Laura mal laut
Laura und der leere Laden

Laura Gonzalez Martinez ist Verkäuferin in Zürich und Gewerkschafterin.

Da gehe ich eines Morgens ahnungslos und happy arbeiten, weil ich gleich mit zweien meiner Lieblingsgspönli Schicht habe, als einer davon mir eröffnet, dass er kündigt. Mein Tag ist im Eimer. Er ist der Dritte innerhalb kurzer Zeit, und weitere Mitarbeiterinnen scheinen folgen zu wollen. Ich stehe da und schaue zu, wie mein Superteam auseinanderfällt. Und ich werde zunehmend trau­riger und auch wütender. Traurig, weil wir ein gut eingespieltes Team sind. Wütend, weil sie gute Gründe haben zu gehen.

Absolut lächerlich

Die Anforderungen werden jedes Jahr strenger, wir müssen immer mehr leisten und den Umsatz vom Vorjahr toppen. Wir müssen zu jeder Zeit flexibel, belastbar und freundlich bleiben, am liebsten auch an den Sonntagen. Unsere Lohnerhöhung für das nächste Jahr ist absolut lächerlich, das Unternehmen aber macht gute Gewinne. Unsere Kosten für das nächste Jahr werden nicht sinken, da die Krankenkassenprämien noch weiter steigen. In meinem Umfeld wiederum höre ich beruhigende Worte: Die Mieten werden nicht mehr steigen, und die Lebensmittel werden jetzt etwas günstiger. Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt. Ich bin gespannt, ob sich das bewahrheitet und das nächste Jahr mal zur Abwechslung positive Veränderungen bringt.

Nicht attraktiv

Ich sehe eine Verän­derung, die mir gar nicht gefällt: Das Personal verlässt den Verkauf und wählt besser bezahlte Branchen. Logisch! Deutliche Worte hatte ich letztens für meine Chefin, als sie klagte, dass sich niemand bei uns bewirbt. Ja klar, kein Wunder, sagte ich ihr. Der Verkauf ist superschlecht bezahlt, und die Arbeitszeiten sind schwierig. Dieser Beruf ist nicht attraktiv! Der Medianlohn in der Schweiz liegt bei 6788 Franken. Aber: Bei uns im Verkauf liegen wir deutlich darunter, noch schlimmer ist es im Coiffeur- und im Gastgewerbe. Meine Chefin scheint das nicht ganz zu verstehen. Verständlich, denn bei uns kriegen die Geschäftsleiterinnen gute Boni und erreichen eher den Medianlohn, wenn sie die Umsatzzahlen dank uns erreichen. Und sie können sich selbst die Schichten einteilen. Aber hey, wie sagt man so schön: Veränderungen sind Chancen. Wäre toll, wenn der Arbeitgeber auch bereit für Veränderungen ist, damit das Personal bleibt und ich nicht wie in ­einem Albtraum allein im Laden stehe.

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