Der Trump(f)-König
US-Präsident Donald Trump könnte ein begnadeter Jasser sein (leider wissen wir es nicht). Zumindest hat er im «Differenzler» mit Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter gezeigt, was er draufhat.

Anne-Sophie Zbinden, Chefredaktorin
Ob Zoll-, Energie- oder Coronakrise: Wirtschaftsverbände und ihre Lobby spielen sich als Retter der Wirtschaft auf. Immer mit dem gleichen Reflex: mehr arbeiten (lassen), weniger Regulierung. Sonst drohe ein Firmen-Exodus, eine massive Wohlstandsreduktion, wenn nicht gar der Untergang der Schweiz. Des Teufels sind da natürlich alle gewerkschaftlichen Forderungen.
Dabei sind gewerkschaftliche Errungenschaften ein Qualitätsmerkmal des Schweizer Wirtschaftsstandortes.
Angela Hao ist Schweiz-Korrespondentin und Chefin des Europabüros der chinesischen Onlinezeitung «Sina Finance», eines bedeutenden Finanzinformationsdienstes. Im «Bund» sagte sie:
Die Schweizer Arbeitseffizienz ist bemerkenswert. Es gibt keine Verherrlichung von Überarbeitung wie in der ‹996-Kultur› in China, einem Kürzel für Arbeitstage von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends, was bei sechs Tagen einer Arbeitswoche von 72 Stunden entspricht. Beruflich schätze ich die Zusammenarbeit mit Schweizer Unternehmen sehr. Ihre Fachleute sind zuverlässig und vertrauenswürdig.
Dass in der Schweiz die 72-Stunden-Woche nicht die Norm ist und die Fachleute zuverlässig sind, hat viel mit den Gewerkschaften zu tun. Die Gewerkschaften leisten Entscheidendes für die Schweizer Wirtschaft und für den Wohlstand, auch wenn dieser nach wie vor ungleich verteilt ist. Ein paar Beispiele:
Umso erstaunlicher, dass die Baumeister in den Verhandlungen um den neuen Landesmantelvertrag derart auf Abriss setzen. Denn die Bauleute bauen im wahrsten Sinne des Wortes den Wohlstand der Schweiz. Dass sie dies unter würdigen Bedingungen tun können, dafür müssen die Gewerkschaften immer wieder kämpfen. Doch die Baumeister wollen im LMV keinen Stein auf dem anderen lassen. Mindestens 20 Seiten des Vertrages wollen sie ersatzlos streichen. Doch die Bauleute werden diesem Streichkonzert nicht applaudieren. Und die Meister täten gut daran zu überlegen, worauf ihr Wohlstand beruht.