Stagnierende Löhne in der Schweiz

Jetzt braucht’s einen Lohnschub!

Iwan Schauwecker

Die Reallöhne in der Schweiz sind in den letzten Jahren kaum gestiegen, und 10 Prozent aller Angestellten arbeiten zu einem Tieflohn von weniger als 4500 Franken im Monat. Der Medianlohn der Frauen liegt weiterhin deutlich unter demjenigen der Männer, das zeigen die neusten Zahlen des Bundes.

KAUFKRAFTKILLER: Während die Inflation stetig gestiegen ist, sind die Reallöhne in einigen Branchen sogar rückläufig. (Foto: Keystone)

Das Bundesamt für Statistik (BfS) veröffentlichte diese Woche neue Zahlen zur Lohnentwicklung in der Schweiz. Im Jahr 2022 verdiente die Hälfte aller Arbeitnehmenden weniger als 6788 Franken brutto pro Monat. Trotz steigender Arbeitsproduktivität und grossen Gewinnmargen der Unternehmen sind die Reallöhne in der Schweiz in den letzten Jahren nicht gestiegen und in gewissen Branchen sogar rückläufig.

RÜCKLÄUFIGE REALLÖHNE

Die mittleren Löhne von Arbeiterinnen und Arbeitern in den Post- und Kurierdiensten waren 2022 nominal tiefer als im Jahr 2010. Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Branche sei ein guter Gesamtarbeitsvertrag überfällig, schreibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Auch in der Chemie, der Metall- und in der Elektroindustrie gingen die Reallöhne zwischen 2018 und 2022 um mehr als 2 Prozent zurück (ohne Kaderfunktionen).

LOHNDISKRIMINIERUNG ZWISCHEN MANN UND FRAU

Dank einem Fokus auf Lohngleichheit in den Gesamtarbeitsverträgen hat sich der Unterschied zwischen Frauen- und Männerlöhnen reduziert. Allerdings ist der mittlere Lohn der Frauen ohne Kaderfunktion immer noch mehr als 5 Prozent tiefer als derjenige der Männer. Ein grosses Problem ist, dass die Löhne in Berufsgruppen mit hohem Frauenanteil generell tiefer sind. Darum braucht es insbesondere für Kitas und in der Langzeitpflege neue Gesamtarbeitsverträge mit anständigen Mindestlöhnen (mehr zum Kita-GAV). In Kaderpositionen liegen die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen immer noch bei etwa 15 Prozent, und es gibt kaum kollektive Anstrengungen, diesen Gender-Gap zu reduzieren (mehr zum Thema).

TIEFLÖHNE TROTZ LEHRE

Der Anteil der Tieflöhne hat sich seit der letzten Untersuchung im Jahr 2020 nicht verändert und liegt weiterhin bei 10,5 Prozent. Rund ein Drittel der Berufstätigen mit einem Tieflohn haben eine abgeschlossene Berufslehre. Vier von zehn Frauen verdienen weniger als 5000 Franken im Monat. «Aus Gewerkschaftssicht ist ein Monatslohn von 5000 Franken mit Lehre das Minimum», schreibt der SGB. Besonders tiefe Löhne werden in der Gastronomie, in der Hotellerie und im Detailhandel bezahlt.


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