Ratgeber

So nehmen Sie Ihre Rechte auf Unterstützung wahr

Maria Künzli

Sie schuften, doch der Lohn reicht einfach nicht? Das geht immer mehr Menschen so, seit die Löhne der Teuerung hinterherhinken. Kommt noch ein Unfall dazu, Arbeitslosigkeit oder ein Ex-Partner, der die Alimente nicht bezahlt, gerät man schnell in Geldnot. work zeigt, welche Möglichkeiten Sie haben und wo Sie Hilfe bekommen.

VIEL NOT, WENIG NÖTLI: Wer im Alltag jeden Rappen zweimal umdrehen muss, sollte schauen, ob alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, bei den grösseren Brocken etwas Luft zu schaffen. Zum Beispiel bei Steuern und Krankenkassenprämien. (Foto: Keystone)

STEUERN: STEUERERLASS, RATENZAHLUNG, STUNDUNG

Sehen Sie keine Möglichkeit, die Steuern zu bezahlen, sollten Sie schnell reagieren. Nehmen Sie mit dem zuständigen Steueramt Kontakt auf, sobald Sie die definitive Steuerveranlagung bekommen haben. Grundsätzlich gibt es dann drei Möglichkeiten, um finanziell ein bisschen Luft zu bekommen: Steuererlass, Ratenzahlung oder Stundung.

Der Steuer­erlass ist dann eine Möglichkeit, wenn Sie dauerhaft über zu wenig Einkommen und kein Vermögen verfügen. Die Steuerbehörde prüft in diesem Fall unter anderem, wie hoch Ihr betreibungsrechtliches Existenzminimum ist. Dieses wird errechnet aus einem Grundbetrag (Ausgaben für Nahrung, Kleidung, Körperpflege, Strom usw.) und weiteren Ausgaben wie Miete, Prämie der Krankenkassengrundversicherung, Schulkosten, Unterhaltsbeiträgen oder Medikamenten. Alle Auslagen müssen belegt werden. Liegt Ihr Einkommen unter dem errechneten Existenzminimum, kommt der Steuererlass in Betracht.

Für einen kompletten Steuererlass sind die Anforderungen hoch.

Wichtig ist, das Erlassgesuch möglichst bald zu stellen, nachdem Sie die definitive Veranlagung bekommen haben. Verpassen Sie die Zahlungsfristen oder werden Sie gar betrieben, hat ein Gesuch bei der Steuerbehörde meistens kaum Chancen. Ein Gesuch um Steuererlass können Sie in der Regel persönlich am Schalter oder schriftlich beim Steueramt Ihrer Gemeinde einreichen. Sie brauchen dafür unter anderem Ihre Lohn- und Rentenabrechnungen, Belege für die Krankenkasse, Miete und Nebenkosten sowie eine allfällige Scheidungsvereinbarung.

Ist Ihr Einkommen zu hoch für einen Steuererlass, haben Sie die Möglichkeit, die Steuern in Raten abzubezahlen oder eine Stundung zu beantragen, also die Zahlungsfrist zu verschieben. Auch hier sollten Sie reagieren, bevor Sie gemahnt werden. Stimmt das Steueramt einer Ratenzahlung zu – einen rechtlichen Anspruch dar­auf gibt es nicht –, beginnt die Zahlungsfrist sofort. Bei einer Stundung lässt sich die Zahlungspflicht bis zu einem Jahr aufschieben. Am besten gehen Sie mit einem konkreten Vorschlag auf die Steuerbehörde zu. Sie können sich beim Formulieren des Vorschlags von der Schuldenberatung unterstützen lassen. Aber Achtung: Können Sie die neue Zahlungsvereinbarung nicht einhalten und lassen die Zahlungsfristen verstreichen, verlangt das Steueramt in den meisten Fällen per sofort den gesamten geforderten Betrag.

KRANKENKASSE: PRÄMIENVERBILLIGUNG

Sie haben ein Anrecht auf Prämienverbilligung bei Ihrer Krankenkasse, wenn Ihr Einkommen tief ist. So sieht es das Krankenversicherungsgesetz KVG vor. Wie hoch das Haushaltseinkommen sein darf, damit Ihnen die Prämienverbilligung zusteht, ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Auch die Höhe der Prämienverbilligung ist kantonal geregelt. Entscheidend ist neben dem Haushaltseinkommen die Anzahl der Kinder und ihr Alter. In den meisten Kantonen sollten Sie automatisch informiert werden, falls Ihnen eine Verbilligung der Prämie zusteht. Aber verlassen Sie sich nicht darauf! Melden Sie sich beim kantonalen Amt oder bei einer Beratungsstelle, um abzuklären, ob Sie ein Anrecht auf Prämien­verbilligung haben. Wird Ihnen das Antragsformular automatisch ­zugeschickt, müssen Sie es innerhalb einer bestimmten Frist ausgefüllt zurücksenden. Bei unteren und mittleren Einkommen sind die Kantone per Gesetz verpflichtet, die Prämien von Kindern um mindestens 80 Prozent zu verbilligen, die Prämien von jungen Erwachsenen in Ausbildung um mindestens 50 Prozent. Eine Prämienverbilligung ist allerdings immer nur für die Grundversicherung möglich.

work-Tipp: Vergünstigt einkaufen

Lebensmittel sind teuer, besonders für Familien. Es gibt aber Möglichkeiten, vergünstigt einzukaufen. Abends bieten zum Beispiel viele Grossverteiler Ware, deren Haltbarkeitsdatum demnächst abläuft, zu einem vergünstigten Preis an. Über die App Too good to go erfahren Sie, welche Restaurants und Läden Lebensmittel vergünstigt abgeben. Sie können sie reservieren und zu einer bestimmten Zeit abholen. In den Shops der Caritas erhalten Menschen mit kleinem Budget Lebensmittel und Produkte des täglichen Bedarfs.

Die Prämienverbilligung wird vom Kanton direkt an Ihre Krankenkasse überwiesen. Diese zieht den Betrag von der Rechnung ab. Wechseln Sie die Krankenkasse, bleibt Ihr Anspruch bestehen, und Sie müssen sich nicht selbst bei der zuständigen kantonalen Stelle melden. Die alte Krankenkasse informiert den Kanton über den Wechsel und teilt ihm den neuen Versicherer mit.

RENTE ODER IV: ERGÄNZUNGSLEISTUNGEN

Reicht die Rente oder die IV nicht zum Leben und ist Ihr Vermögen nicht grösser als 100 000 Franken bei Alleinstehenden oder 200 000 bei Ehepaaren, haben Sie das Recht auf Ergänzungsleistungen. Diese müssen Sie aber selbst beantragen. Die Ergänzungsleistungen werden von den Kantonen bezahlt und in zwei Kategorien unterteilt: in jährliche Beträge, die monatlich ausbezahlt werden, und in die Übernahme von Krankheits- und Behinderungskosten. Letztere werden dann übernommen, wenn sie nicht bereits durch eine Versicherung (Krankenkasse, Unfallversicherung, Haftpflicht oder IV) gedeckt sind.

Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie Anrecht auf Ergänzungsleistungen haben, können Sie es online und anonym prüfen lassen.

ALIMENTE: ALIMENTENBEVORSCHUSSUNG

Wenn ein Elternteil die Alimente nicht bezahlt, können Sie sich an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) Ihres Kantons wenden. Diese hilft, beim Partner die Alimente durchzusetzen, oder überbrückt die Notlage allenfalls mit einer Alimentenbevorschussung.


Vergünstigte Freizeit Kennen Sie die KulturLegi?

Die Kulturlegi ist ein Angebot der Caritas und ermöglicht Menschen mit wenig Geld den Zugang zu vergünstigten Freizeitange­boten. Sie ist schweizweit gültig und ermöglicht Ihnen zum Beispiel einen vergünstigten Eintritt in Museen, in den Zoo oder ins Schwimmbad. Auch das Zeitungsabo, den Sportverein und den Deutschkurs gibt’s für einen günstigeren Preis. Insgesamt erhalten Sie Rabatte von bis zu 70 Prozent auf über 3800 Angeboten in der Schweiz.

Um eine Kulturlegi zu beantragen, wenden Sie sich an die zuständige Regional­stelle Ihres Kantons. Der Ausweis wird für ein Jahr ausgestellt und kann jeweils verlängert werden. Berechtigt sind Sie dann, wenn Sie nachweislich am oder unter dem Existenzminimum leben. Die genauen Kriterien sind von Kanton zu Kanton ­unterschiedlich. Sie haben aber in der Regel eine Kulturlegi zugute wenn Sie von der Sozialhilfe unterstützt werden, Stipendien oder Ergänzungsleistungen zu AHV und IV erhalten, Ihr Lohn gepfändet ist oder wenn Sie keine öffentlichen Unterstützungsgelder beziehen, Ihr Einkommen aber nachweislich am Existenzminimum liegt.

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.