Logistik-Konzern Ceva zahlt nicht einmal 3500 Franken

Mini-Löhne für Zalando-Auspackerinnen

Christian Egg

Corona machte den Reederei-Milliardär Rodolphe Saadé noch reicher. Die Frauen, die in seiner Firma Ceva Zalando-Retouren auspacken und sortieren, haben nichts davon

Der Familie Saadé geht es gut. Ihre Firma, vor 45 Jah­ren von Vater Jacques in Marseille gegründet, ist über die Jahre zur drittgrössten Containerschiff-Reederei der Welt aufgestiegen. Das Unternehmen mit dem sperrigen Namen CMA CGM ist heute Hauptsponsor des Fussballklubs Olympique Marseille. Das Logo der Tochterfirma Ceva prangt auf den Formel-1-Rennautos von Ferrari.

Firmenboss ist Rodolphe Saadé (53), Sohn des Gründers. Zusammen mit seinen zwei Geschwistern besitzt er gut 70 Prozent der Aktien. 2021 betrug ihr geschätztes Vermögen 6 Milliarden Euro. Dann kam Corona und jagte die Frachtpreise in die Höhe. Und damit den Gewinn der Reedereien. Das Ver­mögen der Saadés explodierte: von 6 Milliarden auf 36 Milliarden Euro. 2023 kamen noch einmal 3 Milliarden dazu.

Anderthalb Minuten Zeit pro Zalando-Paket.

ZALANDO. Zu diesem Reichtum beigetragen hat Semra Morina*. Sie arbeitet im solothurnischen Neuendorf für die Firma Ceva, Teil des Saadé-Imperiums. Sie öffnet Zalando-Pakete, die von der Kundschaft zu­rück­geschickt wurden. «Dann kontrolliere ich, ob die Kleider im Original­zustand sind oder ob sie ­anprobiert wurden.» Anderthalb Minuten hat sie dafür Zeit. Über ein ähnliches Zalando-Retourenzentrum in der Ostschweiz berichtete work schon 2017. In Neuendorf ­beschäftigt die Ceva bis zu 450 Mitarbeitende, die Mehrheit ist nur tem­porär angestellt. 96 Prozent davon sind Frauen.

UNTERIRDISCH. Von den Milliardengewinnen der Familie Saadé merken sie nichts: Ihr Monatslohn beträgt nicht einmal 3500 Franken brutto. Das zeigen Lohnabrechnungen, die work vorliegen. Und einen 13. Monatslohn gibt’s auch nicht. Roman Künzler, Unia-Branchenleiter Logistik, rechnet vor: «Das ergibt einen Stundenlohn von nur gerade 21 Franken. Das ist weit unterhalb des branchenüblichen Lohnes!» Er kennt die Zahlen: Die Grossverteiler und die meisten Online-Händler zahlen auch Ungelernten über 4000 Franken brutto – und den Dreizehnten. Das ergibt Stundenlöhne zwischen 27 und 32 Franken.

Jetzt wollen sich die Ceva-Leute ihren miesen Lohn nicht mehr gefallen lassen: 166 von ihnen unterzeichneten einen Brief, der die Firma auffordert, über bessere Löhne zu verhandeln. Doch die Chefs lehnten ab. Denn für dieses Jahr hätten alle Mitarbeitenden 2 Prozent Lohnerhöhung plus eine einmalige Zahlung wegen der Teuerung erhalten.

Langsam wächst in Neuendorf der Frust. Dazu Unia-Mann Künzler: «Bisher haben die Ceva-Mit­arbeitenden anständig gefragt. Aber wenn das nichts bringt …»

*Name geändert

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