1x1 der Wirtschaft

Krankenkasse: Kantone geizen bei Prämienverbilligungen

Daniel Lampart

Der Bundesrat hat bei der Einführung der obligatorischen Krankenkasse versprochen, dass niemand mehr als 8 Prozent seines steuer­baren Einkommens für die Prämien ausgeben müsse. Doch die Realität ist eine ganz andere: Viele Haushalte zahlen heute doppelt so viel, als der Bundesrat versprach. Für ein Paar mit Kindern kostet die Krankenkasse heute rund 1000 Franken pro Monat – selbst beim günstigeren HMO-Modell. Auf 2024 droht ein erneuter Prämienschock, der die Situation weiter verschlimmert. Die Krankenkasse wird für immer mehr ­Menschen quasi unbezahlbar.

KANTONE KASSIEREN. Um die Prä­mienlast für die Bevölkerung erträg­licher zu machen, gewähren die Kantone Prämienverbilligungen. Dafür ­erhalten sie vom Bund viel Geld, nämlich rund 300 Franken pro Einwohnerin und Einwohner. Doch die Kantone stehen auf der Bremse – und noch schlimmer: sie geben das Geld vom Bund nicht einmal mehr vollständig an die Bevölkerung weiter. Ausserdem setzen sie einen gros­sen Teil davon zur Prämien­deckung von Menschen ein, die auf Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe angewiesen sind. Dass der Kanton diese Kosten zahlt, ist zwar richtig und wichtig. Doch das Geld dafür müsste aus ­einem anderen, zusätz­lichen Topf kommen. Kein Wunder, steigen die Prämien viel stärker als die Prämienverbilligungen.

Statt Normalverdienende zu entlasten, senken die Kantone lieber die Steuern für Gutsituierte und Firmen. Das ist inakzeptabel. Und unnötig: So haben im letzten Jahr viele Kantonsregierungen nicht einmal das Budget ausgeschöpft, das ihnen ihre Parlamente für Prämienverbilligungen zur Verfügung gestellt haben. In 21 Kantonen hätte die Bevölkerung stärker entlastet werden können. Die Karte rechts zeigt diese Politik im Detail auf: Im Kanton Zürich wurde der Bevölkerung rund ein Fünftel des Budgets vorenthalten. Im Kanton Graubünden sogar mehr als ein Drittel.

PRÄMIEN VORS VOLK. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund unterstützt die Volksinitiative, die verlangt, dass niemand mehr als 10 Prozent seines Einkommens für Krankenkassenprämien ausgeben muss. Die Initiative kommt nächstes Jahr vors Volk. Bei einem Ja gäbe es endlich eine Entlastung der Bevölkerung. Und klar ist: Es braucht jetzt eine schweizweit verbindliche Regel. Denn die Kantone haben bei den Prämienverbilligungen sozialpolitisch versagt.

Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).

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