Kämpferische Malerinnen und Gipser an der Unia-Landsgemeinde
6-Tage-Woche: Nicht mit uns!

Über 100 Malerinnen und ­Gipser aus der ganzen Schweiz ­haben sich in Bern getroffen. Sie ­fordern einen neuen, ­zukunftsfähigen GAV. Und kämpfen gegen die von den ­Arbeitgebern geforderte ­6-Tage-Woche.

VEREINT AN DER LANDSGEMEINDE: Maler und Gipserinnen aus der ganzen Schweiz haben in Bern ihren Forderungskatalog für die Arbeitgeber beschlossen. (Foto: Elisabeth Fannin)

«Ohne euch gibt es keine Wände und Decken», ruft Bruna Campanello, die Leiterin des Sektors Gewerbe bei der Unia, den versammelten Malern und Gipserinnen zu. Aus der ganzen Schweiz sind sie an diesem Samstagmorgen nach Bern gekommen. Maler Paul Filippow (31) und Gipser Simon Abdella (30) sind aus der Ostschweiz angereist. Abdella sagt: «Ich muss bereits heute oft sechs Tage pro Woche arbeiten, aber das geht eigentlich gar nicht!» Unter dem hohen Zeitdruck auf den Baustellen würden sie häufig zu Samstagsarbeit gezwungen, und dies ohne Lohnzuschlag. Die Arbeitgeber wollen die Arbeitswoche jetzt standardmässig auf sechs Tage ausdehnen.

150 LEHRSTELLEN UNBESETZT

Diese Forderung und die GAV-Verhandlungen sind das grosse Gesprächsthema an der Unia-Landsgemeinde. Über 2000 Maler und Gipserinnen haben im Vorfeld der Verhandlungen eine Petition unterschrieben: Sie fordern nicht nur mehr Lohn und mehr Ferien, sondern auch die Abschaffung der Gratisreisezeit und Samstagsarbeit nur mit Lohnzuschlag. Zudem sollen auch Lernende endlich dem GAV unterstellt werden und damit einen Mindestlohn und den Dreizehnten erhalten. Die Maler- und Gipserbranche ist das letzte Gewerbe, in der dies noch nicht der Fall ist. Wegen des mangelhaften GAV und der sich verschlechternden Arbeitsbe­din­gungen wird die Branche auch beim Nachwuchs immer unbeliebter. 150 Lehrstellen blieben diesen Sommer unbesetzt, und mehr als ein Drittel der Lernenden brechen die Lehre ab.

Yelines Hofer (31) ist Malerin und für die Unia in der Delegation, die den neuen GAV in den nächsten Wochen mit den Arbeitgebern verhandelt. Sie sagt:

Die Maler- und Gipserbranche ist sehr rückständig: mit dem Lohn, mit den Ferientagen, mit allem.

Viele Malerinnen und Gipser würden sich nicht getrauen, sich gegen die Samstagsarbeit zu wehren. Eine Legalisierung der Samstagsarbeit im GAV würde zu noch mehr Zwang führen. Sie hat auch kein Verständnis für das rituelle Klagen der Arbeitgeber in den Verhandlungen: «Solange die Arbeitgeber am Ende des Jahres noch zehn Im­mobilien kaufen können, geht es ihnen nicht so schlecht, wie sie immer sagen.» Es bestehe Spielraum für Verbesserungen, ist sie überzeugt.

EINE FRECHHEIT

Der Maler Peter Dell Osta Passetto (56) meldet sich ebenfalls zu Wort: «Die Forderungen der Arbeitgeber sind eine Frechheit und realitätsfremd!» Nach vierzig Jahren in der Branche ist er frustriert über die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen: «Früher wusste der Chef, dass die Arbeiter eine gute Leistung bringen, wenn sie gut behandelt werden. Heute ist es ­ihnen scheiss­egal, und es geht nur um das schnelle Geld.» Nach all den Jahren im Beruf überlegt er sich jetzt, ob er noch als Maler weiterarbeiten will.

Am Ende der Versammlung spricht auch Unia-Präsidentin Vania Alleva zur Büezer-­Gemeinde:

Die Verbesserungen im GAV werden uns nie geschenkt, aber wenn wir gemeinsam kämpfen, können wir diese Verhandlungen gewinnen.

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