Zwei Jahre Genfer Mindestlohn

Nur positive Folgen

Christian Egg

Tausende profitieren in Genf vom gesetzlichen Mindestlohn. Jetzt bestätigt eine Studie: Negative Auswirkungen hatte er keine.

MINDESTLOHN: Eine neue Studie straft die Gegner Lügen. (Foto: Unia)

24 Franken pro Stunde. Für weniger muss in Genf niemand arbeiten: Der Kanton sagte vor drei Jahren Ja zu einem gesetzlichen Mindestlohn. Seither profitieren rund 20 000 Arbeiter und vor allem Arbeiterinnen von einem besseren Lohn.

Die rechten Gegner des Mindestlohns hatten vor der Abstimmung in grellen Tönen davor gewarnt, ein Ja ­­in die Urne zu legen. Der Chef der Industrie- und Handelskammer sprach von einem «Messerstich gegen unseren wirtschaftlichen Wohlstand», der Mitte-Politiker Vincent Maitre sagte einen Anstieg der Arbeitslosigkeit voraus.

Wer die ökonomische Forschung kennt, weiss, dass das nicht stimmt. Weltweit zeigen Studien, dass Mindestlöhne zwar die Saläre ansteigen lassen, nicht aber die Arbeitslosenzahlen. Drei US-Forscher, die dieser Erkenntnis zum Durchbruch verhalfen, erhielten dafür 2021 sogar den Nobelpreis.

UNBEEINFLUSST. Das zeigt sich jetzt auch in Genf. Im Auftrag des Kantons haben Universität und Fachhochschule Genf die Arbeitsmarktdaten von 2018 bis 2023 analysiert und mit Zahlen aus anderen Kantonen verglichen. Fazit: Der Mindestlohn hatte insgesamt keinen ­signifikanten Einfluss auf die Arbeits­losenquote im Kanton.

Einzig in der Altersgruppe der unter 25jährigen sei die Quote leicht höher, als sie ohne Mindestlohn wäre, so die Studie: um 0,6 Prozentpunkte. Weil der Mindestlohn jene schützt, die bereits etwas Berufserfahrung haben – ­Firmen können sie nicht mehr durch junge Arbeitnehmende zu Tiefstlöhnen er­setzen. Zudem, so die Autoren, suchen heute mehr Junge eine Stelle, weil sich dies dank Mindestlohn eher lohnt.

INFORMIERT. Die Studienautoren haben auch unter 25jährige befragt – mit erfreulichem Ergebnis: Neun von zehn wissen, dass in Genf ein Mindestlohn gilt, und zwei von drei wissen, dass er 24 Franken beträgt. Das sei wichtig, so die Forscher. Denn junge Menschen seien am ehesten von Mindestlöhnen betroffen.

Der Genfer Arbeitgeberverband, auch er damals vehementer Gegner der Vorlage, nimmt die Zahlen «zur Kenntnis». Die «NZZ» zitiert den Verband, der Mindestlohn habe «allerdings» zu einer allgemeinen Lohnspirale nach oben geführt. Weil Ungelernte nun fast den ­gleichen Lohn erhalten wie Gelernte, verlangten diese jetzt mehr als den Mindestlohn. Ob das wirklich negativ ist, ist Ansichtssache.

EINGEREICHT. Die Schweizer Mindestlohn-­Welle rollt derweil weiter: Im Kanton Freiburg hat das Bündnis aus Gewerkschaften und fortschrittlichen Parteien die nächste Initiative eingereicht.

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