Rechte lancieren den nächsten Angriff auf die Renten – mit einer wahltaktischen Pause

Chrampfen bis 70? Chaos-Tage im Nationalrat

Clemens Studer

SVP, FDP und GLP wollen Rentenalter 67 und noch höher für alle. Doch kurz vor den Wahlen krebsten SVP und GLP im letzten Moment zurück. Vorläufig.

BESSERE ALTERNATIVE: Die AHVx13-Initiative der Gewerkschaften. (Foto: Keystone)

«Die Gewerkschaften lügen», logen die rechten Männer, es gehe bei der AHV 21 nur um das höhere Rentenalter für Frauen, nicht für alle. Die rechten Frauen von FDP und GLP spielten das Spiel mit und sagten, es gehe um «Gleichberechtigung». Nach dem Mini-Ja vom letzten September ­fielen die Masken schnell. Unterdessen hat die bürgerliche Parlamentsmehrheit aus einer BVG-Revision eine milliardenschwere Abbauvorlage gezimmert. Und in diesen ­Tagen hat die rechte Mehrheit im Nationalrat beschlossen, zur AHV-Schwächungsinitiative der FDP-Juniorenabteilung ­einen Gegenvorschlag ausarbeiten zu lassen. Ziel der In­itiative wie der Parlamentsmehrheit: das Rentenalter für alle massiv erhöhen.

HAURUCK. Ein paar Tage später verliess SVP und GLP der Mut, so kurz vor den Wahlen zu «Chrampfen bis 70 für alle Nicht-Reichen» zu stehen. In einer Hauruckübung sorgten sie dafür, dass die Renten­abbau-Initiative doch ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung kommt. So wie es die fortschrittlichen Parteien schon immer verlangten.

Schon heute finden Menschen ab 55 bei Jobverlust nur schwer eine neue Stelle. Und schon heute gehen die Bestverdienenden am frühesten in den Ruhestand. Was den rechten Parteien und der Finanzindustrie vorschwebt: In Rente gehen sollen nur noch jene, die es sich leisten können. Alle anderen sollen arbeiten, bis es nicht mehr geht. Am liebsten bis ins Grab. Denn die Heraufsetzung des Rentenalters ist umso ungerechter, als die durchschnittliche Lebenserwartung statistisch mit der sozialen Stellung sinkt. Das heisst: Wer weniger verdient, bezieht auch weniger lang Rente. Im Gegensatz zur privaten Vorsorge ist die AHV solide, solidarisch und verlässlich. Die AHV schloss letztes Jahr mit einem Umlageergebnis von plus rund 1,6 Milliarden Franken ab. Sie hat heute ein Vermögen von fast 50 Milliarden Franken. Und dieses wird in den nächsten fünf Jahren weiter wachsen.

Die Rechnung ist einfach: Für 92 Prozent der Arbeitnehmenden lohnt sich die AHV, nur die 8 Prozent der Topverdienenden bezahlen mehr, als sie erhalten. Darum haben die Gewerkschaften das Referendum gegen die BVG-Abbauvorlage eingereicht. Darum haben die Gewerkschaften die Initiative für eine 13. AHV-Rente eingereicht. Und darum werden die Gewerkschaften auch die Rentenalter-Erhöhung für alle bekämpfen.

ACHTUNG, WAHLEN! Niemand soll sich also vom wahltaktisch begründeten SVP-GLP-Affentanz täuschen lassen: Wer im Oktober SVP, FDP und GLP wählt, wählt auch «Chrampfen bis 70»! Denn nach den Wahlen machen dann auch SVP und GLP wieder mit.

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