Wird Vetropack zum Scherbenhaufen?

Kampf um die letzte Glasflaschenfabrik der Schweiz

Iwan Schauwecker

Der Vetropack-Konzern plant, die letzte Glasflaschenfabrik in der Schweiz zu schliessen. Die wütende Belegschaft will dies verhindern. Sie erhält Unterstützung von den Gewerkschaften und aus der Politik.

EINSATZ FÜR BÜEZERINNEN UND BÜEZER: Die Waadtländer Ständeräte Pierre-Yves Maillard (links, SP) und Pascal Broulis (FDP) haben am Dienstag die Personalversammlung der Vetropack-Angestellten besucht. (Foto: Keystone)

Grosser Schock für die 194 Angestellten von Vetropack in Saint-Prex VD am Genfersee: Die Konzernleitung mit Sitz in Bülach ZH will die letzte Schweizer Glasflaschenfabrik noch diesen Sommer stilllegen. 175 Mitarbeitende würden ihren Job verlieren. Die Büezerinnen und Büezer der Fabrik wehren sich mit den Gewerkschaften Unia und Syna gegen die Schliessung. Abdeslam Landry, Gewerkschaftssekretär der Unia Waadt: «Die Arbeiterinnen und Arbeiter sind wütend über diese Entscheidung von Vetropack und wollen die Schliessung verhindern.»

IDEEN ZUR RETTUNG DER FABRIK

Bei einem Treffen mit der Vetropack-Geschäftsleitung wurde Mitte März nach Lösungen gesucht. Landry sagt: «Es gibt zahlreiche Ideen zur Rettung der Fabrik, aber wir brauchen noch weitere Informationen von der Geschäftsleitung.» Vetropack hat europaweit 4000 Angestellte und in den letzten Jahren in die Fabriken in Osteuropa und Italien investiert. 2023 machte Vetropack einen Gewinn von 63,3 Millionen Franken. Doch für die Investition in der Höhe von 30 Millionen Franken für eine neue Schmelzwanne für Saint-Prex fehlte in den letzten Jahren das Geld.

Die Geschäftsleitung sagt, dass die hohen Energiepreise, der starke Franken und der Standort im dicht besiedelten Gebiet den Weiterbetrieb verunmöglichten. Sie möchte den Betrieb im Gründungsort der Firma nach 113 Jahren schliessen.

RECYCLING-SCHERBENHAUFEN

Neben den Arbeitsplätzen ist auch das Schweizer Glasrecycling gefährdet. Nach Schätzungen von Vetroswiss, dem Unternehmen, das im Auftrag des Bundes das Glasrecycling in der Schweiz organisiert, wird heute mehr als die Hälfte des Schweizer Altglases ins Ausland exportiert. Doch etwa 100’000 Tonnen Altglas aus den Schweizer Sammelstellen werden im Moment noch nach Saint-Prex transportiert und dort zu neuen Glasflaschen verarbeitet. Mit der Schliessung der letzten Schweizer Flaschenfabrik würde der Anteil des inländischen Recyclings deutlich sinken. In der Schweiz gäbe es dann nur noch zwei Fabriken, die Altglas aufbereiten.

Ständeräte unterzeichnen Petition an den Verwaltungsrat

Die beiden Waadtländer Ständeräte Pierre-Yves Maillard und Pascal Broulis haben am Dienstag die Belegschaft in St-Prex besucht und ihnen ihre volle Unterstützung zugesprochen. Gewerkschaftsbund-Präsident Maillard und Broulis (FDP) haben an der Personalversammlung an die strategische Bedeutung der letzten Glasflaschenfabrik der Schweiz erinnert und betont, wie wichtig deren Erhalt ist. Auf Worte folgten auch gleich Taten: Die Personalversammlung beschloss, eine Petition zu lancieren. Maillard und Broulis sind die Erstunterzeichner. Die Petition fordert den Vetropack-Verwaltungsrat zu einem Strategiewechsel auf und appelliert an die eidgenössischen und kantonalen Behörden, sich für den Erhalt der Produktions- und Recyclingkette von Glas in der Schweiz einzusetzen. Die Petition deckt sich mit der Resolution, die das Waadtländer Parlament am selben Tag verabschiedet hat.

Die Petition kann unter diesem Link unterschrieben werden.

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