1x1 der Wirtschaft

Die Zahlen zeigen es: Höheres Rentenalter tötet

David Gallusser

Ein höheres Rentenalter tötet. Das ist die traurige Botschaft einer neueren Studie* zu einer Rentenreform in Spanien. Die Reform erschwerte Beschäftigten die Frühpensionierung. Wenig überraschend schoben diese ihre Pensionierung auf. Aufhorchen lässt, dass die Beschäftigten, die neu länger arbeiten mussten, häufiger frühzeitig starben. Die Studie rechnet vor, dass mit einer Erhöhung des Rentenalters um ein Jahr deutlich mehr Büezerinnen und Büezer früher sterben. Pro 1000 Beschäftigte versterben ohne höheres Rentenalter 98 im Alter zwischen 60 und 69 Jahren. Wird das Rentenalter um ein Jahr erhöht, sind es 42 Tote mehr. Ein enormer Anstieg.

Tödliche Belastung. Die zusätz­lichen Sterbefälle stehen im Zusammenhang mit der Belastung bei der Arbeit, der die Menschen wegen des höheren Rentenalters länger ausgesetzt sind. Die Wahrscheinlichkeit zu sterben steigt nämlich am stärksten bei Beschäftigten in körperlich anspruchsvollen Branchen, aber auch in Berufen mit viel Stress und psychischem Druck. Ebenso sterben Beschäftigte, die in ihrer Arbeit wenig Wertschätzung erfahren, wegen des höheren Rentenalters häufiger früher. Hier zeigt sich, wie fatal die Ungleichheiten in unserer Arbeitswelt sein können. Sind es doch oftmals Beschäftigte mit tiefen und mittleren Einkommen, die wenig Wertschätzung erfahren und erst noch hohen Belastungen ausgesetzt sind.

Grausame Rentenkürzung. Weil Beschäftigte häufiger früh sterben, erreichen weniger von ihnen den wohlverdienten Ruhestand. Oder sie können ihn weniger lange geniessen. Ein höheres Rentenalter senkt damit auf grausame Weise die Rentenansprüche. Und das zusätzlich zu den Rentensenkungen, die ein höheres Rentenalter sowieso mit sich bringt. Denn auch für Beschäftigte, die länger leben, bedeutet jedes Jahr länger arbeiten ein Jahr weniger Rente. ­Ihnen entgeht damit viel Geld. So ­haben Schweizer Rentnerinnen und Rentner in der AHV im Durchschnitt Anspruch auf über 22 000 Franken pro Jahr. Im kommenden März steht deshalb viel auf dem Spiel, wenn wir über die Initiative der Jungfreisinnigen abstimmen, die uns zwingen wollen, bis 67 zu arbeiten.

* Cristina Bellés-Obrero, Sergi Jiménez-Martín und Han Ye (2022): The Effect of Removing Early Retirement on Mortality. IZA DP No. 15577.

David Gallusser ist Ökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB).

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.