1x1 der Wirtschaft

Teure Krankenkassen: Die Kopfprämien sind das Problem, nicht die Kosten

Hans Baumann

Die Gesundheitsausgaben sind in der Schweiz in den letzten Jahren nochmals angestiegen. Wohnkosten und Krankenkassenprämien sind die grössten Ausgabenposten in Schweizer Haushalten, und Familien mit Kindern zahlen für die Krankenkassenprämien mehr als für Steuern. Es stimmt, in gewissen Bereichen ­liessen sich Gesundheitskosten ­senken: überteuerte Medikamente, hohe Löhne von Chefärzten, zu hohe Verwaltungskosten der Kassen usw.

IM RAHMEN. Vergleicht man unsere Gesundheitskosten mit anderen Ländern, so fällt auf, dass sie durchaus im Rahmen sind. Der Anteil der Gesundheitskosten am Bruttoinlandprodukt (BIP) beträgt in der Schweiz 11,3 Prozent. In den meisten westeuropäischen Ländern beträgt der Anteil zwischen 10 und 12 Prozent. Zwei ­unserer Nachbarländer schlagen dabei etwas nach oben (Deutschland) und unten aus (Italien). Von allen Industrieländern die höchsten Kosten weist das US-amerikanische, fast vollständig privatisierte Gesundheitssystem auf. Sein Anteil am BIP ist rund 50 (!) Prozent höher als in Westeuropa.

FINANZIERUNG FALSCH. Eine gute Gesundheitsversorgung kostet, und wir sollten uns die vergleichsweise hohe Qualität, die wir heute haben, auch leisten können. Das grösste Problem sind hierzulande nicht die Kosten, sondern ihre Finanzierung. Und hier gibt es riesige Unterschiede zu anderen Ländern. Während etwa in Dänemark und Grossbritannien der Hauptteil der Kosten aus Steuermitteln bezahlt wird, die progressiv sind und die Reichen deutlich stärker belasten, werden in anderen Ländern die Gesundheitskosten wenigstens mit Lohnprozenten und somit im Verhältnis zum Einkommen finanziert. In der Schweiz mit der Kopfprämie bezahlt eine Angestellte, die 5000 Franken verdient, ­genau gleich viel wie der Manager, der 50 000 Franken im Monat verdient. Das ist unsozial und führt dazu, dass untere und mittlere Einkommen viel zu stark belastet werden. Auch die Prä­mienverbilligung für tiefe Einkommen ändert daran nur wenig. Die Schweiz ist reich genug, um sich ein gutes Gesundheitssystem zu leisten. Weil aber der Reichtum so ungleich verteilt ist, muss auch die Finanzierung der Gesundheitskosten anders aufgeteilt werden. Die Prämienentlastungsinitiative der SP ist ein erster Schritt dazu.

Hans Baumann ist Ökonom und Publizist.

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