finanziell: «Reporter Brasil» enthüllte vor eineinhalb Jahren, dass auf brasilianischen Plantagen, die von einem Starbucks-Nachhaltigkeitsprogramm zertifiziert werden, illegale Sklaven- und Kinderarbeit stattfindet. 

Nachdem die Gewerkschaft «Starbucks Workers United» über ein Jahr lang erfolglos mit Starbucks verhandelt hatte, stimmten 92 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Starbucks-Mitarbeitenden für diesen Streik, der letzte Woche begonnen hat.

Verarmung durch Tieflöhne

Rami Saied arbeitet seit zwei Jahren bei Starbucks in New York. In einem Videointerview sagt er:

Es gibt in New York und im ganzen Land eine Lohnkrise, weshalb das Geld nicht mehr zum Leben reicht. Die Menschen verdienen nicht mehr genug, und Trump hatte versprochen, das zu ändern und die Lebensstandards zu verbessern – das ist einer der Gründe, warum er die Wahl gewonnen hat. Doch gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne wird es unter Trump keine geben. Stattdessen müssen wir die Gewerkschaften und die Linke stärken.

IM STREIK: Rami Saied gibt ein Interview auf Instagram. (Foto: Screenshot)

Das sagen Starbucks-Baristas in der Schweiz

Auch in der Schweiz hat Starbucks zuletzt zwei Filialen in Basel und Zürich geschlossen, und in den 55 verbleibenden Filialen ist der Arbeitsalltag oft stressig und schlecht bezahlt. Ein ehemaliger Barista aus Lausanne sagt zu work:

Wir waren systematisch unterbesetzt und mussten alle möglichen Arbeiten im Betrieb übernehmen. Das Trinkgeld wurde vom Chef nur an seine Lieblingsarbeiter verteilt.

Die Baristas in der Zürcher Europaallee wollen gar nichts zu ihren Arbeitsbedingungen sagen, der Chef habe es ihnen verboten. In einer anderen Zürcher Filiale arbeitet eine junge Frau aus Ungarn. Vom Streik in den USA hat sie nichts gehört. Sie sagt: «Ich bin zufrieden mit dem Job, den ich hier seit drei Jahren mache. Hier kann ich mein Deutsch verbessern, und Stress macht mir nichts aus.» Auf das Gehalt angesprochen, sagt sie: «Als ich hier begonnen hatte, verdiente ich 3200 Franken netto. Jetzt bin ich zur Supervisorin aufgestiegen und verdiene 3800 Franken.» 

Mindestlöhne in der Schweiz

Der Mindestlohn für Ungelernte im L-GAV, dem auch die Gastromitarbeitenden in den Starbucks-Filialen unterstehen, liegt derzeit bei 3700 Franken brutto. Der Vertrag wird nach Jahren des Stillstands seit Mitte November neu verhandelt. Die Gewerkschaften fordern unter anderem die Erhöhung der skandalös tiefen Mindestlöhne und die 40-Stunden-Woche (work berichtete).
 
2023 hat die Bevölkerung auch einem Mindestlohn für die Stadt Zürich in der Höhe von 23.90 Franken pro Stunde klar zugestimmt. Dieser Mindestlohn, der auch die tiefsten Löhne in Zürcher Starbucks-Filialen leicht anheben könnte, ist derzeit durch eine Beschwerde des Gewerbeverbandes blockiert. Das Bundesgericht wird voraussichtlich nächstes Jahr über die Gültigkeit der Zürcher Mindestlöhne befinden.

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