Über 14 000 Franken Krankenkassenprämien im Schnitt für eine vierköpfige Familie
Der Prämien-Wahnsinn geht weiter

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Es ist Herbst. Die Blätter fallen. Wie jedes Jahr. Die höheren Krankenkassenprämien werden bekannt. Ebenfalls wie jedes Jahr. Doch das ist kein Naturgesetz, ­sondern die Folge bürgerlicher Gesundheitspolitik.

STEIL NACH OBEN: Die Krankenkassenprämien sind ein echte Kaufkraft-Killer. (Foto: Canva)

4,4 Prozent sind es dieses Jahr. Im Durchschnitt. Ebenfalls im Durchschnitt bezahlt eine vierköpfige Familie nächstes Jahr über 14 000 Franken Krankenkassenprämien. Mehr als zwei Median-Monatslöhne. Und für Familien mit Kindern mehr als die Steuern. Die Krankenkassenprämien sind neben den ebenfalls explodierenden Wohnkosten der grösste Kaufkraft-Killer für Gering- und Normalverdienende.

Die Schweiz hat eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Die medizinische Versorgung ist im internatio­nalen Vergleich – bei allen Schwierigkeiten – sehr gut. Wir werden gesünder älter. Immer mehr Krankheiten sind heilbar oder so behandelbar, dass ein gutes Leben möglich ist. Kurz: Der ­medizinische Fortschritt ist eine Errungenschaft. Die Schweiz gibt zwischen 11 und 12 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für die Gesundheit aus. Das ist ähnlich viel wie in unseren Nachbarstaaten.

Kreuzfalsch

Unsere Gesundheitsausgaben sind also nicht generell überrissen. Aber sie sind kreuzfalsch finanziert. Statt wie in anderen Ländern üblich, die Gesundheitskosten entweder aus Steuereinnahmen oder wenigstens über Lohnprozente zu finanzieren, drückten die Schweizer Bürgerlichen zur Einführung des Krankenkassenobligatoriums 1996 die Kopfprämien durch. Kopfprämien sind Kopfsteuern. Und Kopfsteuern sind die ungerechtesten Steuern, die es gibt. Denn: Die Milliardärin bezahlt gleich viel Prämie wie der Elektriker. Die eine zahlt sie aus dem Portokässeli, der andere muss sie sich und seiner Familie vom Mund absparen.

Nirgendwo in der OECD bezahlen Versicherte und Kranke mehr ihrer Gesundheitskosten direkt aus dem eigenen Sack als in der Schweiz.

Denn zu den explodierenden Prämien kommen noch Franchise, Selbstbehalt, ­rezeptfreie Medikamente und Zahnbehandlungen. Was in anderen Sozialversicherungen selbstverständlich ist – dass stärkere Schultern mehr tragen –, fehlt hier.

Prämienverbilligungen halfen lange Zeit. Doch inzwischen fallen grosse Teile des Mittelstands durch den Raster: zu «reich» für Unterstützung, aber längst nicht genug, um die Last zu tragen. Auch weil viele Kantone lieber die Steuern für Firmen und Reiche senken, statt genügend Mittel für Prämienverbilligungen bereitzustellen.

Initiativ-Umfrage

Neben der unsozialen Finanzierung via Kopfprämien und der mangelnden ­Unterstützung durch die Kantone ist auch der Pseudowettbewerb unter den Krankenkassen ein teures Ärgernis auf dem Buckel der Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen. Hier verschwinden Jahr für Jahr Hunderte von Millionen Franken für überrissene ­Managerlöhne, unnötige Werbekampagnen und Maklerprovisionen. Eine ­öffentliche Krankenkasse könnte hier ­Milliarden sparen.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hat eine Umfrage lanciert, bei der Versicherte angeben können, welches Initiativprojekt sie bevorzugen. Teilnehmen können Sie unter diesem Link.

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