Italien: Fünf Referenden gegen Prekarität und Unsicherheit
An die Urnen, Compagni!

Mit Referenden wollen die Gewerkschaften in Italien die ­schädlichsten Gesetze für ­Arbeitnehmende auf­heben. Auch Italienerinnen und ­Italiener in der Schweiz können abstimmen. Es steht viel auf dem Spiel.

DIE ABSTIMMUNG IST UNSER AUFSTAND: Der Gewerkschaftbund CGIL bewirbt die Ja-Parole für die Abstimmung vom 8. und 9. Juni. (Foto: Keystone / Diego Nangano Cappello, Avalon)

Am 8. und 9. Juni sind die italienischen Stimmberechtigten dazu aufgerufen, über fünf Referenden abzustimmen. Italien war einst reich an Schutzmassnahmen für Arbeitnehmende. Doch heute ist die Situation für viele Arbeitnehmende inakzeptabel: Entlassungen werden immer einfacher, Temporärarbeit ist vorherrschend, und Sicherheit ist in vielen Bereichen zu einer Fata Morgana geworden. Aus diesem Grund hat die CGIL, der Gewerkschaftsbund mit mehr als 5 Millionen Mitgliedern, vier Referenden gestartet. Diese sollen die schädlichsten Vorschriften für die Arbeitnehmenden aufheben. Bei vier Referenden geht es um das Thema Arbeit, eines zielt darauf ab, die Einbürgerung für die ausländische Bevölkerung zu erleichtern.

Mehr Schutz und Sicherheit

Die fünf Volksbegehren werden von einer breiten Koalition aus Gewerkschaften, Parteien, Verbänden und Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützt. Der erfolgreiche Ausgang des Referendums hängt jedoch davon ab, dass das Quorum von 50 Prozent erreicht wird: Nur wenn sich mindestens die Hälfte aller Stimmberechtigten beteiligen, gilt die Abstimmung als gültig und hat direkte und unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Italienerinnen und Italiener abstimmen, auch wenn sie nicht in Italien leben. Unia-Präsidentin Vania Alleva sagt:

Die Themen der Referenden sind die gleichen wie die, für die wir kämpfen: gegen die Prekarität, für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz und für einen leichteren Zugang zur Staatsbürgerschaft.

Die Gewerkschaft Unia fordert die italienischen Bürgerinnen und Bürger deshalb auf, abstimmen zu gehen und fünf Mal mit JA zu stimmen.

Die Gewerkschaft Unia unterstützt die Referendumskampagne, indem sie sich dem «Schweizerischen Komitee für ein Ja zu den Volksabstimmungen» anschliesst (für Informationen zum Komitee schreiben Sie an comitatosvizzero@gmail.com). Das Komitee begründet sein Engagement so: «In der Schweiz ist die italienische Gemeinschaft die grösste ausländische Gemeinschaft. Die Bedeutung der Arbeit, fehlende Arbeit und unzureichender Schutz zwangen und zwingen noch heute die Italienerinnen und Italiener dazu, ihr Land zu verlassen. Wir sind auch überzeugt, dass unsere grosse Gemeinschaft, die in der Schweiz gut integriert ist, heute für die Frage der Staatsbürgerschaft und der Integration in einem neuen Land sensibilisiert sein muss. Aus diesen Gründen, die mit unserer eigenen Migrationsgeschichte zusammenhängen, haben wir beschlossen, ein nationales, einheitliches und bürgerschaftliches Komitee zu gründen, um die Referendumskampagne für fünf Mal ein Ja zu unter­stützen.»

* Dieser Artikel erschien zuerst in der italienischsprachigen Unia-Zeitung Area. Der Beitrag, einschliesslich eines Video-Interviews mit Vania Alleva, ist hier abrufbar.


Die 5 Referenden:Darum geht’s

Ungerechtfertigte Entlassungen: Das erste Referendum zielt darauf ab, Entlassungen ohne triftigen Grund zu ver­hindern.

Mehr Schutz in kleinen Unternehmen: In Unternehmen mit weniger als 16 Beschäftigten ­erhalten Arbeitnehmende im F­alle einer unrechtmässigen Entlassung eine Entschädigung von maximal sechs Monatslöhnen. Das zweite Referendum will die Entschädigung auf der Grundlage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens, der familiären ­Belastungen und des Alters
der entlassenen Person fest­legen und erhöhen.

Verringerung der prekären ­Arbeit: In Italien haben etwa 2,3 Millionen Menschen befristete Arbeitsverträge. Unternehmen können befristete Arbeitsverhältnisse für bis zu zwölf ­Monate festlegen, ohne dies zu begründen. Das dritte Referendum will, dass die Arbeitgeber befristete Verträge ­begründen müssen.

Mehr Sicherheit: Das vierte ­Referendum zielt darauf ab, das Problem der Vergabe von Unteraufträgen im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen anzugehen. Heute haftet das auftrag­gebende Unternehmen bei Unfällen im Subunternehmen nicht. Das soll sich mit dem Referendum ändern. Das auftraggebende Unternehmen erhält dadurch ­einen Anreiz, seriöse Subunternehmen einzusetzen, die die Unfallverhütungs­vorschriften einhalten.

Staatsbürgerschaft: Das fünfte Referendum will, dass Migrantinnen und Migranten bereits nach 10 statt erst nach 15 Jahren rechtmässigen Aufenthalts die Staatsbürgerschaft beantragen können, so dass die Staatsbürgerschaft auch an minderjährige Söhne und Töchter weitergegeben werden kann.

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