Ratgeber

Haben meine Ferientage ein Verfalldatum?

Maria Künzli

Mit dem Jahreswechsel stellen sich viele die ­Frage, was mit den angesammelten Überstunden und nicht bezogenen Ferientagen geschehe. work gibt Antworten auf die drängendsten Fragen.

URLAUBSREIF: Das Gesetz stellt sicher, dass sich Arbeitnehmende regelmässig erholen können. (Foto: Getty Images)

Hans Fröhlicher hat im letzten Jahr viel gearbeitet. Und wenig Ferien gemacht. So hat er sich für 2024 einen Vorsatz gefasst: die verpassten Ferien möglichst bald nachholen und die Überstunden vom letzten Jahr abbauen. Doch geht das so einfach? Oder verfallen die nicht bezogenen Ferientage gar mit dem Jahreswechsel? Die wichtigsten Antworten:

Können Ferien verjähren?

Ja. Theoretisch. Ferien haben eine Verjährungsfrist von 5 Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt nach dem Ende des Jahres, in dem die Ferien hätten bezogen werden sollen. Diese Frist kommt aber kaum je zum Zug, da automatisch zuerst die ältesten Ferientage aufgebraucht werden – ausser der Chef oder die Chefin teilt Ihnen mit, dass ein anderes Ferienkontingent als das älteste verbraucht werden soll.

Können Überstunden verjähren?

Hier verhält es sich gleich wie bei den Ferien: Überstunden haben eine Verjährungsfrist von 5 Jahren. Werden Überstunden abgebaut, sei es mit einer Auszahlung oder mit Freitagen, betrifft das immer die ältesten vorhandenen Überstunden – sofern nichts anderes vereinbart wurde. So verjähren Überstunden nicht so rasch. Ob Überstunden mit Geld oder Freizeit oder gar nicht kompensiert werden können, hängt davon ab, was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Steht dort nichts, müssen Überstunden mit einem Lohnzuschlag von 25 Prozent entschädigt werden. Kadermitarbeitende haben normalerweise keinen Anspruch auf Lohnzuschlag. Dies muss aber in jedem Fall im Arbeitsvertrag geregelt werden. Sie sind übrigens nicht grundsätzlich dazu verpflichtet, Überstunden zu leisten. Überstunden sind nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt. Unter anderem müssen sie für den Betrieb notwendig und für die Arbeitnehmenden zumutbar sein (hier gelangen Sie zum Gesetzesartikel.

Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Überzeit?

Oft werden die Begriffe Überstunden und Überzeit verwechselt. Arbeiten Sie mehr als die vertraglich festgelegte Anzahl Stunden, handelt es sich bei der Zusatzarbeit um Überstunden, wenn Sie die gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeit nicht überschreiten. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 45 Stunden für Arbeitnehmende in industriellen Betrieben, für Büropersonal, technische Angestellte und Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Detailhandels. Für alle übrigen Arbeitnehmenden beträgt sie 50 Stunden. Mit Überzeit ist die Arbeitszeit gemeint, die die gesetz­liche Höchstarbeitszeit gemäss Arbeitsgesetz überschreitet (rebrand.ly/ueberzeit). Überzeit und Überstunden unterscheiden sich dadurch, dass die Entschädigung für die Überstundenarbeit im Arbeitsvertrag gestrichen werden kann, die Entschädigung für die Überzeitarbeit nicht. In einigen Branchen wie zum Beispiel beim Büropersonal besteht eine gesetzliche Entschädigungspflicht aber erst bei einer Überzeitarbeit von mehr als 60 Stunden im Jahr.

Kann ich dazu gezwungen werden, alle Ferientage für das laufende Jahr zu beziehen?

Grundsätzlich ja. Oder anders gesagt: Sie haben das Recht, Ihr ­Ferienguthaben aufzubrauchen. Das Gesetz schreibt vor, dass Ferien in der Regel im laufenden Kalenderjahr zu beziehen sind. So wird sichergestellt, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelmässig erholen können. Es ist zwar erlaubt, vereinzelt Ferientage ins nächste Jahr zu verschieben, aber es müssen beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen – damit einverstanden sein. Es kann sein, dass im Arbeitsvertrag geregelt ist, wie viele Ferientage ins neue Jahr überschrieben werden dürfen.

Darf ich selber entscheiden, wann ich Ferien machen will?

Zuständig für die Bestimmung der Feriendaten ist laut Gesetz der oder die Arbeitgebende. Das bedeutet aber nicht, dass er oder sie Ihnen ohne Rücksprache vorschreiben darf, wann Sie Ferien machen sollen. Die Chefin oder der Chef muss auf Ihre Wünsche Rücksicht nehmen, sofern sie mit den Interessen des Betriebs zu vereinbaren sind. Gehen Ihre minderjährigen Kinder noch zur Schule, sollten Ihre Vorgesetzten darauf Rücksicht nehmen, dass Sie Ihre Ferien während der Schul­ferien beziehen können. Ausserdem müssen Sie pro Jahr mindestens zwei Wochen Ferien am Stück beziehen können. Sollen Sie im Interesse des Betriebs zu einem bestimmten Zeitpunkt Ferien nehmen, muss das die Chefin oder der Chef mindestens zwei Monate im voraus mitteilen, ­damit Sie vernünftig planen können. Was nicht erlaubt ist: Arbeitnehmende kurzfristig zu Frei- oder Ferientagen zu zwingen, zum Beispiel wegen schlechter Auftragslage.

Geld statt Ferien: Ist das ­erlaubt?

Grundsätzlich darf Ihr Betrieb keine Geldzahlung anstelle der Ferien anbieten. Die Ferien dienen laut Gesetz der Erholung und sollten demnach auch tatsächlich ­bezogen werden. Ausnahmen ­dürfen bei Teilzeitarbeit mit un­regelmässigen Pensen gemacht werden: Hier kann der Ferienanspruch mittels einer (prozentualen) Ferienentschädigung beglichen werden. Diese muss aber klar definiert und sowohl im Arbeitsvertrag geregelt als auch in jeder Lohnabrechnung in Form von Franken oder Prozenten deklariert sein. Wenn im Vertrag nur «Ferien im Stundenlohn inbegriffen» steht, ist das nicht zulässig.

work-Tipp: Überstunden aufschreiben!

Es gibt in Ihrem Betrieb keine ­automatische Arbeitszeitkontrolle? Dann sollten Sie Ihre geleisteten Überstunden unbedingt aufschreiben (Datum und Art der Arbeit) und Ihre Arbeitgeberin oder Ihren Arbeitgeber monatlich per Mail über die Überstunden informieren. Wenn die Chefin oder der Chef auf dem Laufenden gehalten wurde und nicht eingeschritten ist, ist es einfacher, die Bezahlung der Überstunden einzufordern. Wenn die Vorgesetzten nicht über die Überstunden informiert wurden, gelten sie womöglich als nicht bewiesen, und Sie riskieren, leer auszu­gehen.


Ferien und Jobwechsel Bezahlt oder nicht?

Sie haben gekündigt und möchten den Betrieb schon vor Ablauf der Kündigungsfrist verlassen, weil Sie noch Ferien zugute haben und auf diese Weise die neue Stelle sofort antreten können? Das wird oft so gehandhabt, auch wenn laut Gesetz die Ferien – wenn möglich – als Erholungszeit zu beziehen sind, was auch für die Zeit innerhalb der Kündigungsfrist gilt. Ihre Chefin oder Ihr Chef kann Ihnen den früheren Abgang verweigern, es müssen aber triftige Gründe vorliegen. Dürfen Sie die Arbeitsstelle nicht frühzeitig verlassen, müssen Ihnen die nicht bezogenen Restferien ausbezahlt werden.

AUSZEIT. Haben Sie Ihr ­Ferienguthaben aufgebraucht und legen zwischen zwei Jobs eine unbezahlte Auszeit ein, werden in dieser Zeit keine Sozialver­sicherungsbeiträge abgerechnet. Bei kurzen Pausen zwischen zwei Arbeitsverhältnissen ist das kein Problem. Bei längeren Sabbaticals sollten Sie bei der Ausgleichskasse einen IK-Auszug verlangen, auf allfällige Beitragslücken prüfen und für den Zeitraum der Auszeit die Beiträge für Nichterwerbstätige bezahlen. Beitragslücken wirken sich schmerzlich auf die spätere Rente aus. Wichtig: Nachzahlungen sind immer nur für die letzten fünf Jahre möglich!

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