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Anne-Sophie Zbinden, Chefredaktorin

Und wieder ist die Angst gross: Es ist von der «gefährlichsten Steuervorlage» seit ­Jahrzehnten die Rede, vom «Ende der Marktwirtschaft», vom «ausblutenden Mittelstand», von Milliardenverlusten, vom Reichen-Exodus … Alles Reaktionen auf die Juso-Initia­tive, die eine Steuer von 50 Prozent auf Erbschaften und Schenkungen ab einem Betrag von 50 Millionen Franken einführen und die Einnahmen gegen die Klima­krise verwenden will. Ganz ähnlich klang es bereits 2015, als eine Initiative die AHV über eine Erbschaftssteuer mitfinanzieren wollte. Die Initiative wollte Erbschaften ab 2 Millionen besteuern. Ein gewisser Albert Rösti, damals SVP-­Nationalrat, forderte einen Freibetrag von – 50 Millionen!

Sakrileg

Die fast uneingeschränkte Weitergabe des Reichtums zu hinterfragen rüttelt am Selbstverständnis der Bürgerlichen, schon nur der Gedanke daran ist ein Sakrileg. Erben scheint für sie das Fundament unserer Gesellschaft zu sein. Und damit haben sie nicht mal ganz unrecht. Erben zementiert die Ungleichheit, denn das Geld bleibt in einigen wenigen superreichen Familien. Diese teilen den ­Löwenanteil der in diesem Jahr rekordhohen Erbsumme von 100 Milliarden Franken unter sich auf (zum work-Beitrag).

Credo

Da ist es nur folgerichtig, wenn jene, die schon nur beim Gedanken an Erbschaftssteuern erzittern, sich auch tatkräftig gegen Mindestlöhne wehren. Die passen einfach nicht ins neoliberale Credo. Löhne, die zum ­Leben reichen? «Irgendwo hört es auf», sagte unlängst der Arbeitgeberchef Roland A. Müller. Und so blockiert eine vor Bundesgericht hängige Klage gegen Mindestlöhne weitere Abstimmungen – ganz zur Beruhigung jener, die Menschen lieber zu Hungerlöhnen chrampfen lassen. Doch ewig können sie sich nicht mehr hinter dem Bundesgericht verstecken. Denn die Mindestlohnwelle rollt unaufhaltsam, ob sie wollen oder nicht (zur Einordnung).

Ansporn

Die unverhältnismässige Konzen­tration des Reichtums, wachsende Lohnunterschiede oder der Kaufkraftverlust der unteren und mittleren Schichten identifiziert Unia-Präsidentin Vania Alleva als drängendste ­Probleme unserer Zeit. Zusammen mit einem besorgniserregenden Vormarsch der Rechten und Rechtsextremen. Doch Resignation sei fehl am Platz. Vielmehr müsse uns das schwierige Umfeld dazu anspornen, «unser Engagement für Solidarität, Gerechtigkeit und demokratische Teilhabe zu verstärken». Und genau darum geht es am Unia-Kongress in Brig (zum Interview mit der Unia-Präsidentin).

Aufruhr

Zu viel Ungleichheit kann ziemlich ungemütlich werden, auch für jene, die sich hinter Villenwänden verschanzen können. Denn die ebenfalls von bürgerlicher Seite so oft als faul bezeichnete Generation Z hat sich erhoben. Von Chicago bis Jakarta demonstrieren sie gegen einen Kapitalismus, der ihnen die Zukunft raubt. Und sie, die Jungen, haben keine Angst. Denn Luffy, der Strohhut-Pirat, weht an ihrer Seite (zum work-Beitrag).

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