Ratgeber

Eine nette Interessentin oder fiese Abzockerin?

Maria Künzli

Viele verdienen sich mit dem Verkauf von gebrauchten Kleidern oder Möbeln auf Onlinemarktplätzen etwas dazu. Doch die Gefahr ist gross, Opfer eines Betrugs zu werden. Was Sie beachten müssen, um nicht in eine Falle zu ­tappen, erfahren Sie hier.

VORSICHT: Bevor Sie eine Zahlung mit Ihrer Kreditkarte tätigen, sollten einige Kriterien erfüllt sein. (Foto: Getty Images)

Felix wünscht sich zu Weihnachten teure Markenturnschuhe. Da müsse er aber selbst auch was beisteuern, finden seine Eltern. Also kommt dem Zwölfjährigen die Idee, er könnte ja seine alten Spielsachen und Kleider auf tutti.ch verkaufen. Da Felix noch nicht volljährig ist, eröffnet seine Mutter Monika Müller selbst ein Konto, um die Verkäufe für ihren Sohn abzuwickeln. Das Gratisinserat ist schnell aufgegeben, und kurze Zeit später meldet sich schon eine nette Interessentin. Romana, so der Profilname, möchte den Artikel kaufen, wohnt aber zu weit weg, um ihn selbst abholen zu können. Sie schlägt per Whatsapp vor, dass ein Kurier der Post die Ware abhole, und schreibt weiter: «Für Sie entstehen keine zusätzlichen Kosten, ich werde den Kurier und die Ware im voraus bezahlen.» Ist doch super, denkt sich Frau Müller und ist mit dem Vorgehen einverstanden. Ein paar Minuten ­später erhält sie einen Link mit folgender Nachricht: «Ich habe meinen Betrag bezahlt. Die Post hat mein Geld erhalten. Sobald Sie das Antragsformular ausgefüllt haben, wird Ihnen das Geld zugestellt. Die Transaktion ist heute fällig.» Monika Müller füllt das Formular aus. Als sie dann gebeten wird, ihre Kreditkarteninformationen preiszugeben, wird sie stutzig. Da das Antragsformular aber vermeintlich auf der Website der Post ist und alles seriös aussieht, fährt sie fort. Schliesslich wird sie aufgefordert, auf ihrem Handy die Push-Nachricht ihrer Banken-App zu bestätigen, damit der Kaufbetrag ihrem Konto gutgeschrieben werden kann. Auch diese Nachricht sieht seriös aus wie eine normale Push-Mitteilung ihrer Bank – also fährt Monika Müller ein weiteres Mal fort.

Seit einigen Monaten warnt die Polizei vor dieser Betrugsmasche.

BÖSE ÜBERRASCHUNG

In Wahrheit haben die Betrüger gerade die Zwei-Faktor-Authentifizierung von Monika Müllers Kreditkarte ausgehebelt. Damit steht ­ihnen der Weg frei, die Karte für eigene Einkäufe zu nutzen. Hätte Frau Müllers Bank die verdächtige Transaktion nicht gleich bemerkt und Karte und Konto umgehend gesperrt, hätte sie womöglich viel Geld verloren.

Monika Müller ist kein Einzelfall. Seit einigen Monaten warnt die Polizei vor dieser Betrugsmasche, genannt «Token­ized Fraud». Opfer sind meist unerfahrene Verkäuferinnen und Verkäufer. Denn diese wissen oft nicht: Auf Kleinanzeigenportalen gibt es keine offiziell unterstützten Lieferdienste und auch keine Kooperationen mit der Post oder mit DHL. Betrugsmaschen sind vielfältig und können sowohl auf kaufende als auch auf verkaufende Personen ausgerichtet sein. Seien Sie in jedem Fall wachsam! So können Sie Transaktionen auf Tutti, Ebay, Ricardo, Facebook Marketplace und Co. sicher abwickeln:

  • Kommunizieren Sie über die Plattform
    Kommunizieren Sie nur über den Nachrichtendienst der Plattform, nicht per Mail oder Whatsapp. Betrügerinnen und Betrüger versuchen oft, das Opfer unter einem Vorwand zu einen Kanalwechsel zu bewegen. Damit vermeiden sie, von den Plattformen selbst entlarvt zu werden.
  • Bestehen Sie auf Barzahlung
    Am sichersten für beide Seiten ist es, wenn sich Käuferin und Verkäufer persönlich an einem öffentlichen Ort treffen und die Ware bar bezahlt wird. Wird der Artikel verschickt, akzeptieren Sie nur eine Direktüberweisung, zum Beispiel via Twint. Doch Vorsicht, wenn Ihnen die Verkäuferin oder der Verkäufer für die Twint-Überweisung einen QR-Code oder einen Zahlencode schickt! QR-Codes und Zahlencodes erhalten nur offizielle Händlerinnen und Händler, keine Privatpersonen. Bei Käufen zwischen Privaten sollte das Geld ausschliesslich über die Telefonnummer transferiert werden. Sind Sie die verkaufende Person, dann verschicken Sie den Artikel erst, wenn das Geld auf Ihrem Konto angekommen ist.
  • Seien Sie vorsichtig bei einer Falschüberweisung
    Eine perfide Betrugsmasche bei einer Überweisung ist, dass die vermeintliche Käuferin oder der Käufer mit einer gefälschten Zahlungsbestätigung vorgibt, aus Versehen zu viel überwiesen zu haben, und Sie bittet, die Differenz zurückzuüberweisen. Allerdings wird die vermeintliche Überbezahlung nie ausgelöst. Es kann auch sein, dass die Betrüger behaupten, die Überweisung sei blockiert und werde erst freigegeben, wenn gewisse Spesen übernommen würden. Gehen Sie nicht dar­auf ein!
  • Seien Sie misstrauisch
    Teilen Sie nie Passwörter, Perso­nendaten oder Kreditkarteninformationen mit. Informieren Sie sich wenn möglich über die Person, die Ihnen etwas abkaufen oder verkaufen will: Gibt es Bewertungen aus früheren Transaktionen? Wurde das Profil – zum Beispiel bei Facebook Marketplace oder Ebay – erst kürzlich erstellt, sollten Sie hellhörig werden.
  • Schützen Sie Ihre Accounts
    Sie haben ein einfaches Passwort und am liebsten überall das gleiche? Damit sind Sie nicht allein, doch es ist brandgefährlich. Es kommt immer wieder vor, dass sich Betrügerinnen und Betrüger in fremde Konten hacken und im Namen anderer Artikel zum Verkauf anbieten, die nie geliefert werden. Wählen Sie für jede Website ein anderes, starkes Passwort.

Bei Betrug: Nicht lange warten!

Werden Sie Opfer eines Betrugs bei einem Onlinemarktplatz, gilt es, schnell zu reagieren: Rufen Sie sofort Ihre Bank an, und lassen Sie die Kreditkarte sperren. Das ist der erste und wichtigste Schritt, falls persönliche Daten in die falschen Hände geraten sind. Informieren Sie die Onlineplattform über den betrügerischen Account, damit sie ihn sperren kann. Wurden Sie gehackt, melden Sie es der betreffenden Plattform und ändern Sie das Passwort. Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei, je nach Delikt können Sie auch eine ­Onlineanzeige machen.

Weitere Informationen und Tipps hier.

 


GütesiegelIst der Webshop seriös?

Der Onlineeinkauf boomt, und so boomen auch un­seriöse Webshops. Doch wie erkennt man seriöse Onlineshops? Eine erste Orientierung können Gütesiegel geben, zum Beispiel «Trusted Shops» oder «Swiss Online Garantie». Doch auch Gütesiegel lassen sich fälschen, und mittlerweile gibt es so viele verschiedene, dass man leicht den Überblick verliert. So erkennen Sie ein seröses Gütesiegel: Klicken Sie auf das Gütesiegel. Werden Sie zur erwarteten Website weitergeleitet, oder ist nur das Bild reinkopiert? Falls Sie weitergeleitet werden: Handelt es sich um eine vertrauenswürdige Organisa­tion? Falls dem so ist, sind die Qualitätskriterien ausführlich beschrieben, und es werden Angaben darüber gemacht, wie und wie oft die Organisation überprüft, ob die Anbieter die Kriterien erfüllen.

AUGEN AUF. Achten Sie bei einem Webshop zudem auf diese drei Punkte:

  1. Die Internetadresse des Shops beginnt mit https://, und in der Adresszeile des Browsers wird ein Schlosssymbol angezeigt.
  2. Seriöse Anbieter ver­stecken sich nicht: Das Impressum mit Name, Post- und Mailadresse sowie Tele­fonnummer ist vollständig und leicht auffindbar.
  3. Die Rückgabebedingungen sind transparent und kundenfreundlich.

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