Eisenleger Burim Sejdiji (35) prangert Schwarzarbeit an:

«Wir werden aufs Übelste ausgebeutet!»

Jonas Komposch

Weil sein Ex-Chef schwarz abrechnete, steckt Familienvater Burim Sejdiji knietief im Schuldensumpf. Seine Ausbeuter machen munter weiter – sogar auf Baustellen des Departements von Verteidigungsministerin Viola Amherd.

KÄMPFERISCH: Burim Sejdiji soll Arbeitslosengeld zurückzahlen, gibt aber nicht klein bei. Er hat die Unia und eine Anwältin eingeschaltet. (Foto: Jasmin Frei)

Solche Hilferufe landen selbst bei Gewerkschaften nicht häufig: «Ich kann nicht mehr, weiss nicht mehr weiter. Ich habe meinem Ex-Arbeitgeber vertraut, er hat mich verarscht. Wenn ich jetzt so bestraft werde, kann ich mich gleich erschiessen.» Das schreibt Eisenleger Burim Sejdiji (35), ein zweifacher Familienvater aus Winterthur, in einem Brief an die Unia. Sein grösstes Problem: Die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich. Diese hat ihm Monat für Monat rund 4700 Franken überwiesen, nachdem er bei der Eisenlegerfirma GV Team GmbH entlassen worden war. Doch jetzt verlangt die Kasse das Geld zurück – total über 47000 Franken! Der Grund: Für die relevanten Beitragsjahre seien für Sejdiji gar keine Löhne deklariert worden. Das hätten Abklärungen der Sozialversicherungsanstalten St. Gallens und Zürichs sowie der Suva ergeben. Folglich müsse «davon ausgegangen werden, dass das für die Erfüllung der Beitragszeit vorgelegte Arbeitsverhältnis (…) nicht bestanden hat und demzufolge der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung mangels Beitragszeit rückwirkend zu verneinen ist.» Heisst: Weil sein Ex-Chef keine Sozialbeiträge entrichtet hat, glaubt die Arbeitslosenkasse Sejdiji nicht, dass er für diesen gearbeitet hatte. Ein Teufelskreis.

AUSBEUTER UNBEHELLIGT

Sejdiji aber versichert: «Ich war 16 Jahre Eisenleger in der Schweiz und davon habe ich mehr als 12 Monate bei der GV Team gearbeitet.» Dafür hat Sejdiji auch Beweise. Etwa eine unterzeichnete Arbeitgeberbescheinigung, 13 Lohnabrechnungen oder eine Zeugenliste. All das hat er den involvierten Instanzen vorgelegt. Vergebens. Die Kasse hält an ihrer Forderung fest – und wird dabei vom Zürcher Sozialversicherungsgericht gestützt. Dieses hat eine Beschwerde des Arbeiters abgeschmettert.

Aufgeben will Sejdiji aber nicht. Er hat die Unia und eine Anwältin eingeschaltet. Gleichzeitig zeigt er sich erbittert: «Wir Eisenleger verbauen täglich tonnenweise Stahl von Hand und werden als Dank aufs Übelste ausgebeutet. Die Arbeitgeber wissen genau, wie sie solche Maschen abziehen können und kommen ohne weiteres davon. Ich habe schon zwei Chefs angezeigt – ohne wirklichen Erfolg.» Noch einmal will Sejdiji die Verantwortlichen aber nicht davonkommenlassen. Er hat sich entschieden auszupacken.

SUBUNTERNEHMEN VON IMPLENIA & CO.

Die GV Team GmbH, mittlerweile in Liquidation, sei Teil eines verworrenen Firmengeflechts um die St. Galler Geschäftsmänner Haki S.* und Visar D.*. Sejdiji sagt: «Sie mischeln immer über diverse GmbHs, lassen diese irgendwann Konkurs gehen und haben bereits eine neue Firmenhülle bereit.» Ein Blick ins Handelsregister bestätigt: Haki S. und Visar D. haben in den letzten Jahren mindestens sechs verschiedene Eisenlegerfirmen an die Wand gefahren – oft nach mehrfachen Namens-und Adresswechseln. Aktuell laufen die Geschäfte über die HAV GmbH. An ihrem Firmensitz in St. Gallen ist bloss ein vollgestopfter Briefkasten zu finden. Aktiv ist die HAV aber sehr wohl. Auch Burim Sejdiji hat für sie gearbeitet. «Den Lohn habe ich immer in bar bekommen und ohne Beleg.» Nachweislich hat sich die Firma auch um die obligatorischen Beiträge an die FAR-Stiftung für den flexiblen Altersrücktritt gedrückt. Sejdiji ist sich daher sicher: «Sie haben mich schon wieder schwarz beschäftigt, ohne dass ich es wusste.» Neben Sejdiji haben sich noch andere HAV-Arbeiter bei der Unia gemeldet. Wie Sejdiji waren sie beim Neubauprojekt des Kantonsspitals Baden tätig. Dort führt der Baukonzern Implenia Regie. Oder beim Neubau der Kasernenanlagen in Frauenfeld. Auch dort war es Implenia, der die HAV als Subunternehmen anheuerte. Bauherr ist niemand geringeres als das Eidgenössische Verteidigungsdepartement. In Gossau baut die Firma an einer grossen Fabrikhalle – wieder im Auftrag einer angesehenen Baufirma, der Brühwiler AG aus Oberbüren. Burim Sejdiji hofft, dass nun endlich etwas passiert. «Für meine Kollegen», wie er sagt. Er selbst hat nämlich genug vom Bau und ist jetzt Gepäckverlader am Flughafen Zürich. Der Lohn sei zwar tiefer, aber wenigstens legal.

*Name der Redaktion bekannt.

 

Dieser Artikel wurde angepasst, da die Vorwürfe gegen die BMB Quality GmbH betreffend Schwarzarbeit aufgrund einer Verwechslung zustande kamen.

 

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