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Publibike-Mitarbeiter Emanuel Grigoras (29): «Am liebsten arbeite ich in der Werkstatt»

Maria Künzli

In vielen Schweizer Städten gehören sie längst zum Stadtbild: die Publibikes. Allein in Basel sind 800 Velos des Verleihers in Betrieb. Emanuel Grigoras (29) arbeitet in der Publibike-Werkstatt und sorgt dafür, dass die Räder funktionstüchtig bleiben und dort abgestellt sind, wo sie ­gebraucht werden. ­

EMANUEL GRIGORAS (29) bringt täglich Velos in Fahrt. (Foto: Stefan Bohrer)

Fährt Emanuel Grigoras mit dem Lieferwagen rückwärts durch den engen Durchgang in den Innenhof der Werkstatt in Basel, muss er Millimeterarbeit leisten, damit die Rückspiegel nicht an der Wand schrammen. Manchmal lädt er mehrmals täglich Velos ein und aus, um sie zu reparieren oder sie mit dem Lieferwagen an die Statio­nen zurückzubringen. Emanuel Grigoras arbeitet seit anderthalb Jahren für den Veloverleihservice Publibike: Wer mit den öffentlichen Velos, die es mittlerweile in vielen Schweizer Städten gibt, fahren will, muss sich online oder über eine App registrieren. Dann kann die Kundin oder der Kunde ein Velo an einer beliebigen Station ausleihen und es an einer anderen wieder abstellen. Emanuel Grigoras, ein weiterer Kollege und Betriebsleiter Vlad Nicolescu sind als Dreierteam für die Velostationen in Basel-Stadt verantwortlich. Das bedeutet: Montag bis Freitag halten sie täglich 800 Velos in Schuss, verteilt auf 290 Stationen. Am Wochenende gibt es einen Pikettdienst.

ZWISCHEN ZWEI LÄNDERN

Emanuel Grigoras ist 29 Jahre alt und lebt in Schopfheim, einer deutschen Kleinstadt nahe der Schweizer Grenze. Jeden Tag fährt der Familienvater rund 30 Kilometer mit dem Zug zu seiner Arbeitsstelle in Basel, ein Weg dauert 40 Minuten. Den Aufwand nimmt er gerne in Kauf, wie er etwas schüchtern erzählt. Sein Lohn ist für Schweizer Verhältnisse zwar klar am unteren Limit, dennoch verdiene er fast doppelt so viel wie bei einer vergleichbaren Stelle in Deutschland. Wie viel genau, möchte er lieber nicht verraten. Da die Lebenshaltungskosten beim nördlichen Nachbarn um einiges tiefer sind als in der Schweiz, komme er mit dem Lohn gut durch – trotz den Mehrkosten für den Arbeitsweg. Vor Publibike war Emanuel Grigoras während dreier Jahre bei der Firma Auto-Kabel als Automechaniker angestellt. Diesen Beruf hat der gebürtige Rumäne in seinem Heimatland gelernt. Weil sein Abschluss weder in Deutschland noch in der Schweiz anerkannt wird, ist sein Lohn tiefer als jener der Mechaniker mit eidgenössischem Di­plom. Das war bei Auto-Kabel so und trifft auch jetzt bei Publibike zu.

«Mein Arbeitstag beginnt immer direkt am Bahnhof Basel, wo ich meinen Arbeitskollegen und meinen Chef treffe. Am Bahnhof befinden sich die meistfrequentierten Stationen. Täglich kontrollieren wir hier als erstes die Velos auf ihre Fahrtüchtigkeit und sammeln die defekten oder überschüssigen Fahrräder ein», erzählt Grigoras. Vor allem die Bremsen werden regelmässig kontrolliert. Denn: «Sicherheit ist das Wichtigste.» Das Zweitwichtigste: Bei jeder Station müssen genügend Velos – solche mit und ohne Elektroantrieb – zur Verfügung stehen. Also lädt die Publibike-Crew dort, wo zu viele Velos parkiert sind, einige auf und lädt sie an Stationen ab, wo welche fehlen. Da alle Velos mit einem GPS-Sender ausgestattet sind, sehen die Mitarbeiter online, welche Stationen gut oder schlecht bestückt sind. «Wir bekommen automatisch eine Nachricht, wenn eine Station überlastet ist», so Grigoras.

FUSSSTÄNDER UND DYNAMOS

Während eine Person mit dem Lieferwagen unterwegs ist, repariert die andere nach dem morgendlichen Einsatz am Bahnhof die kaputten Velos in der Werkstatt. Der Betriebsleiter überwacht derweil die Stationen, plant die Route des Lieferwagens, verteilt die Aufgaben und packt an, wo es nötig ist. «Bei den Velos, die eine Wartung brauchen, müssen oft die Fussständer geflickt werden, die Reifen aufgepumpt, der Dynamo repariert oder die Schaltung neu eingestellt werden», erzählt Emanuel Grigoras. Die Arbeit an den Velos verrichte er am liebsten, wobei ihm gerade auch die Abwechslung gefalle. Es sei nie langweilig und immer etwas los. Neben dem Unterhalt der Velos und der Ausgleichslogistik muss das Team auch die Akkus der E-Bikes im Blick haben und die Tickets der Kundschaft bearbeiten. «Hat eine Kundin oder ein Kunde ein Pro­blem, zum Beispiel weil sich der Sattel nicht verstellen lässt, kann sie oder er sich über die App melden, was dann als sogenanntes Ticket zu uns kommt.»

Für seine Arbeit braucht Emanuel Grigoras handwerkliches Geschick, körperliche Fitness, einen Führerschein und gute Kenntnisse des Basler Strassennetzes. «Hier gibt es so viele Einbahnstrassen und Fahrverbote, dass wir manchmal ziemliche Umwege fahren müssen, um von einer Station zur nächsten zu gelangen», sagt Grigoras und lacht. Es gebe auch einige Regeln zu beachten, zum Beispiel dürften sie nur montags zwischen 5 und 11 Uhr zu den Stationen in der Innenstadt fahren.

Die Arbeit im kleinen Team schätzt Emanuel Grigoras. Alle drei Angestellten kommen ursprünglich aus Rumänien. Das erleichtere zwar die Kommunikation untereinander, dafür komme er nicht so oft dazu, Deutsch zu sprechen, weshalb ihm die Sprache immer noch Mühe bereite. Vielleicht wird es ihm eines Tages sein kleiner Sohn beibringen.


Emanuel GrigorasFreizeit für die Familie

Der 29jährige ­Emanuel Grigoras lebt seit fünf Jahren in Deutschland, seit anderthalb Jahren pendelt er zum Arbeiten in die Schweiz. Der Arbeitsweg über die Grenze mache ihm nichts aus, die Zugverbindungen seien gut, sagt Grigoras. Der gebürtige Rumäne lebt mit seiner Frau und seinem knapp zweijährigen Sohn Levi in Schopfheim. In seiner Heimat Rumänien gebe es zwar Arbeit, sagt Emanuel Grigoras, aber sie sei sehr schlecht bezahlt, und die Löhne reichten kaum zum Leben.

SONNTAGSFAHRT MIT PUBLIBIKE

Die Familie fülle momentan seine ganze Freizeit aus, Hobbys hätten da keinen Platz. «Am Wochenende unternehmen wir als Familie oft Ausflüge, manchmal auch in die Schweiz», sagt er. Hin und wieder seien sie mit dem Velo unterwegs, in Basel auch mal mit Publibike. An seinem Wohnort gebe es kein solches Veloverleihsystem. Um Einkäufe zu erledigen, sei er lieber mit dem Auto unterwegs. «In der Freizeit fahre ich aber sehr gerne Velo.»


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