Witz-Erfinderinnen und Serien-Autoren machen ernst:

Streik statt Pointen in Hollywood

Iwan Schauwecker

Seit Anfang Mai streiken in den USA Tausende von Drehbuchautorinnen und ‑autoren. Late-Night-Shows können nicht mehr gesendet werden, Erfolgsserien liegen auf Eis. Doch Studios und Streamingdienste machen weiterhin auf stur.

MAFIÖS WIE BEI DEN SOPRANOS? Die Drehbuchautorinnen und -autoren sind mächtig Sauer auf die Filmindustrie, die mit der Arbeit der Schreibenden Millionen scheffelt. (Foto: Picture Alliance)

Diesmal sind es nicht streikende Amazon-Arbeitende, die in den USA für Lieferengpässe sorgen: Es sind die kreativen Köpfe hinter den Geschichten von Hollywood! Sie sorgen mit einem Streik für Wirbel und legen die Filmindustrie lahm. Lautstark tragen sie ihren Protest in die Strassen von New York City und Los Angeles. Ohne den Witz der Autorinnen und Autoren fallen die berühmtesten Late-Night-Shows aus. Und auch die Produktion des neuen «Games of Thrones»-Ablegers und Serien wie «Stranger Things» musste wegen des Streiks gestoppt werden. Nach einem erfolgreichen Streik im Jahr 2007 wehren sich die Autorinnen und Autoren erneut gegen eine Verschlechterung ihrer Arbeitsverhältnisse und für verbindliche Regeln zur fairen Bezahlung ihrer Arbeit.

PROMI-LIEFERDIENST: Moderator Jay Leno versorgt die Streikenden mit Donuts. (Quelle: Twitter)

«Dieser Streik gibt auch uns Hoffnung im Kampf gegen die Uberisierung!»

GEWINNBETEILIGUNG GEFORDERT

Die Gewerkschaft Writers Guild of America (WGA) fordert für ihre Mitglieder eine Gewinnbeteiligung in Abhängigkeit der Streaming-Anzahl und ein Verbot von künstlicher Intelligenz bei der Erstellung von Drehbüchern. Die Autorinnen und Autoren sind in vielerlei Hinsicht Pioniere der Gig-Economy, also der Arbeit auf Abruf. Selbst für die bessergestellten, gewerkschaftlich organisierten Drehbuchautorinnen und -autoren dauern Arbeitsverträge oft nur ein paar Wochen. Ähnlich wie bei anderen Gig-Workern, wie zum Beispiel Uber-Fahrerinnen, werden technologische Entwicklungen auch in der Filmbranche genutzt, um die Arbeitenden gegeneinander auszuspielen und ihre Dienstleistungen auf ein Dumpingpreis-Niveau zu drücken.

DRUCK AUF NETFLIX & CO.

Während die Taxifahrenden in den USA ihre Aufträge zunehmend über Apps wie Uber beschaffen müssen, bekommen die Serien-Schreibenden ihre Aufträge heute kaum noch von TV-Sendern, sondern direkt von den Streamingdiensten. Doch anders als früher die Sender, zahlen Netflix & Co. nichts für Wiederholungen und andere künftige Einnahmen aus der Schreibarbeit. Deshalb der Streik! Und wenn dieser erfolgreich ist, könnte die WGA zum Vorbild werden.

Etwa für andere Gig-Worker im Dienstleistungssektor, die es schon lange mit den Tech-Firmen aus dem Silicon Valley aufnehmen wollen. Bhairavi Desai, Präsidentin der New York Taxi Workers Alliance, erklärt: «Wir stehen in voller Solidarität mit den Schriftstellern. Die mächtige Writers Guild gibt uns Hoffnung, gegen die Uberisierung zu kämpfen und zu gewinnen.» Dabei wehrt sich Desai vehement gegen den Vorwurf der Technologiefeindlichkeit: «Bei den Writern geht es nicht um Streaming, so wie es für uns auch nie um eine App ging!» Der Kampf richte sich gegen die Tech-Finanzfirmen, die «im Namen der Technologie alle Arbeitsschutzbestimmungen aushebeln wollen».

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