Gibt es bald mehr Teilzeit-Handwerker?
Was Büezer wollen

Teilzeitstellen für Zimmerleute oder Dachdecker sind selten. Eine neue Umfrage zeigt: In den Branchen möchten viele reduzieren, können aber nicht. Das soll sich jetzt ändern.

IN GEDANKEN BEI DER FAMILIE: Dachdecker bei der Arbeit. (Montage: work)

Junge Eltern ticken anders als die Generation vor ihnen. Fast die Hälfte der Paare möchten Betreuungs- und Erwerbsarbeit aufteilen. Doch in vielen «Männerberufen» ist die Arbeitswelt darauf schlecht vorbereitet. In vielen Betrieben ist Teilzeitarbeit von weniger als 80 Prozent, wie es für eine faire Aufteilung nötig wäre, nicht möglich.

Das zeigt aktuell eine repräsentative Umfrage in der Holzbaubranche. In drei von fünf Betrieben ist demnach für Mitarbeitende auf der Baustelle Teilzeit entweder gar nicht möglich, oder sie erlauben höchstens eine Reduktion auf 80 Prozent.

Die Umfrage ist Teil eines grösseren Projekts mit dem Ziel, im Holzbau die Vereinbarkeit zwischen Arbeit und Privatleben zu verbessern. Die Sozialpartner der Branche, zu denen auch die Unia gehört, haben das Projekt gemeinsam lanciert. Es soll die Berufe für Männer und Frauen attraktiver machen und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Nicht nur fast 500 Betriebe, auch 4200 Mitarbeitende haben bei der Umfrage mitgemacht. Und ein Viertel der Arbeitnehmenden haben angegeben, sie würden gerne weniger arbeiten. Mehr dazu unter dem Link arbeitsmodelle-holzbau.ch.

Ein ähnliches Projekt läuft derzeit bei den Dachdeckern und Fassadenbauern. In der Gebäudehüllenbranche (Männeranteil 99 Prozent) waren die Antworten sogar noch deutlicher: 41 Prozent wünschen sich ein tieferes Arbeitspensum (mehr dazu unter diesem Link). Dem Wunsch steht in beiden Branchen die finanzielle Realität entgegen. Die meisten dieser Mitarbeitenden gaben an, mit ihrem aktuellen Lohn könnten sie es sich nicht leisten, zu reduzieren.

Papa räumt das Zmorge ab

Doch eine bessere Vereinbarkeit heisst nicht zwingend Teilzeitarbeit. Auch das will das Projekt aufzeigen. In der Umfrage konnten Mitarbeitende und Betriebe ankreuzen, wo sie das grösste Potential sehen, um Arbeit und Privates besser unter einen Hut zu bekommen. Am meisten Zustimmung gab es von beiden für mehr Flexibilität bei Arbeitsbeginn oder -ende. Das würde zum Beispiel einem Vater ermöglichen, die Kinder in die Schule zu schicken und das Zmorge abzuräumen, während die Mutter bereits früh zur Arbeit geht und entsprechend früh wieder zu Hause ist. Einer, der bereits von zeitlicher Flexibilität profitiert, ist der Spengler und Dachdecker Fredi Frei. Der Vater eines elfjährigen Sohnes betont allerdings, auch er müsse flexibel sein und etwas länger arbeiten, wenn Not am Mann sei (siehe work-Beitrag).

Parallel dazu hat Frei sein Arbeitspensum auf 90 Prozent gesenkt, um mehr Zeit mit seinem Sohn zu verbringen. Der 46jährige sagt, er könne sich auch gut vorstellen, in einigen Jahren noch mehr zu reduzieren:

In unserem Beruf geben wir oft Vollgas. Irgendwann mag der Körper nicht mehr mithalten. Dann wäre es gut, ich könnte etwas kürzertreten.

SPENGLER UND DACHDECKER: Fredi Frei. (Foto: zvg)

Die Umfragen zeigen: So geht es vielen in der Branche. Während für Junge ein guter Lohn im Vordergrund steht, ist für Berufsleute über 40 Jahre eine Senkung der Arbeitszeit wichtiger. Barbara Rimml vom Verein Pro Teilzeit, Leiterin der beiden Projekte: «Die Bedürfnisse sind je nach Lebensphase anders.»

Sparkonto für Arbeitszeit

Ein Versuch, diesen Unterschieden gerecht zu werden, ist das Modell «Lebensarbeitszeit». Dabei könnten Mitarbeitende beispielsweise Überstunden einem persönlichen «Zeitsparkonto» gutschreiben. Rimml:

Die angesparte Zeit können sie später beziehen. Etwa für mehr Ferien oder um bei gleichbleibendem Lohn ihr Pensum zu senken, wenn sie eine Familie gründen.

In der Holzbaubranche kommt diese Idee zumindest gut an: In einer Frage zu verschiedenen Arbeitszeitmodellen wie «Viertagewoche», «Teilzeitarbeit» oder «kürzere Arbeitstage» erhielt die Lebensarbeitszeit die höchste Zustimmung.

Mit den Ergebnissen der Umfragen als Basis gehen die Projekte jetzt in die nächste Phase. In beiden Branchen ist eine Arbeitsgruppe aus interessierten Firmen entstanden, Ende Juni findet das erste Treffen statt. Barbara Rimml: «Wir werden die verschiedenen Modelle und Lösungsansätze diskutieren. Ich bin gespannt, was herauskommt!»

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