Enthüllungsbuch
Ein Konzern auf Ketamin: Was Tesla alles vertuschen wollte

Das Buch «Die Tesla Files» offenbart die Geheimnisse des Tesla-Konzerns: vom ewigen Versprechen selbstfahrender Autos, mysteriösen Unfällen und von Datenmanipulation. Und es erzählt vom Mut eines Mitarbeitenden, der das alles an die Öffentlichkeit bringen will.

EIN KONZERN, DER SEINE PROBLEME UNTER DEN TEPPICH KEHRT: Der Mut eines Whistleblowers gibt nun tiefe Einblicke in die Tesla-Welt. (Foto: Keystone)

Im Herbst 2022 kaufte Elon Musk (53) für rund 44 Milliarden Dollar den Kurznachrichtendienst Twitter. Und damit die maximale Reichweite und Kontrolle über eine der wichtigsten Social-Media-Plattformen.
 


Zu diesem Zeitpunkt erhielt Sönke Iversen, Leiter des Rechercheteams der deutschen «Handelszeitung», von einer anonymen Quelle einen umfangreichen Datensatz mit Informationen zur Autofirma Tesla. Iversen war völlig baff. Für Journalisten war es bisher sehr schwierig, an Informationen über Tesla zu gelangen. Aus der Tesla-Fabrik in Grünheide DE drangen praktisch keine Informationen nach aussen. Iversen schreibt:

Nicht einmal die Gewerkschaften wissen, ob bei Tesla Gewerkschaftsmitglieder arbeiten. Das Unternehmen ist eine Blackbox.

Echte oder gefälschte Daten?

Entsprechend vorsichtig und skeptisch war Iversen mit den Informationen: Im Datenpaket fand er Gehaltsangaben, Sozialversicherungsnummern und Kündigungsgründe von über 100’000 Personen, die bei Tesla arbeiteten oder dort gearbeitet hatten. Aus den Daten ging hervor, dass Tesla jedes Jahr 20 Prozent seiner Belegschaft auswechselte. Dazu Informationen über Kundinnen, Geschäftspartner und Informationen zu Problemen der Tesla-Fahrzeuge, die aus dem internen Netzwerk des Konzerns herauskopiert worden waren. Nach der minutiösen Überprüfung der Informationen gewann Iversen Gewissheit: Die Daten sind echt.

Vom Tesla-Jünger zum Whistleblower

Der Whistleblower wollte weiterhin anonym bleiben. Er schrieb über einen verschlüsselten Kanal:

Ich habe meine Arbeit und das Unternehmen geliebt, bis sie mich angriffen und mein Leben zerstörten. Es ist wahrscheinlich wichtiger, sich auf die Sache zu konzentrieren als auf eine Person.

Doch einen Monat nach dem ersten Kontakt konnte Iversen trotzdem für ein persönliches Treffen nach Norwegen reisen. Der Whistleblower war bereit, seine Anonymität aufzugeben: Er heisst Lukasz Krupski (39). Für einen Job bei Tesla zog er aus seiner Heimat Polen nach Norwegen. Als Wartungstechniker war er in der Hierarchie des Konzerns ganz unten angesiedelt. Als «Tesla-Jünger», wie er sich selber bezeichnete, war er auch bereit, einen tieferen Lohn zu akzeptieren. Sein Jahressalär bei Tesla lag bei etwa 45’000 Euro.

DER WHISTLEBLOWER: Lukasz Krupski im Video-Talk. (Screenshot Youtube Handelsblatt)

Tesla muss zahlen

Nach dem Brand eines Autos und kritischen Rückmeldungen an seine Vorgesetzten empfand Krupski seinen Traumjob jedoch zunehmend als Albtraum. Er konnte nicht mehr schlafen und musste nach einem Zusammenbruch in psychologische Behandlung. Er begann, im internen Netzwerk nach Informationen zu Fahrzeugproblemen zu suchen. Und bemerkte: Trotz seinem Status als einfacher Servicemitarbeiter hatte er Zugang zu vertraulichen Daten von allen Mitarbeitenden bei Tesla. Vor seiner Entlassung kopierte Krupski die Daten auf eine externe Festplatte. Ein norwegisches Gericht kam Ende 2024 zum Schluss, dass Krupski als Whistleblower geschützt sei und dass Tesla 10’000 Euro Entschädigung und 170’000 Euro für die Prozesskosten zahlen müsse. Der Autokonzern hat Berufung gegen dieses Urteil eigereicht.

Die Geschichte der Recherche

Die Koautoren von «Die Tesla Files» verweben im Buch die Geschichte ihrer Recherche mit derjenigen des Whistleblowers und mit dem Wandel von Elon Musk vom Geschäftsmann zum Politiker. Und sie schildern die Probleme im Zusammenhang mit dem Autopiloten von Tesla. Dabei geht es um ungewollte Bremsmanöver und automatische Beschleunigungen, die zu Todesfällen geführt haben. Und sie zeigen, mit welchen Problemen die 7000 Mitarbeitenden in der Fabrik in Grünheide zu kämpfen haben. Wie mit antigewerkschaftlichen Massnahmen der Betriebsrat gespalten wird. Und wie das Management zu unangekündigten Hausbesuchen bei den Kranken vorbeikommt. Musk selbst bezeichnet die Tesla-Fabriken als «Produktionshöllen». 

ENTHÜLLUNG: Das Buch «Die Tesla Files». (Foto: pd)

Elon ist Tesla

In der Firma ist klar: Elon ist Tesla, Tesla ist Elon. Das Buch zeigt auch: Elon ist nicht nur arbeits-, sondern auch game- und drogensüchtig. In einem Interview sagte Musk, dass er die Partydroge Ketamin auf ärztliche Verschreibung gegen «depressive Episoden» nehme. Es sei nützlich, um aus «negativen Gedanken» auszubrechen. Mit seinem Vermögen von 400 Milliarden Dollar kontrolliert Musk heute nicht nur kritische Infrastruktur im Weltall, sondern auch die US-Regierungsagentur Doge, mit der er Behörden und Personen, die seinen Firmen gefährlich werden könnten, mundtot machen kann.
 
Die Tesla Files, Enthüllungen aus dem Reich von Elon Musk, Sönke Iwersen und Michael Verfüden, C. H. Beck, München 2025, 246 Seiten, Fr. 36.40 

Schweizer Tesla-Boykott

Seit Anfang Jahr sind in der Schweiz nur noch 1465 neue Tesla verkauft worden. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 3714 Fahrzeuge. Damit sind die Verkaufszahlen im Vergleich zum Vorjahr um 60,6 Prozent eingebrochen. Der Marktanteil von Tesla beim Verkauf von Neuwagen ist von 4,8 Prozent auf 2,1 Prozent zusammengeschrumpft.

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