Ratgeber

Lassen Sie Ihre Rente schon jetzt berechnen!

Maria Künzli

Für Frauen ist die Gefahr viel grösser, nach der Pensionierung in eine Altersarmut zu rutschen. Was können Sie tun, damit die Rente dereinst zum Leben reicht? Zwei Expertinnen geben Tipps.

SORGE TRAGEN: Gerade für Frauen ist es wichtig, sich frühzeitig fürs Alter abzusichern. (Foto: Getty)

Lohndiskriminierung, traditionel­le Rollenbilder, unbezahlte Arbeit: Die Gründe sind vielfältig, weshalb Frauen im Alter eine tiefere Rente haben und häufiger von Armut betroffen sind. Um das zu ändern, braucht es einen politischen und gesellschaftlichen Wandel. Trotzdem: Es gibt Punkte, die Frauen beachten können, um ihre Situation zu verbessern.

Welche das sind, wissen Gewerkschafterin Therese Wüthrich und die pensionierte Steuerexpertin Danielle Axelroud. Beide sind Mitglied bei «Economiefeministe», der Plattform für feministische Ökonomie.

work: Was ist das Wichtigste, was jede Frau für ihre Altersvorsorge tun sollte?

Therese Wüthrich: Ich empfehle allen Frauen, sich frühzeitig einmal bei der AHV-Stelle zu melden und sich ihre Rente berechnen zu lassen. So können sie allfällige Lücken rechtzeitig schliessen und sich auf ihre finanzielle Situation vorbereiten.

Bei der Rente spielt der ­Zivilstand eine wichtige Rolle. Welchen Rat haben Sie spe­ziell für verheiratete Frauen?

Therese Wüthrich: Ich stelle immer wieder fest, dass Frauen auch in gut bezahlten Stellungen oft diejenigen sind, die für die Kinderbetreuung ihre Pensen reduzieren. Häufig wird das gar nicht verhandelt. Ich rate Frauen, diese Aufteilung ergebnisoffen mit ihrem Partner zu diskutieren und die eigenen beruflichen Ambitionen nicht gleich zurückzuschrauben.

Danielle Axelroud: Verheiratete Frauen sollten mit ihrem Mann regelmässig über Finanzen sprechen. Denn auch wenn eine Frau nicht oder in einem tiefen Pensum erwerbstätig ist, geht es auch um ihr Geld. Eine Freundin hat mehrere Jahre Teilzeit gearbeitet, um ihre Kinder zu betreuen. Heute sind sie und ihr Mann pensioniert, und beide leben vor allem von der zweiten Säule des Ehemannes. Doch der betrachtet die Rente als sein Geld und macht die Frau damit zur Bittstellerin. Dabei ist seine Rente ja nur so hoch, weil sich die Frau um die Kinder kümmerte.

Deshalb empfehle ich allen Frauen, sich und den Männern immer wieder klarzumachen, dass es sich um gemeinsames Einkommen handle.

Reicht es denn, nur darüber zu reden?

Danielle Axelroud: Noch besser ist natürlich eine schriftliche Abmachung. Für Paare, die finanziell bessergestellt sind, ist das meist pro­blemlos möglich. Zum Beispiel kann unter gewissen Voraussetzungen ein Teil des Einkommens in die Pensionskasse oder in eine Säule 3 a jener Person bezahlt werden, die zugunsten der Kinderbetreuung beruflich zurücksteckt. Das geht allerdings nur, wenn diese Person selber auch erwerbstätig ist. Ist sie das nicht, ist eine freiwillige Einzahlung weder in die zweite noch in die dritte Säule erlaubt.

Was jedoch immer möglich ist: Wenn der Ehemann mehr verdient als seine Frau, überweist er eine vereinbarte Summe auf das Sparkonto seiner Partnerin. Damit sind die Frauen auf der sicheren Seite. Denn: Spätestens bei Konflikten spielen unverbindliche Abmachungen oft keine Rolle mehr.

Was müssen Frauen sonst noch beachten, wenn sie verheiratet und nicht erwerbs­tätig sind?

Danielle Axelroud: Ist die Ehefrau nicht erwerbstätig, muss sie keine AHV-Beiträge zahlen, sofern ihr Mann mit seinem Lohn den doppelten Mindestbeitrag entrichtet. Aber Achtung: Wird der Mann vor der Frau pensioniert, muss die Ehefrau ab dem Zeitpunkt der Pensionierung ihres Mannes AHV-Beiträge entrichten – sonst entsteht eine schmerzliche Beitragslücke. Das ist überhaupt das Wichtigste, unabhängig vom Zivilstand: Beitragslücken zu vermeiden. Für die letzten fünf Jahre können AHV-Beiträge rückwirkend eingezahlt werden.

work-Tipp: Frauen-Renten-­Lücke: Die Analyse

In der Schweiz haben Frauen im Durchschnitt einen Drittel weniger Rente als Männer. Im Dossier «Frauen in der Altersvorsorge» bietet SGB-Ökonomin Gabriela Medici einen umfassenden und leichtverständ­lichen Überblick zu dieser Frauen­rentenlücke — und erklärt, weshalb Altersarmut weiblich ist. (mk)

Was sollten Geschiedene tun?

Therese Wüthrich: Frauen, die sich im Laufe ihres Erwerbslebens scheiden lassen, stehen bei der Rente wesentlich schlechter da, als wenn sie und ihr Ehepartner bei der Scheidung bereits pensioniert sind. Denn bei einer Scheidung wird unter anderem die zweite Säule aufgeteilt. Sind die Ehepartner bereits pensioniert, ist ein Rentenguthaben vorhanden, und das ist natürlich höher als während des Erwerbslebens. Paare sollten bereits vor der Heirat vertraglich festhalten, wie sie ihre Finanzen im Falle einer Scheidung klären werden. Das kann einen gewichtigen Einfluss auf die Rente haben.

Welche Rolle spielt es in diesem Fall, ob man Kinder hat?

Danielle Axelroud: Kümmert sich die Frau nach der Scheidung um die Kinder, kann sie einerseits nur in beschränktem Pensum arbeiten und profitiert andererseits nicht mehr weiter von der Pensionskasse des Ehemannes. Eine Möglichkeit, die Rente der Frauen etwas aufzubessern, ist es deshalb, die Erziehungsgutschriften allein ihr zukommen zu lassen. Damit muss der Mann aber einverstanden sein. Von Gesetzes wegen müssten die Erziehungsgutschriften nämlich geteilt werden.

Viele Paare leben heute im Konkubinat. Was gilt dort?

Danielle Axelroud: Ich empfehle unbedingt einen Konkubinatsvertrag, weil es von Gesetzes wegen nichts gibt, was die Frau bei einer Trennung schützt. Sie erhält aus der AHV zum Beispiel keine Witwenrente. Das Paar sollte auch ­abklären, ob die zweite Säule im Todesfall für den Konkubinatspartner oder die Konkubinatspartnerin Leistungen erbringt. Es lohnt sich, das Reglement der Pensionskasse genau durchzulesen. Es gibt auch private Versicherungen, die dieses Risiko abdecken.

Therese Wüthrich: Anders als bei ­einer Scheidung wird die zweite Säule nicht aufgeteilt, wenn sich ein Konkubinatspaar trennt. Deshalb muss während der Beziehung unbedingt eine verbindliche Abmachung getroffen werden, die jene Person schützt, die weniger verdient und bei reduziertem Pensum die Kinder betreut. Die besser verdienende Person kann etwa für die Partnerin oder den Partner eine Sparversicherung anlegen.

Verwitwete Frauen sind ­neben geschiedenen am meisten von Altersarmut betroffen. Was raten Sie ihnen?

Danielle Axelroud: Genau, zwei Drittel der Frauen, die im Alter Ergänzungsleistungen benötigen, sind verwitwet oder geschieden. Es ist deshalb ganz wichtig, dass diese Frauen wissen, dass sie ein Recht auf Ergänzungsleistungen haben, und sie diese beantragen – sie müssen sich nicht dafür schämen.


Unbezahlte Arbeit Zweite Säule als Problem

Ein Grund, weshalb Frauenrenten oft niedriger sind als jene der Männer, ist die unbezahlte Care-Arbeit. Dazu gehören Kinderbetreuung, Hausarbeit und die Pflege kranker Angehöriger. Diese Arbeit wird noch immer mehrheitlich von Frauen geleistet – und sie wird in der zweiten Säule nicht berücksichtigt. Anders bei der AHV: Hier gibt es Erziehungs- und Betreuungsgutschriften, die als eine Art fiktives Einkommen dem AHV-Konto gutgeschrieben werden und damit die Rente etwas aufbessern. Wichtig: Die Betreuungsgutschrift muss jährlich bei der kantonalen Ausgleichskasse ­angemeldet werden.

KINDERBETREUUNG. Die Erziehungsgutschriften für die Kinderbetreuung müssen hingegen nicht jährlich angemeldet werden, sondern erst bei der Anmeldung zur Altersrente. Teilen sich die Eltern das Sorgerecht, kommt es bei der Anrechnung der Erziehungsgutschrift darauf an, ob sie verheiratet, geschieden oder nicht miteinander verheiratet sind und wer in welchem Umfang für die gemeinsamen Kinder verantwortlich war und ist. (mk)

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