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Magnetschwebebahn: Neue, heisse Schlitten, die vorerst niemand kaufen will

Das deutsche Bauunternehmen Max Bögl hat eine abgespeckte Magnetschwebebahn entwickelt. Mit vielen Vorteilen. Warum aber will niemand in Europa auch nur eine Teststrecke bauen?

INNOVATIV: Die Magnetschwebebahn aus Deutschland stösst in China auf Interesse. (Foto: ZVG)

Wer ist Max Bögl? Niemand in meinem Um­­feld kennt diesen Max. Nachhilfeunterricht: Max Bögl ist ein deutsches Bauunternehmen. Das Unternehmen macht gut 2 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. 6500 Frauen und Männer schaffen dort Mehrwerte, vorab im Tiefbau. Macht gut 300 000 Franken Umsatz pro lohn­abhängiger Person. Die ostbayrische Bau­unternehmerfamilie gehört – dank Mehrwertabschöpfung – mit 1,25 Milliarden Euro Vermögen zu den 1000 reichsten Familien Deutschlands. Ein Klacks im Vergleich zur Blocher-Family, die zehn Mal mehr Vermögen auf die Waage der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten bringt. Aber immerhin.

Innovativ ist Bögl Ostbayern. Sie bauen in Bayern zurzeit ein 285 Meter hohes Windrad auf 600 Metern über Meer, das mit einer Leistung von 7 Megawatt ab Ende 2024 Strom produzieren wird. Nach Eigenwerbung soll es das stärkste Windrad der Welt werden.

Die Max-Bögl-Ingenieure hatten einst für die in Deutschland entwickelte Magnetschwebebahn Transrapid die Aufständerung entwickelt. Sie hätte mit 400 km/h durch die Landschaft sausen sollen. Aber das Projekt scheiterte kläglich. Dennoch hatten die Ingenieure dabei
viel gelernt. Unter anderem, dass bei hohen Geschwindigkeiten die Kosten explodieren.

TAUSENDSASSA SÖDER. Ostbayerinnen und Ostbayern sind Sturköpfe. Deshalb hat
die Familie Bögl nun auf eigene Kosten mit 65 Mitarbeitenden und mit Entwicklungskosten von nur 50 Millionen Euro einen Mini-Transrapid entwickelt. Alles von der Fahrbahn über die Triebwagen bis zur Steuerung kommt aus einer Hand. Aus der des Unternehmens Max Bögl.

Und immer, wenn es etwas Neues zu bestaunen gibt, ist der bayrische Ministerpräsident Dr. Markus Söder vor Ort und im Bild. Der Tausendsassa, der es vielleicht noch zum deutschen Kanzler schaffen wird, wortreich: «Danke für die eindrucksvolle Fahrt! Schnell, leise und ökologisch – das ist ein Blick in die Zukunft.» Und der Vorstandsvorsitzende Stefan Bögl versuchte letzte Woche die Gunst der Stunde zu nutzen und liess verlauten:

«Es freut uns ganz besonders, dass sich der bayrische Ministerpräsident Dr. Markus Söder und Staatsminister Albert Füracker mit ihrem Besuch bei uns in Sengenthal persönlich ein Bild von unserer zukunftsweisenden Entwicklung TSB gemacht haben. (…) Nun ist es an der Zeit, eine erste Anwendungsstrecke in Bayern zu realisieren.»

Deutschland investierte schon bisher zu wenig in Innovation der öffentlichen Infrastruktur. Die CDU will bei den Sozialausgaben sparen. Der Ampel-Regierung droht der definitive Absturz, weil sie die Schuldenbremse nicht aufheben kann und auch nicht aufheben will.

Bögls Magnetschwebebahn hätte einige Vorteile:

  • Das System ist extrem leise, weil erstens die Motoren weitgehend in der Fahrbahn ein­gekapselt sind. Und niemand schneller als 150 km/h fahren kann.
  • Das System kann Steigungen von bis zu 10 Prozent überwinden. Vielleicht sogar noch etwas mehr. In diesem Bereich brauchen unse­­re Bahnen Zahnräder.
  • Man kann pro Stunde und Richtung bis zu 30 000 Personen transportieren. Aber auch Container, wenn es sein muss.
  • Die Fahrbahn kann ebenerdig oder auf Stelzen gebaut werden. Dank Brückenpfeilern können auch Flüsse und Lawinenzüge mit einer Breite von bis zu 72 Metern überspannt werden.
  • Die Lokführerin und der Lokführer sitzen nicht mehr im Führerhäuschen, sondern in der Leitstelle des führerlosen Systems. Die Musik spielt in der Leitstelle.
  • Die Bögl-Bahn fährt auch bei starkem Schneetreiben.
  • Die Kosten sollen für eine zweispurige Strecke irgendwo zwischen 30 und 50 Mil­lionen Euro liegen (alles inklusive). Das ist viel günstiger als eine U-Bahn.

Trotz diesen Vorteilen wird es das System Bögl in Europa und erst recht in der Schweiz schwer haben. S-Bahnen und Tramstrecken sind nämlich nicht teurer als die Bögl-Bahn. Und jedes neue System macht den öffentlichen Verkehr als Gesamtsystem komplizierter und damit teuer. Neu sucht Bögl die Kooperation mit China.

Links zum Thema

  • rebrand.ly/china-teststrecke Weil Deutschland kein Geld in seine marode Infrastruktur stecken will, baut China, genauer die Chengdu Xinzhu Road & Bridge Machinery Co., jetzt eine 3,8 Kilometer lange Bögl-Bahn-Teststrecke. Damit das System in China zugelassen werden kann.
  • rebrand.ly/söder-bei-bögl Die Website des Unternehmens Bögl ist recht informativ. Was nicht fehlen darf, sind Fotos mit einem fröhlichen Dr. Markus Söder himself.

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