Wenn Wohnen selbst in Bruchbuden zum Luxus wird, ist daran nichts «natürlich»
Die verfluchte Einhegung und ihre ­Profiteure

Wer die gegenwärtigen Probleme für Mieterinnen und Mieter in der Schweiz begreifen will, wird in der Geschichte fündig. work schaut zurück und nach vorne.

ENGE WOHNVERHÄLTNISSE: Die Aufnahme um 1900 zeigt eine Zürcher Familie, die in einem Raum leben, kochen und schlafen muss. (Bild: Zentralbibliothek Zürich)

Im Jahr 1891 macht sich das Basler Bürgertum Sorgen: «Wir erleben, dass in gewissen Städten ein Überschuss an besseren Wohnungen vorhanden ist und gleichzeitig der äusserste Mangel an Wohnungen für sog. kleine Leute. Die Bauspekulation baut Häuser nicht zum dauernden Vermiethen, sondern zum Verkauf.» Doch die Basler Oberen sind nicht die einzigen, die sich – freiwillig oder nicht – mit skandalösen Wohnumständen der Arbeitenden befassten. In Zürich hielt der Stadtrat für das Jahr 1897 in seinem Geschäftsbericht fest: Für 25 000 Haushaltungen mit geringem Einkommen gebe es gerade mal 7785 Wohnungen, deren Miete für sie bezahlbar sei.

Ob Basel oder Zürich und dazwischen, überall das gleiche Bild: Mietshäuser werden zerstückelt, aufgestockt und bis in den letzten Winkel vermietet. Doch selbst für diese dunklen, stickigen Räume verlangten Hausbesitzer horrende Summen. Statistiken aus jener Zeit belegen: Pro Kubikmeter kosteten die Mini-Behausungen oft mehr als edle Grosswohnungen. Je kleiner, desto teurer. Auf der Seite des Schweizerischen Landesmuseums schildert ein Blog die damalige Lage eindrücklich.

Dabei galten die Sorgen der Regierungen weniger der Ausbeutung der Mieter als solcher, sondern den sich daraus ergebenden «sanitarischen Problemen». Denn um die Mieten zu stemmen, nahmen viele Mieterinnen Untermieter auf oder vermieteten Betten im Schichtsystem an sogenannte Schlafgänger. In Zürich machten diese zeitweise 15 Prozent der Bevölkerung aus. Die katastrophalen Wohnverhältnisse begünstigten die Ausbreitung von Tuberkulose, Lungenentzündung und Hautkrankheiten. Gemeinschaftstoiletten im Hof, ­fehlendes fliessendes Wasser und Ungeziefer machten die Wohnungen zu Gesundheitsfallen. Kindersterblichkeit und Infektionsraten waren in diesen Vierteln deutlich höher als in bessergestellten Quartieren.

Aneignung der Allmend

Auf dem Bild ist ein sogenannter Schlafgänger zu
sehen, gezeichnet von Heinrich Zille, 1902.
(Bild: Stadtmuseum Berlin)

Über Jahrhunderte bewirtschafteten Bauern gemeinsam Land, das allen gehörte (Gemeindeland oder «Allmende»). Darauf liessen sie ihre Tiere weiden, sammelten Holz und bauten Nahrung an. Gerade in der Schweiz hat das Allmendwesen eine besondere, bedeutende geschichtliche Stellung. Die Schweiz hat eine besonders reiche Tradition solcher Allmenden, die teilweise bis heute existieren – etwa in Form von Alpgenossenschaften oder Burgergemeinden, die gemeinschaftlich Wälder und Alpen bewirtschaften.

Im England des 18. und 19. Jahrhunderts begannen Adelige und reiche Landbesitzer, dieses Gemeindeland einzuzäunen (daher: «Einhegungen»), und erklärten es zu Privatbesitz. Riesige Landflächen, die seit Jahrhunderten gemeinschaftlich genutzt wurden, bekamen also plötzlich Zäune. Bauern, die das Land seit Generationen bewirtschaftet hatten, verloren plötzlich ihre Lebensgrundlage. Viele wurden zu Landarbeitern oder mussten in die Städte ziehen. Mit der Industrialisierung wurden aus Kleinhandwerkern und Landarbeitern Fabrikarbeiter. Friedrich Engels, einer der Väter des wissenschaft­lichen Sozialismus: «Der Handweber, der sein Häuschen, Gärtchen und Feldchen neben seinem Webstuhl hatte», wurde zum Lohnabhängigen, der nichts anderes zu verkaufen hat als seine Arbeitskraft.

Die frühindustrielle Produktion war noch auf Wasserkraft-Direktantrieb angewiesen, doch Dampfkraft, die elektrische Energie und das wachsende Eisenbahnnetz liessen die Städte rasant wachsen. Ab jetzt liess sich aus dem Boden erst so richtig Profit herausschlagen. Je mehr Not der Landlosen, desto mehr Profit den Landlords. Denn niemand kann nicht wohnen. Und niemand kann, ohne Boden zu nutzen, Nahrungsmittel produzieren oder eine Fabrik bauen. Die Umwandlung von gemeinschaftlich genutztem Land zu Privateigentum an Grund und Boden war ein entscheidender Schritt bei der Entstehung des Kapitalismus.

Ein spezielles Ding

Unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem behandelt den Boden wie eine Ware, obwohl er eigentlich keine ist. Denn eine Ware ist das Produkt menschlicher Arbeit, das für den Austausch hergestellt wird. Doch Boden ist natürlich vorhanden, keiner hat ihn produziert. Und weil Boden kein Produkt von Arbeit ist, hat er keinen Wert, aber im Kapitalismus einen Preis. Er wird gekauft und verkauft. Er wird als Kapitalanlage genutzt.

Und diese Verwandlung des Bodens in eine «fiktive Ware» hat reale und meist verheerende soziale Folgen. Denn Boden kann, anders als Maschinen oder Gebäude, nicht beliebig hergestellt werden – er ist natürlich begrenzt. Die Gesamtmenge des Bodens ist fix. Er ist gleichzeitig Standort und Voraussetzung für alle produktiven Tätigkeiten. Als «Ware» kann der Boden privatisiert und monopolisiert werden. Der Bodenbesitzer kassiert Geld nicht für eine Leistung, die er erbracht hat, sondern weil er eine lebensnotwendige Ressource kontrolliert.

Geschichte? Gegenwart!

Was im 18. Jahrhundert in England mit der «Einhegung» begann, treibt im 21. Jahrhundert in der Schweiz immer mehr Menschen in die Verzweiflung. 2024 sind die Mieten in der Schweiz durchschnittlich um 4,5 Prozent gestiegen, in Ballungszentren bis um 9 Prozent.

Wie und wo wir wohnen, hat auch einen Einfluss auf zahlreiche andere Lebensbereiche. Zum Beispiel auf die Arbeit, auf die Aus- und Weiterbildung, Freizeitgestaltung und soziale Kontakte. Bezahlbare Wohnungen liegen oft an Lagen, die lärmbelastet sind. Oder ungenügend isoliert, was dann die Nebenkosten in die Höhe treibt. Oder sie sind schlicht zu klein. Laut dem Nationalen Gesundheitsbericht 2020 waren bereits damals gut 83 Prozent der armutsbetroffenen Haushalte und 57 Prozent der Haushalte mit prekären Lebenslagen nicht angemessen wohnversorgt. Eine solche Wohnsituation wirkt sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus, führt zu Stress und erschwert die soziale und wirtschaftliche Integration.

Zynische Ratschläge

Gerade für Menschen, die höhere Wohnkosten nicht einfach mit höheren Einkommen oder Vermögensverbrauch auffangen können, liegt Sparen mit Wohnungswechsel gar nicht mehr drin. Auch diese Situation betrifft zunehmend Haushalte bis in die Mittelschicht hinein. Besonders betroffen sind dabei Alleinerziehende und Familien mit tiefen Einkommen, die oft vor der schwierigen Entscheidung stehen, entweder die Miete zu bezahlen oder andere grundlegende Bedürfnisse zu decken.

«Sollen sie doch eine günstigere Wohnung suchen, müssen ja nicht alle in der Stadt wohnen», erwidern dann rechte Politikerinnen und Politiker zynisch. Dabei wissen auch sie: Es gibt kaum mehr bezahlbare Wohnungen für Menschen mit tiefen Einkommen. Bei neu abgeschlossenen Mietverträgen steigen die Mieten noch viel stärker an als diejenigen von Bestandsmieten. Und ausserdem bringt ein Wohnungswechsel weitere finanzielle Belastungen mit sich. Ein Mietzinsdepot von bis zu drei Monatsmieten und überlappende Mietverhältnisse sind auch für den Mittelstand eine grosse Belastung. Jede fünfte Person in der Schweiz ist gemäss Bundesamt für Statistik nicht in der Lage, eine unvorhergesehene Ausgabe in der Höhe von 2500 Franken zu stemmen. Und für Menschen, die von Armut betroffen oder bedroht sind, gibt es zusätzliche strukturelle Hürden bei der Wohnungssuche: Ihnen fehlen das Netzwerk oder die nötigen Sprach- und IT-Kenntnisse. Oder sie werden aufgrund von Herkunft, Sozialhilfebezug oder Betreibungen diskriminiert.

Keine «Wohnungsnot»

Auch wenn immer mehr Menschen wegen ihrer Wohnsituation in Not sind oder geraten, ist der Begriff ­«Wohnungsnot» eigentlich falsch. Wir haben keine Wohnungskrise, sondern eine Bezahlbarkeitskrise. Eine Bezahlbarkeitskrise entsteht, wenn lebensnotwendige ­Güter so teuer werden, dass immer mehr Menschen sie sich nicht mehr leisten können. Der Kern der Krise liegt darin, dass die Preise steigen, während die Einkommen nicht mithalten – besonders bei Menschen mit niedrigem oder mittlerem Einkommen. Selbst wenn genügend Wohnungen verfügbar sind, bleiben sie für viele unerreichbar, weil ihre Preise zu hoch sind. Menschenwürdig wohnen wird in der Schweiz definitiv zum Luxus. Denn die Umverteilung von Mieterinnen zu den Immobilienbesitzern nimmt rasant zu – obwohl das in der Schweiz eigentlich gesetzlich gebremst wäre (siehe Artikel unten).

Ein Viertel aller Löhne im Land

Bereits vor fünf Jahren hat der Wirtschaftspublizist Werner Vontobel aufgrund der damals verfügbaren Zahlen die massive Umverteilung von unten nach oben im Wohnungswesen berechnet. Damals wurde der Gesamtwert des wirtschaftlich genutzten Bodens in der Schweiz auf rund 3000 Milliarden Franken geschätzt. Bei einer fürs Jahr 1999 von einem der Immo-Lobby nahestehenden Beratungsbüro berechneten durchschnittlichen Rendite von 3,7 Prozent flossen damals jährlich rund 110 Milliarden Franken als Bodenrente von den Mieterinnen zu den Grundbesitzern – das entsprach etwa einem Viertel aller Arbeitseinkommen im Land. Bodenrente bezeichnet den Profit des Landbesitzers, den dieser einzig dafür kassiert, dass ihm der Boden gehört. In Zürich kostete damals eine 90-Quadratmeter-Wohnung monatlich 2463 Franken. Vontobel rechnete die effektiven Kosten (Verwaltung, Unterhalt, Abschreibung, Steuern usw.) aufgrund der offi­ziellen Zahlen aus und kam pro Monat auf 990 Franken.

Kapitalismus auf Speed

Heute dürfte das Missverhältnis zwischen effektiven Kosten und verlangten Mieten noch eklatanter sein. Denn der Bodenmarkt wurde in den vergangenen Jahren «finanzkapitalisiert». Und der Finanzkapitalismus ist Industriekapitalismus auf Speed, auf Turbo-Droge. Spekulation statt Produktion. Nach dem Aufweichen der Lex Koller im Jahr 2005 fliesst massiv ausländisches Spekulationskapital in den Schweizer Immobilienmarkt. Das Gesetz schränkt Personen und Firmen aus dem Ausland den Zugang zum hiesigen Immobilienmarkt ein. Internationale Finanzinvestoren und börsenkotierte Immobiliengesellschaften treiben die Preisspirale aber nun immer weiter an. Für Mieterinnen ist die Logik des Finanzkapitalismus fatal. Die geht – verkürzt – so: Kapitalbesitzer erwarten zum Beispiel 5 Prozent Rendite auf ihrem Kapital. Sie investieren 10 Millionen Franken in ein Mehrfamilienhaus. Sie kassieren Netto-Mieteinnahmen von 500 000 Franken. Dann erfolgt durch die ­Gemeinde eine Verkehrsberuhigung der ehemaligen Durchgangsstrasse, an der das Haus liegt, und die Verkehrsbetriebe erschliessen das Quartier besser. Die Lage wird attraktiver, der Bilanzwert des Gebäudes steigt auf 15 Millionen Franken. Jetzt müssen die Mieteinahmen auf 750 000 steigen, damit die Rendite bei 5 Prozent bleibt. Ohne dass der Eigentümer etwas dafür geleistet oder auch nur ein Fenster ersetzt hätte.

Lauter falsche Rezepte

Die Immobilien-Haie, die Jahr für Jahr Milliarden an leistungslosem Einkommen einsacken, wollen den Mietern einreden, man solle sie nur weiter und noch ungehinderter wüten lassen, dann käme es schon gut. Konkret verlangen sie unter anderem, dass die Bestandesmieten so ungebremst nach oben geschraubt werden können wie die Anfangsmieten. Oder dass einfach die Bauvorschriften gelockert werden müssten. Oder das Raumplanungsgesetz geändert. Und natürlich der Mieterinnenschutz abgeschafft. Was die Immo-Lobby mit ihren politischen und journalistischen Hilfskräften unterschlägt: Weder mit Hochhäusern und noch verdichteteren Innenstädten entsteht im heutigen System auch nur eine einzige bezahlbarere Wohnung. Das Einzige, was steigt, ist der Profit aus der Bodenrenten. Das sind keine Behauptungen, sondern ist durch sämtliche verfügbaren Zahlen belegt. Ebenso wie die Tatsache, dass zwischen 2008 und 2020 mit den gleichen Gesetzen dem Teufel ein Ohr abgebaut wurde. Die Leerwohnungsziffer stieg zeitweise auf den zweithöchsten Wert aller Zeiten. Dennoch stiegen die Mieten weiter. Die tiefen Zinsen und die Turbulenzen machten Wohnraum nach der Finanzkrise zur noch verlockenderen Anlagemöglichkeit.

Übrigens: Auch die «Ausländer» sind nicht das Problem. Die offiziellen Bundeszahlen zeigen eindrücklich, wie Menschen ohne Schweizer Pass massiv weniger Wohnfläche pro Person zur Verfügung haben. Und diese Zahlen wären noch eindeutiger, würden die hochmobilen Söldner der internationalen Finanzindustrie herausgerechnet, die, durch Steuerdumping angelockt, mit ihren Abzockerlöhnen Phantasiemieten bezahlen können.

Immerhin zweitbeste Lösungen

Die Bezahlbarkeitskrise beim Wohnen trifft die Gesellschaft ins Mark, weil Wohnen ein absolutes Grundbedürfnis ist. Niemand kann nicht wohnen. Anders als bei Konsumgütern wie Schuhen oder TV-Geräten kann man beim Wohnen nicht einfach eine billigere Marke wählen oder auf den Kauf verzichten. Ein Ansatz, der schon früh verfolgt wurde, ist der gemeinnützige Wohnungsbau. Das Gemeinwesen sichert sich den Boden und gibt das Land an Institutionen ab, die darauf bezahlbaren Wohnraum erstellen. Diese Wohnungen sind nicht deshalb bezahlbar, weil sie etwa schlechte Qualität hätten, sondern weil sie der Profitlogik des Finanzmarktes entzogen sind. Die Wertsteigerung des Bodens durch Infrastrukturausgaben der öffentlichen Hand landet nicht als Gewinn bei Privaten. Deshalb sind bürgerliche Parteien gegen mehr Landerwerb durch die Städte und Gemeinden. Und deshalb stockt der gemeinnützige Wohnungsbau in der Schweiz trotz erheblichen Fortschritten.

Eine weitere Möglichkeit, die Lage auf dem Wohnungs(nicht)markt zu entschärfen, sind ausgebaute Mieterrechte. Die Schweiz ist da theoretisch nicht ganz schlecht unterwegs, doch leider wird das geltende Recht nicht durchgesetzt. Mehr gemeinnütziger Wohnungsbau, Profitdeckel und Mieterinnenrechte sind alles gute und wichtige Ansätze. Aber bleiben nur zweitbeste Lösungen. Denn auch nach über 200 Jahren «Einhegung» bleibt gültig, was Friedrich Engels 1872 formulierte: «In einer solchen Gesellschaft ist die Wohnungsnot kein Zufall, sie ist eine notwendige Institution, sie kann mitsamt ihrer Rückwirkung auf die Gesundheit usw. nur beseitigt werden, wenn die ganze Gesellschaftsordnung, der sie entspringt, von Grund aus umgewälzt wird.»


Schweizer Mietrecht Das beste Gesetz, aber…

Eigentlich würde das hiesige Mietrecht zu hohe Renditen verbieten. Doch die Immo-Haie pfeifen darauf.

HABEN DIE POLITIK IM GRIFF: Immo-Haie können in der Schweiz einfach zubeissen. (Foto: iStock)

Die Schweiz hat das wohl beste Mietrecht Europas. Es verbietet übersetzte Renditen. Es gilt eine Kostenmiete mit gedeckelter Rendite. Das tönt nicht nur vernünftig, sondern ist es auch. Beziehungsweise «wäre». Denn das Gesetz wird schlicht nicht durchgesetzt.

Seit Jahrzehnten arbeiten die Immo-Haie daran, am Gesetz vorbei eine Marktmiete einzuführen. Und sie sind dabei dank bürgerlichen Parlaments- und Regierungsmehrheiten nicht einmal so unerfolgreich. Die Folge ist eine gigantische Umverteilung von den Mieterinnen zu den Besitzern. Dabei sind nicht so sehr jene privaten Hausbesitzer das Problem, die eine oder zwei Wohnungen vermieten und die der Hauseigentümerverband zu vertreten vorgibt. Das Problem sind die börsenkotierten Immobi­lienkonzerne, die jährlich gesetzeswidrig über 10 Milliarden überhöhte Profit kassieren und an ihr Aktionariat ausschütten.

78 Milliarden für die Haie

Eine Studie des Büros für arbeits- und sozialpolitische Studien (BASS, nachzulesen hier: rebrand.ly/bass-mieten) hat untersucht, um wie viel die Mieten zwischen 2006 und 2021 gemäss Mietrecht hätten ansteigen dürfen – und wie stark die Aufschläge tatsächlich ­waren. Erschreckendes Ergebnis: Seit 2006 haben Vermieterinnen insgesamt 78 Milliarden Franken zu viel kassiert. Die Immobilienlobby mäkelt an der Studie herum. Obwohl selbst der Bund von massiv überhöhten Mietrenditen ausgeht. Gleichzeitig verhinderten ihre Vertreterinnen und Vertreter im Parlament im Frühling 2024 eine Bundesstudie zum Thema.

Laut Mietrecht dürfen Immobilienbesitzerinnen und -besitzer zurzeit nicht mehr als 3,75 Prozent Rendite mit Wohnungen erzielen. Doch das wird nicht kontrolliert und schon gar nicht durchgesetzt. Denn die Mieterinnen müssten das individuell durchsetzen. Wirksame Transparenzregeln verhindert die bürgerliche Parlamentsmehrheit seit Jahren. Dabei gab es Zeiten, da wurde in der Schweiz jeder neue Mietvertrag vom Bundesamt für Wohnungswesen abgestempelt. In den Jahrzehnten von 1918 bis 1971 galt oft ein Mietnotrecht. Mit Hausbesitz sollten weder Gewinne noch Verluste gemacht werden, das war damals ein Konsens in der Schweizer Politik. Die bürgerlichen Parteien haben sich Schritt für Schritt davon verabschiedet und huldigen der Marktradikalität auch beim lebensnotwendigen Gut «Wohnen».

Der Schweizerische Mieterinnen- und Mieterverband will demnächst eine Volksinitiative lancieren, mit der das geltende Recht besser befolgt werden soll.

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