Rassismus im Job

Strafnorm mit Lücken

Iwan Schauwecker

Für das Jahr 2022 wurden bei den Rassismus-Beratungs­stellen 708 Fälle gemeldet. Das sind 78 mehr als im Vorjahr. Besonders oft erfahren Menschen Diskriminierung im Job. Deshalb fordert die Unia eine Aus­weitung der Rassismus-Strafnorm auf den Arbeitsplatz.

NULLTOLERANZ NÖTIG: Gegen Herabsetzung wegen Hautfarbe und Herkunft. (Foto: iStock)

Auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt werden Menschen in der Schweiz häufig aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Hautfarbe diskriminiert. Bei gleicher Qualifikation ist es vor allem für Personen aus Südosteuropa und Menschen mit dunkler Hautfarbe schwieriger, eine Stelle oder eine Wohnung zu finden, das zeigt eine neue Studie der Universität Neuenburg. Und weiter: Reaktionen von Personal­ver­antwortlichen auf fiktive Bewerbungen zeigen, dass Personen mit Namen aus Bal­kanländern bei gleichwertiger Kandidatur deutlich seltener an ein Bewerbungsgespräch eingeladen werden.

MEHR RASSISMUSFÄLLE

Für das Jahr 2022 wurden 708 Fälle bei Rassismus-Beratungsstellen gemeldet. Das sind 78 Fälle mehr als im Vorjahr. Die meisten Vorfälle ereigneten sich am Arbeitsplatz und an Schulen. Doch diese dokumentierten Fälle sind nur ein Bruchteil der tatsächlichen rassistischen Vorfälle in der Schweiz, insbesondere auch in der Pflege. Dunkelhäutige Pflegerinnen und Pfleger und Kopftuchträgerinnen berichten vermehrt über abwertende Bemerkungen von Pa­tientinnen und Patienten.

Arbeitgeber stehen in der Pflicht.

STOP RASSISMUS AM ARBEITSPLATZ

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz haben nur beschränkte Möglichkeiten, rechtlich gegen Diskriminierung vorzugehen. Die Antirassismus-Strafnorm ist kein umfassendes Antidiskriminierungsgesetz, wie es etwa in Deutschland und Österreich existiert.

Das Problem: Rein rechtlich gehört der Arbeitsplatz zum privaten Raum und ist deshalb von der Antirassismus-Strafnorm ausgenommen. Auch Alma Wiecken, Sekretariatsleiterin der Eidgenös­sischen Kommission gegen Rassismus (EKR), weist auf diese Schwachstelle hin: «Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben mit dem heutigen Gesetz nur sehr wenig Chancen mit einer zivilrechtlichen Klage.» Trotz dieser rechtlichen Lücke gebe es von der Seite des Arbeitgebers aber eine Fürsorgepflicht. Die Arbeitgeber müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eigentlich vor jeglicher Form von Diskriminierung schützen.

Hilmi Gashi, Migrationsbeauftragter der Unia, sagt: «Es ist höchste Zeit, dass die Schweiz einen effektiven Schutz gegen die verschiedenen Formen der rassistischen Diskriminierung am Arbeitsplatz einführt.» Die Migrationskonferenz der Gewerkschaft Unia hat kürzlich eine entsprechende Resolution mit dem Titel «Stop Rassismus am Arbeitsplatz!» ver­abschiedet. Und verlangt eine Aktua­li­sierung des Strafgesetzes und eine landesweite Informationskampagne zur ­Bekämpfung von Rassismus und Dis­­­­kriminierung von Migrantinnen und ­Mi­gran­ten und ihren Nachfahren.

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