Plattenleger Albert Japara (52) machte drei Firmen-Konkurse mit
«Mein Chef schuldet mir 20 000 Franken»

Fast fünf Jahre lang hat ­Albert Japara für seinen ­Pleitegeier-Chef gearbeitet. Nach dem dritten Firmen­konkurs hat der Plattenleger jetzt endgültig die Nase voll.

MUTIG: Albert Japara hat bei seinem alten Arbeitgeber viel mitgemacht, jetzt kämpft er für das Geld, das ihm zusteht. (Foto: Florian Bachmann)

Albert Japara arbeitete bereits in seinem Heimatland Moldawien als Plattenleger. Moldawien ist ­eines der ärmsten Länder Europas. Als das Job­angebot aus der Schweiz kam, hoffte Japara, seiner Familie ein besseres Leben zu ermöglichen. Dafür zog er in die Schweiz, seine Frau und die Kinder musste er zurücklassen. Doch die Stelle in einer Plattenlegerbude bescherte ihm mehr Pech als Glück. Denn: «Mein Chef schuldet mir 20 000 Franken.»

Das Businessmodell ist so einfach wie dreckig: Der Abzocker-Chef gründet eine Firma, stellt fleissige Arbeiter ein, oft aus dem Ausland, und fährt die Firma an die Wand, alles ganz legal. In der Zwischenzeit bezahlt er unvollständige Löhne. Die Beträge für die AHV und die Pensionskasse bezahlt er nur lückenhaft bei den Versicherern ein. In den fünf Jahren, in denen Japara für diesen Chef gechrampft hat, ging der Pleitegeier mit ganzen drei Firmen in den Konkurs. Insgesamt sind es mindestens vier Unternehmen innert weniger Jahre. «Mittlerweile gründete er auch eine Firma auf den Namen seiner Frau, weil seine eigene Weste nicht mehr sauber ist», sagt Platten­leger ­Japara.

Für die ausstehenden Löhne musste der Chef vor seinen Arbeitern nie geradestehen, denn die meisten kannten ihre Rechte nicht und wehrten sich dementsprechend auch nie. Anders aber ­Albert Japara. Als ein Unia-Gewerkschaftssekretär auf einer Baustelle vorbeikam, witterte er seine Chance. «Es hiess: Wenn du Mitglied der Gewerkschaft bist, helfen wir dir mit rechtlichen Angelegenheiten. Für mich war klar, dass ich um das geschuldete Geld kämpfen muss. Schliesslich arbeite ich, um meine Familie zu ernähren.»

Das Businessmodell seines Abzocker-Chefs ist so einfach wie dreckig.

MUT FÜR EINE GANZE MANNSCHAFT

Die nächste Pleite bahnte sich an. Und für Japara war klar: Dieses Mal macht er das falsche Spiel nicht mehr mit. Sein Motto: «Meine Teamkollegen haben den Mut nicht. Aber ich habe den Mut für das ganze Team.» Dass die Löhne fehlen, ist auch unter den Arbeitern ständig ein Thema. Japara schätzt, dass der Chef ihnen gesamthaft bis zu 100 000 Lohnfranken schuldet. «Viele gehen nach wenigen Wochen retour in ihre Heimat, wenn sie unvollständige Löhne erhalten und unter miserablen Arbeitsbedingungen arbeiten müssen.»

Im Dezember des vergangenen Jahres war es dann wieder so weit: Der Plattenleger erhielt während dreier Monate unvollständige Löhne, damals hiess die Firma seines Chefs Ademi Keramik GmbH. «Ich hatte die Nase voll von der Abzockerei. Für meinen Chef rühre ich keinen Finger mehr.» Also kündigte er. Damit die fehlenden Lohnzahlungen doch noch auf seinem Konto landen, wandte er sich an den Unia-Rechtsdienst. Vadim Drozdov, der zuständige Rechtsberater, unterstützt Japara.

Firmenkonkurs: So ­kommen Sie zu Ihrem Lohn

Was können Sie tun, wenn Ihre Firma pleitegeht? Betroffene können bei der Arbeitslosenversicherung eine Insolvenzentschädigung beantragen, wenn die Löhne ausbleiben. Diese Entschädigung deckt bis zu vier Monatslöhne. Wichtig ist dabei, die Fristen einzuhalten. Mehr Infos dazu im work-Ratgeber.

Drozdov hat den Chef der Ademi Keramik GmbH schriftlich aufgefordert, die fehlenden Löhne zu bezahlen. Dieser hat das Schreiben jedoch ignoriert, also wurde er gemahnt und dann betrieben. Doch der Plattenleger-Chef rührte sich nicht. Damit Japara nun seine ausstehenden Löhne erhält, braucht es vom Arbeitsgericht ein Urteil, wo schwarz auf weiss steht, dass sein Chef ihm Geld schuldet. Doch laut Rechtsberater Drozdov zieht sich das Vorgehen in die Länge: «Der Chef nimmt Japara nicht ernst. An der Schlichtungsverhandlung ist er einfach nicht aufgetaucht.» Ausserdem: Fünf Tage vor der Schlichtungsverhandlung ging die Firma konkurs. Laut Rechtsberater Drozdov war das ein taktisches Vorgehen: «Japara war der erste Mitarbeiter, der sich gewehrt hat. Statt ihm die Löhne zu zahlen, ging er einfach in den Konkurs. Der Chef wusste, dass die Behörden einspringen werden.» So konnte ­Japara eine Insolvenzentschädigung beantragen und erhielt 19 500 Franken.

«Ich hatte die Nase voll von der Abzockerei.»

CHEF BETTELT

«Mit der Gewerkschaft für mein Geld zu kämpfen, habe ich vor allem für meine Familie getan», sagt Japara zu work. Nach der miesen Anstellung hat Japara einen Deutschkurs besucht und eine neue Arbeitsstelle gesucht. Den Kurs hat er gemacht, um sich mit Behörden, Arbeitgebern und weiteren Anlaufstellen besser verständigen zu können.

Mittlerweile leben auch seine Frau und seine beiden Kinder in der Schweiz. Die Kinder wurden eingeschult, lernen Deutsch und werden bald eine Lehrstelle suchen. Japaras Ehefrau arbeitet bei Ceva in Neuendorf SO, wo Zalando-Retouren weiterverarbeitet werden. Auch sie wehrte sich für bessere Arbeitsbedingungen. Japara hat mittlerweile einen neuen Arbeitgeber gefunden. Sein alter Chef möchte ihn aber unbedingt zurückhaben: «Der ruft mich fast täglich an und bettelt, dass ich wieder für ihn arbeiten solle. Das kann er vergessen, denn ich habe jetzt einen besseren Job mit vollständigen Monatslöhnen – dreizehn Mal im Jahr.»

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