1x1 der Wirtschaft

Den Lohnrückstand endlich aufholen

Daniel Lampart

In den letzten Jahren wurde alles teurer. Auch die Krankenkassen­prämien schossen steil in die Höhe. Nur bei den Löhnen ging es kaum ­voran. Nach Abzug der Teuerung sind die Löhne heute ungefähr gleich hoch wie im Jahr 2016. Es droht ein ­verlorenes Jahrzehnt. Wenn man die Krankenkassenprämien noch dazuzählt, haben die Schweizer Haushalte heute weniger Geld zur Ver­fügung als damals.

FALSCH

Gewisse Arbeitgeber argumentieren mit den Krisen der letzten Jahre. Die Covid-Krise habe Umsatz gekostet. Und der Ukrainekrieg habe die Kosten in die Höhe getrieben, so dass kein Geld für Lohnerhöhungen mehr vorhanden gewesen sei. Doch diese Argumente sind mehrheitlich falsch. Die Covid-Krise hat nur einen Teil der Branchen getroffen. Die Löhne sind jedoch fast überall zu wenig gestiegen. Auch das Argument mit dem Kostenschock hinkt. Denn die ­Firmen ­haben ihre Kostensteigerungen mehrheitlich an die Kundschaft weitergegeben. Nicht wenige haben ­sogar die Preise erhöht, um mehr Gewinn zu machen. Die Margen­situation der Firmen ist gut, wie das auch Statistiken der Nationalbank oder der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich zeigen.

KRITIK

In der Vergangenheit wuchsen die Reallöhne im Einklang mit der ­Arbeitsproduktivität um rund 1 Prozent pro Jahr. Das hat sich leider geändert. Ab Ende 2021 wurde nicht einmal die Teuerung ausgeglichen. Etwas, was in der Schweizer Sozialpartnerschaft früher eine Selbstverständlichkeit war. Die heutigen Arbeitgeber erhalten teilweise sogar Kritik von ­ihren pensionierten Vorgängern: Zu ihrer Zeit sei es selbstverständlich gewesen, dass – wenn die Firmen ­höhere Preise verlangen – auch die Löhne erhöht würden.

Positiv ist, dass die Löhne im laufenden Jahr erstmals wieder stärker steigen als die Preise. Es gibt ein ­Reallohn-Plus von 0,5 bis 1 Prozent. Doch das reicht bei weitem noch nicht. In der kommenden Lohnrunde muss die Lohnlücke geschlossen werden. Es braucht spürbare Reallohnerhöhungen.

Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.